Es ist warm

Ich sitze im Schatten am Rand des Spielplatzes, die Kinder spielen in der Sandkiste weiter hinten mit einem Wasserschlauch und kühlen sich kreischend gegenseitig ab. Neben mir sitzen andere Eltern, nicht wenige sehen ein wenig fertig aus, es ist wirklich heiß. Derangierte Frisuren, durchgeschwitzte Hemden. Die Luft steht und glüht, der Sauerstoff in Hamburg scheint nach ein paar Tagen Sonne allmählich knapp zu werden.

Manche Eltern lesen, manche dösen. Wer nach seinem Kind sehen muss, hat verloren, der muss nämlich durch die Sonne gehen. Einige Mütter und Väter unterhalten sich über Einschulungen, welches Kind wann auf welche Schule kommt und warum. Darüber kann man endlos reden, immer wieder von vorne. Jeder hat irgendwas gehört, weiß irgendwas, was die anderen nicht wissen oder ganz anders gehört haben. Eine Mutter erzählt ihrem Banknachbarn, was sie allgemein von Lehrern hält, nämlich allgemein nichts, gar nichts, also wirklich. Sie erläutert an Beispielen, wie schlimm sich Lehrer gegenüber Eltern benehmen, im Allgemeinen, sie redet überhaupt dauernd von der Allgemeinheit. Allgemein, denke ich, alle gemein. Lehrer im Allgemeinen, die Lehrer im All sind gemein, so gemein, es ist wirklich heiß heute, was? Worum ging es gerade? Die Mutter erzählt immer noch von den allgemeinen Lehrern, während ich langsam wegdöse und wieder aufwache, ich schlängele mich zwischen Nickerchen und Wachzustand durch und bemühe mich, dabei nicht von der Bank zu fallen. Wie arrogant sie doch seien, die Lehrer, höre ich nebenbei. Wie rechthaberisch, die Mutter kriegt sich gar nicht  mehr ein. Hören nicht auf zu reden, die Lehrer, haben die Weisheit gepachtet und lassen nie jemanden ausreden, es ist wirklich ein Kreuz mit dem Berufsstand. Diese Haltung! Diese Überheblichkeit! Und immer dieses Gegenanreden! Zum Kotzen. Ob er das nicht auch kennen würde? Hm?

Ja, sagt der angesprochene Vater freundlich nickend, das kenne er auch, sehr gut sogar. Er sei nämlich selber Lehrer. Und nur weil er heute so müde sei, wirklich ganz ungewöhnlich müde, durch die Hitze vielleicht, nicht wahr, habe sie heute einmal ausreden dürfen. Das sei doch schön. Dann schließt er die Augen und lehnt sich zurück, die Hände auf dem Bauch verschränkt.

Es ist wirklich verdammt warm da draußen.

 

7 Kommentare

  1. nach sechs jahren grundschule (mit zwei kindern) und jetzt mittlerweile vier jahren gymnasium kann ich nur sagen, ich habe jede menge unerträglicher, arroganter und egomaner eltern erlebt und kaum solche lehrer.

  2. Als ich am Sonntag hier ankam, war ich auch ziemlich überascht, wie sommerlich es gerade in Hamburg ist. In meiner Vorstellung hat die Sonne immer einen großen Bogen um die Stadt gemacht.

    Ich möcht mich übrigens dafür entschuldigen, als in St. Georg residierender Tourist zur dortigen Gentrifizierung beizutragen. Diverse Graffitis haben mich schon auf meinen Faux-Pas aufmerksam gemacht.

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Time limit exceeded. Please complete the captcha once again.