Die Herzdame treibt Nebendinge

Seit mehreren Monaten stellt die Herzdame die Swingjugend dieser Familie dar, sie hat den Swing-Tanz für sich als Freizeitsport entdeckt. Etwas zögernd zunächst, dann schnell sehr interessiert, jetzt bereits geradezu leidenschaftlich, man muss sich Nordostwestfalen auch immer als potentielle Vulkane vorstellen können.

Sie geht da allerdings ohne mich hin. Der eine geht zum Wandern, der andere aufs Parkett, man muss ja nicht immer alles gemeinsam machen, nein. Zumal die Herzdame und ich, die älteren Leser erinnern sich, eine nicht immer glorreiche Tanzsportvergangenheit haben, ich bloggte damals reichlich darüber. Ich fand den Gedanken, wieder zum Tanzen zu gehen, wirklich nicht sehr attraktiv.

Es wäre aber auch tatsächlich gar nicht so einfach, gemeinsam dem Tanzpsort nachzugehen, es gibt da ein kleines Kinderbetreuungsproblem, das schwer dauerhaft zu lösen wäre. Ich habe den Swing daher zunächst nur am Rande mitbekommen. Ein paar Erzählungen der Herzdame, die gewohnten Klagen über unfähige Männer, die nicht führen können, ich hörte es mit wohligem Schauern.

Dann hörte ich aber auch immer öfter die Musik aus dem Wohnzimmer. Teils, weil die Herzdame das natürlich fortwährend hört, teils aber auch, weil die Söhne das hören wollen, die finden das nämlich großartig. Egal, ob es die alten Aufnahmen sind oder die neuen des Electro-Swings, hier groovt es quasi unentwegt. Das gefiel mir auch, denn endlich werde ich hier nicht mehr als musikalischer Frührentner verspottet. Es ist eine späte, sehr späte Genugtuung, aber ich genieße sie.

Dann fing die Herzdame an, sich dem Thema auch modisch zu nähern. Sie trug immer öfter Kleider in einem alten Stil, machte die Haare anders als sonst, kaufte andere Schuhe, eine Kleinigkeit kam zur anderen.

Gefällt mir das? Ach. Sagen wir so: Mein Jahreseinkommen reicht nicht aus, um ihr all die Kleider zu kaufen, die sie meiner Meinung nach gerade dringend haben sollte.

Vielleicht sollte ich am 26. Mai des nächsten Jahres auch ein Glas auf Frankie Manning trinken, wie alle Anhänger des Swings. Verdient ist verdient. Zu seinen Ehren tanzen werde ich wohl nicht, aber das machen ja auch genug andere. Auf der ganzen Welt, wenn man auf Youtube mal nach “99 Frankie Manning” sucht, kommen die ganzen Beiträge zu seinem 99. Geburtstag. Faszinierend.

Wobei Frankie Manning mit 95 noch getanzt hat, wovor drücke ich mich eigentlich?

Ein wenig entspannt herumzappeln? Hm.

Man kann auf Youtube nach “I love Charleston” suchen, da kommen auch Beiträge aus der ganzen Welt. Wie wäre es mit München? Ach ja. Doch, es hat was.

8 Kommentare

  1. ja! ja! wobei der swing natürlich für euch leader eine größere herausforderung ist als für uns follower, das muss ehrlicherweise angefügt werden. (die neo-swing-bewegung unterscheidet nämlich nicht mehr in „damen“ und „herren“ sondern „leader“ und „follower“, da jedem freisteht, sich führen zu lassen oder selbst zu führen – aber die meisten entscheiden sich immer noch traditionell).
    und: ja! sagte ich das? auch in wien. im grunde braucht es nur ein bisschen gespür, und ungefähr zwei monate training, und dann lust am improvisieren.

  2. wunderbar! Mir gefällt natürlich die Verbindung aus Musik, Menschen und Städten. Vor allem die i charleston Serien auf youtube – toll, toll, toll.

    Und wer wissen will, wies geht:
    Tanzen mit dem Ehepaar Fern – Charleston 1965 auf Youtube. Ganz einfach. und so zeitlos…

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