Muss ich was tun?

Ich habe keine Ahnung, woran es liegen mag, aber in diesem Jahr machen mehr Menschen als sonst in meinem Freundeskreis bei diesem Frühjahrs-Fitness-Fimmel mit. Vielleicht liegt es am Alter? Knackig von Natur aus sind wir nun nicht mehr. Sie laufen also alle nach Feierabend in Sporthosen durch die Gegend, trinken sieben Wochen lang keinen Alkohol, essen keinen Zucker, kein Fleisch, kein Fett, was weiß ich. Das wirkt alles eher anstrengend als lustvoll. Ich habe erhebliche Zweifel, dass diese Strafmaßnahmen wirklich Sinn haben. Wer straft sich schon gerne? Ich selbst z.B. finde Laufen ganz furchtbar, was für eine Zumutung, das macht man doch nicht freiwillig.

Aber ich ziehe natürlich dennoch in Erwägung, dass ich so etwas auch nötig haben könnte. So viel Ehrlichkeit muss sein! Wiege ich womöglich tatsächlich zu viel? Und woran bemisst sich das eigentlich? Das mit dem Body-Mass-Index soll Blödsinn sein, sagt man. Meine Hosen passen noch, mein Bett ist noch breit genug, die Herzdame liebt mich noch. Sagt sie jedenfalls. Ist also alles gut?

Ich hatte die Spitzenidee, Sohn I danach zu fragen, denn Kinder sind bekanntlich gnadenlos ehrlich: „Bin ich eigentlich dick?“Und das Kind sah auf meinen Bauch, dachte ernsthaft nach und sagte dann nach einer Weile aufmunternd: „Papa, du bist mitteldünn.“ Das klang ganz gut, fand ich. Mitteldünn, damit kann man gut leben, das klingt normal und lebenstauglich.

Allerdings fügte er noch hinzu: „Und weil dick das Gegenteil von dünn ist, ist die Mitte so dazwischen, und dann kann man das also auch mitteldick nennen, das ist ja logisch. Also das bist du dann auch.“ Und da habe ich das Gespräch doch lieber wieder beendet.

Wenn Ihnen demnächst abends auf der Joggingstrecke ein mitteldicker Mann entgegenkommt: das bin vielleicht ich.

(Dieser Text erschien als Sonntagskolumne in den Lübecker Nachrichten und in der Ostsee-Zeitung)

3 Kommentare

  1. »Wie alt bist du?«, fragte Karlsson.
    »Sieben«, sagte Lillebror.
    »Gut. Mach so weiter«, sagte Karlsson.
    Er stellte schnell eins seiner kurzen dicken Beine auf Lillebrors Fenstersims und kletterte ins Zimmer hinein.
    »Wie alt bist du denn?«, fragte Lillebror, denn er fand, Karlsson sei eigentlich zu klein, um ein Mann zu sein.
    »Wie alt ich bin?«, sagte Karlsson. »Ich bin ein Mann in meinen besten Jahren. Das ist das Einzige, was ich sagen kann.«
    Lillebror wusste nicht so recht, was das heißen sollte: ein Mann in seinen besten Jahren zu sein. Er überlegte, ob er nicht am Ende selbst auch ein Mann in seinen besten Jahren war, ohne dass er es wusste, und fragte vo­sichtig:
    »Welche Jahre sind denn die besten?«
    »Alle«, sagte Karlsson vergnügt. »Jedenfalls was mich betrifft. Ich bin ein schöner und grundgescheiter und gerade richtig dicker Mann in meinen besten Jahren.«

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