Der tiefere Sinn des Februars

Ein allgemeines Formtief ergreift mein Umfeld. Alles kränkelt, schwächelt, dümpelt lustlos durch die grauen Tage. Man wartet auf den Frühling, auf bessere Zeiten, auf was weiß ich. Es gibt aber jedes Jahr einen dunklen Januar, es gibt jedes Jahr einen sinnlosen Februar, da muss man eben durch. Kein Grund, sich hängen zu lassen! Niemand sagt, dass man nicht auch die trüben Wochen mit etwas Phantasie für sinnvolle Projekte nutzen kann. Ich mache das jedenfalls.

Ich beobachte das Wetter, ich beobachte die Söhne. Ich warte ab, nein, ich lauere, denn ich muss für meinen Plan den perfekten Moment erwischen. Ich warte auf die ideale Kombination aus all den unerfreulichen Zutaten dieser Jahreszeit. Es muss draußen stundenlang schneeregnen oder graupeln, die Straßen und Wege müssen unangenehm matschig sein. Alles muss nass sein. Richtig, richtig nass. Und windig darf es auch gerne sein, so windig, dass die gefühlte Temperatur weit in den Keller geht und der Regen überall hinkommt. Und am besten wäre es, wenn es drei Tage hintereinander oder noch länger so ein Wetter gäbe. Die Kinder müssen sich, damit mein Plan funktioniert, noch mit irgendeinem Virus anfreunden, das ist ja in diesen Wochen eh kaum zu vermeiden. Am besten genau dann, wenn das Wetter endgültig so wirkt, als würde es sich nie mehr ändern wollen. Dann wird alles perfekt, dann geht der Plan problemlos auf. Dann werde ich den geschwächten Kindern liebevoll die Betten aufschütteln, ich werde ihnen honigsüßen Tee machen und dicke Bücher zum Vorlesen bereit legen. Und ganz nebenbei, während ich ihnen über die heiße Stirn streichele, werde ich ihnen zuflüstern: “Wenn ihr einen Hund hättet – ihr müsstet jetzt mit ihm raus.”

Und dann werden sie das Thema monatelang nicht mehr erwähnen. Das wird schön.

(Dieser Text erschien als Sonntagskolumne in den Lübecker Nachrichten und in der Ostsee-Zeitung)

11 Kommentare

  1. Und weil ich arme Kreatur dem kindlichen Geschrei nach einem Hund zu schnell nachgegeben habe, muss ich bei oben beschriebenen Wetter mit dem Vierbeiner raus – ob ich will, oder nicht.
    Immerhin, die jahreszeittypischen Viren halten sich von mir fern – ich bin abgehärtet.

    Liebe Grüße,
    und immer schön stark bleiben im Nein-Sagen!
    Papagena

  2. Wunderbare Pointe, ich musste lachen :).

    Meine Kinder wollen zum Glück keinen Hund, 2 Katzen reichen ihnen. Und mit denen muss man gottlob nicht Gassi gehen, das machen sie allein ;).

  3. Tststs, ganz schön fies, aber da die Kinder ja so fit sind, kommt bestimmt bald: „Papa, dann darfst Du auch mal!“
    Oder sie machen es wie ich, einfach ein Hundchen anschleppen 😉

    Und überhaupt entgehen uns ja eine Unmenge an Buddenbohmschen Hundegeschichten. Das ist doch richtig traurig!

  4. Hunde und Kinder haben 1 gemeinsam: sie machen Arbeit, aber auch glücklich. Wenn es so anstrengend ist, weshalb haben Leute dann trotzdem welche? Aha! Und kommen Sie mir jetzt nicht mit Wellensittich und Meerschwein, das kann man ü-ber-haupt gar nicht vergleichen!

    Ich musste achtund*hust*zig Jahre warten, bis ich endlich einen Hund haben konnte – und das, obwohl meine Eltern beide mit Hunden aufgewachsen waren.

    (Ich bin nicht nachtragend, ich bin Fisch.)

  5. Bloß nicht kleinkriegen lassen und womöglich auf Katzen, Meerschweinchen, Mäuse, Vögel oder Fische ausweichen. Tiere gehören m.E. nicht in eine Etagenwohnung gesperrt. Da müsste man ja auf’s Land ziehen oder an den Stadtrand, und das wollen die Kinder wahrscheinlich auch nicht ernsthaft, oder?

  6. Lieber Herr Buddenbohm,

    Sie haben es geschafft!
    Trotz Februar, Düsternis, Steuererklärung und Migräne habe ich gelacht. Vielen lieben Dank!!

    LG aus dem ebenso grauen Düsseldorf von

    Pia aka Frau E.

    P.S. Zu diesem Thema hatte ich auch einmal einen netten Text geschrieben. Finde ihn aber leider gerade nicht. Ich befürchte, ich muß meinen Blog mal aufräumen. Und schon haben wir einen weiteren Sinn des Februar.. 😉

  7. Dank ausgeprägter Langschläfergene bei Mutter und Sohn beschränkte sich das Thema bei uns damals auf ein sehr kurzes Gespräch.
    Sohn: „Ein eigener Hund wäre toll.“
    Mutter: „Dann müsstest du morgens vor der Schule mit ihm raus.“
    Sohn: „Könntest du das nicht machen?“
    Mutter: „Nein!“
    Sohn: „Dann will ich doch keinen Hund.“

  8. Bah nää, wat biss du ne fiese Möpp!
    Großartige Strategie aber, genau das hält mich immer noch (ich bin jetzt 53) davon ab, einen Hund anzuschaffen (ok, ok – die beiden Katzen auch, ja doch. : – ))

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