Gelesen – Alex Capus: Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer

Da wird das, was ich beim letzten Capus schon geschriebe habe, noch einmal geradezu lehrbuchmäßig durchdekliniert, dieser fließende Übergang zwischen Geschichte im historischen Sinne und Geschichte im Sinne von Literatur. Es geht etwa um den Atomphysiker Felix Bloch, also um jemanden, der historisch sehr greifbar ist, es geht aber um auch um Stücke seines Lebensweges, die keineswegs für uns greifbar sind. Es geht um ein junges Mädchen (übrigens das Kopftuchmädchen auf dem Umschlag, man kann so etwas ja nicht oft genug betonen), das Sängerin werden möchte und Spionin gegen die faschistischen Mächte wird, es geht um einen Jungen mit Extrembegabung in der Kunst, der ein großer Fälscher wird, alle drei Personen sind historisch belegt. Sie leben zur selben Zeit, sie laufen sich nicht oder vermutlich nicht über den Weg, von einer winzigen Szene abgesehen, aber in der liegt es eben, dass es dieses Buch so geben kann. Capus hat einen Faible für Lebenswegschilderungen und er beschreibt sie so, dass man diese Leidenschaft am liebsten mit ihm teilen möchte, man bekommt direkt Lust, den Lebenswegen seiner Vorfahren oder anderer Figuren hinterherzudenken, das tut man vermutlich überhaupt viel zu selten. “Faktentreues Träumen” nennt das der Verlag, das ist eine ganz wunderbare Beschreibung von dem, was in den Büchern passiert.

Und die Lebenswege beschreibt Capus in einem Romandeutsch, das ich ganz wunderbar, ich möchte fast sagen vorbildhaft finde. Eine Erzählsprache, die ganz ohne Marotten auskommt, mit einem Maß an Deutlichkeit und Plastizität, das mir für solche historisch-erzählenden Zwecke ideal erscheint. Nie zu viele Details, nie zu wenig Information. Das muss man auch erst einmal können, ich bewundere das. Hier ein Video, in dem Alex Capus etwas über das Buch und seine Schreibweise erzählt.

Und der nächste Capus ist schon in Arbeit, es ist mir ein Fest. Da geht es dann um Herrn Stevenson, den mit der Schatzinsel.

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