Was schön war

Eine nur nebenbei beobachtete Szene. Da fuhr ein Mädchen, etwa neun oder zehn Jahre alt, in einem Elektrorollstuhl an mir vorbei, den sie einhändig mit einem Joystick steuerte. Das wäre noch nicht bemerkenswert gewesen, aber an ihrer Seite stand eine Freundin oder eine Schwester auf dem Rollstuhl, in ähnlichem Alter wie die Fahrerin jedenfalls. Hoch aufgerichtet stand sie da, sie hielt sich nur dezent an der Seite des Rollstuhls fest und ich weiß nicht, ob es überhaupt sein kann, aber so, wie ihre Füße da auf dem Wagen standen, sah es aus, als habe man direkt über den Rädern extra Platz für genau zwei Kinderfüße gelassen. Vielleicht war es aber auch bloßer Zufall, dass das Mädchen so perfekt an die Seite passte, sie sah da aus wie eine seltsam verquer angebrachte Galionsfigur. In Kürze wird das vermutlich auch nicht mehr gehen, sie wird bald zu groß für solche Fahrten sein. Die Fahrerin steuerte viele und enge Kurven und die Beifahrerin glich jede Bewegung des Rollstuhls bewundernswert souverän aus. Sie wird da schon oft mitgefahren sein, das sah routiniert aus. Mit einer Hand auf der Hüfte, einer Hand am Rollstuhl, mit hochgerecktem Kinn und äußerst lässigen, kaum sichtbaren Bewegungen, um das Gewicht auszugleichen, wenn es plötzlich wieder links- oder rechtsherum ging.

Die großen Jungs, die auf dem Hamburger Dom beim Autoscooter arbeiten und ab und zu in voller Fahrt hinten auf die Wagen aufspringen, um verwirrte Gäste durch zwei, drei schnelle Drehungen am Lenkrad wieder in die Spur zu bringen, die stehen manchmal genauso auf den kleinen Fahrzeugen. Hoch aufgerichtet, mit cowboybeinigem Stand, sich so festhaltend, dass man es kaum sieht, das war bei dem kleinen Mädchen genau die gleiche Körperhaltung. 

Aber es gab doch einen wichtigen und schönen Unterschied. Denn die Rollstuhlfahrerin und ihre Beifahrerin waren zwei vergnügte Kinder, das stehende Mädchen konnte immer nur zwischendurch mal kurz cool gucken, weil es doch dauernd kichern und mit der Fahrerin herumalbern musste. Die beiden hatten Spaß. Und Spaß kann man den großen Jungs, die auf dem Dom beim Autoscooter arbeiten, nun wirklich niemals ansehen.

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