Als ob!

Der Abriss der Laube verzögert sich etwas, der Neubau der Laube verzögert sich also auch, das ist ein klein wenig nervtötend. Und wenn ich bedenke, wie sehr der Herzdame und mir schon diese Umstände beim Ab- und Aufbau eines ziemlich kleinen Holzhäuschen auf den Geist gehen, dann bin ich noch im Nachhinein froh, dass wir niemals auf die Idee gekommen sind, ein richtiges Haus zu bauen, das hätte uns nicht gutgetan. Wobei der freundliche Abrissunternehmer in dieser Woche vielleicht bei der Arbeit gegrillt worden wäre, der Strom war nämlich wider Erwarten doch nicht von der Ruine abgeklemmt. Insofern ist immerhin alles richtig gelaufen.

Und die anderen Hagebutten-Nerds, wie Sohn I die Schrebergärtner gerade irritierenderweise zu nennen beliebte, sie können jetzt vermutlich für längere Zeit einen Bagger auf unserer Parzelle bewundern. Es hat nicht jeder einen Bagger auf seinem Rasen stehen!

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Währenddessen wurden ein paar Samen geliefert, ich werde die dann zur gegebenen Zeit spontan und eher wildwestmäßig dahin pflanzen, wo gerade kein Baufahrzeug steht und kein Baumaterial liegt. Gartenplanung leicht gemacht.

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Es gab unter meinem Text zur Kerbelrübe einen Kommentar mit einem Link, den ich noch einmal herausheben möchte, wirklich lesenswert, bitte hier entlang. Ich bin jetzt doch sehr neugierig auf das Zeug. Ein Tütchen Samen kostet etwa acht Euro plus Versand, ziemlich speziell. Nächstes Jahr, ist mir jetzt alles zu kompliziert.

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Beim extrateuren Edeka bitten mich vier Mädchen im Grundschulalter an der Kasse, sie doch bitte vorzulassen. Sie halten mir zur Erklärung ihre Kaugummipackung hin, die den ganzen Einkauf darstellt. Ich lasse sie vor, sehr freundliche Kinder sind das, das freut einen doch. Sie bezahlen und die eine sagt, als die Kassiererin ihr das Rückgeld geben will, mit einem Hauch, mit wirklich nur einem Hauch von gönnerhafter Herablassung in der Stimme, vermutlich bei den Eltern exakt abgehört: “Den Rest können sie behalten.”

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Nachdem das hier nun ein paar Tage als Vielschreiberblog läuft, wird es Zeit für ein erstes Update zum Trainingszweck der Übung, ich schrieb darüber. Es geht eigentlich darum, mir das Schreibvermögen in allen Lebenssituationen und ungeachtet jeder Stimmungsschwankung zurückzuerobern. Wie sieht es nun damit aus? Während ich hier sitze, eskalieren um ich herum drei Kinder, von denen eines bereits jede geistige Bodenhaftung verloren hat, zumindest den Geräuschen nach zu urteilen. Dummerweise gehört es zur Familie und ist nachher also irgendwann wieder einzufangen, aber nachher ist nachher, jetzt ist jetzt. Aus der Küche, die sie ausnahmsweise mit festen Kochabsichten betreten hat, das ist sonst ja kategorisch mein Revier, ruft die Herzdame mir alle paar Minuten irgendwas zu, von dem ich vorgebe, es nicht zu verstehen, ich habe Kopfhörer auf, also bitte. Aus den Kopfhörern singt ein alter Johnny Cash von den Härten des Lebens, ich bin nach einem bestenfalls mediokren Tag mit grauenvollem Wetter und nervtötender Terminhetze fortgeschritten schlecht gelaunt und breche außerdem gleich in der Mitte durch, weil ich auf so einem penetrant wackelnden Gesundmöbel ohne Lehne sitze, von dem die Herzdame findet, es würde mir und meiner Haltung garantiert guttun. Als ob! Wie die Söhne vermutlich sagen würden, die haben “Als ob!” nämlich gerade als Antwort auf alles entdeckt. Das könnten Sie auch mal probieren, das klappt tatsächlich super. “Guten Morgen, Kollege!” “Als ob!” “Schatz, kommst du auch ins Bett?” “Als ob!”

Aber ich halte trotz aller Unbill die Tastatur verbissen fest wie damals John Maynard das Steuerrad, das klappt nämlich, das mit dem Schreibmuskel, das klappt jeden Tag besser, noch zwei Zeilen bis Buffalo. Und merkt man diesem Text die schlechte Laune etwa an? Nichts merkt man dem an! Gar nichts! Und wehe, hier kommentiert jemand abweichend.

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16 Kommentare

  1. danken sie gott und seien sie zufrieden, dass bei ihnen nicht die hochkompetente firma des schönen e. zugange ist, die hier das haus saniert, in dem ich wohne. sollte von semptember 2016 an acht monate lang dauern. im moment hofft der sonstwievielte bauleiter, der erste übrigens hier, der tatsächlich ahnung hat, dass im frühjahr alles fertig ist. und ja, er meint 2018. mein blog ist zu einem jammer- und baustellentagebuch verkommen, und ich habe seit einem jahr kein wohnzimmer, sondern eine art lagerraum. mit zusammengerollten teppichen auf dem sofa. und blumenkisten mitten im raum …

  2. Ach ja, Herr Buddenbohm, da kann ich auch gleich mitjammern!
    Seit April 2017 wohnen wir möbliert, da wir unser Haus im guten Glauben verkauft haben, es würde alles rechtzeitig fertig (Neue Wohnung gekauft 12/2015, da war Anfang Rohbau. Es hieß 1. Quartal 2017 Einzug. Über den Sommer das Haus verkauft auf 1.4.17. Dann guter Fortschritt bis Oktober mit Richtfest. Beim Richtfest eröffnet der Bauträger, es würde eventuell knapp. Stillstand auf der Baustelle bis Frühjahr 2017, Improvisation nach Ansage Fertigstellung August/September. Haus geräumt, alles eingelagert, was man bis September nicht braucht -fast alles- dann hieß es Weihnachten, jetzt Ende April).
    Also, es wird bei Ihnen sicher nicht so lange dauern ???, aber ich will auch nicht mehr bauen! Eigentlich will ich nur noch einziehen. Und mal meine Sachen wieder haben….
    Nun denn, Fazit: es lebt sich ganz gut mit leichtem Gepäck, glaube nicht, was dir irgendein Bauträger erzählt und nimm‘s leicht, wenn du es nicht selbst ändern kannst…..
    Frohes Gärtnern dann, wenn es losgeht,
    Eva
    PS: ist jetzt länger geworden, aber vielleicht wollte ich es einfach mal loswerden.

  3. Das klingt sehr mutig, und fast gut gelaunt, also nein, man merkt nix. Sie merken ja auch nicht, das mir soeben sechs beim Kochen vergessene Eier im Topf explodiert sind und meine Küche dem Geruch nach zu urteilen in eine Tierkadaververbrennungsanlage verwandelt haben…

  4. „Als ob!“ Als mich der Sproß (12) das erste Mal mit dieser Wendung konfrontierte, war ich irritiert. Aber es ist eine wirklich gute Antwort auf fast alles. Und man ist ja selbst Schuld, wenn die Kids nicht völlig ironiefrei sind.
    Viel Spaß im Garten! Ich freue mich schon sehr auf Februar, dann ist der Winter vorbei, weil die Anzucht von Chili und Paprika beginnt.

  5. Wir sindhaben wohl die Einzigen deutschlandweit, deren HausHilfe früher als geplant fertig war! Der Küchenbauer konnte es nicht fassen, dass er die KücheSonne füher einbauen konnte. Als ob…. sag ich da nur!
    Viele Grüße vonvon Margit

  6. Der Kantforscher und Philosoph Hans Vaihinger (1852-1933) entwickelte aus dieser großartigen Söhne-Antwort einen idealistisch-pragmatischen Positivismus. Sein Hauptwerk „Die Philosophie des Als Ob“ beschäftigt sich mit der Frage, wie es kommt, „dass wir mit bewusstfalschen Vorstellungen doch Richtiges erreichen“. In Vaihingers Geburtsort Nehren kann man im Gasthaus Schwanen im „Als-Ob-Zimmer“ nächtigen. Es gibt dort sogar eine „Als-ob-Straße“. Aber nicht wirklich.

  7. Unsere Söhne haben (neben dem mich eher aggressiv machenden „als ob“) unlängst die wunderbar universell auf alle Fragen passende Begründung „weil Baum“ in den häuslichen Sprachgebrauch eingeschleppt. Habe ich sogleich in meinen aktiven Wortschatz übernommen. Weil Baum.

  8. Danke für die schlechte Januarstresswetterlaune! So schön, wenn man sich über die Abartigkeit dieser Jahreszeit einig sein kann! Davon geht‘s mir gleich besser. @Thomas S: gehen Ihre Söhne zufällig in Berlin Kreuzberg zur Schule? Ansonsten würde es mich echt interessieren, wo diese Bäume noch so überall stehen!

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