Hamburger Winter

Vor der Grundschule steht gestern Nachmittag ein kleines Kind, ein Kind höchstens im Vorschulalter, das geht sicher noch nicht einmal in die erste Klasse, so klein ist es. Ein Geschwisterkind könnte es sein, der große Bruder oder die große Schwester werden vielleicht gerade abgeholt. Das Kind tritt mit Hingabe gegen einen großstadtgrauen Schneematschhaufen am Straßenrand, wieder und wieder tritt es dagegen, dass der Schmodder nur so wegspritzt und Passanten sich fluchend und springend in Sicherheit bringen. Das Kind ist auch schon selbst ganz durchnässt, aber hey, da liegt Schnee, also zumindest die Hamburger Innenstadtversion davon, damit wird man ja wohl was machen dürfen, so als Kind. Der kleine Stiefel wird energisch in den trostlosen Haufen gebohrt, in dessen Mitte jetzt schwarzes Pfützenwasser zu erkennen ist, schwarz wie der Asphalt darunter. Dann noch einmal richtig Schwung geholt und ein letzter Tritt in die Pampe, das Kind guckt den hochfliegenden Matschspritzern nach und singt mit glöckchenheller Stimme: “Schneeflöckchen, Weißröckchen, wann kommst Du geschneit?”

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Gestern Abend beim Elternrat der Grundschule gewesen, das könnte man auf Twitter gar nicht erzählen, weil da alle aus prinzipiellen oder humoristischen Gründen, das ist ja manchmal schwer zu unterscheiden, diese Elternarbeit ganz furchtbar finden. Aber hey, Demokratie und so. Wenn man bestimmte Entwicklungen in der Gesellschaft falsch findet, kann man ruhig auch mal über Pausenhofregeln und deren Einhaltung diskutieren, das ist jetzt nicht so abwegig.

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Seit ich mehr und dauernd schreibe, gibt es auch dauernd mehr Kommentare, das ist sehr schön, vielen Dank. Und so tolle Hinweise darin! Gestern etwa der auf das Als-ob-Zimmer, das ist ganz großartig.

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#reading

Ein Beitrag geteilt von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) am

Ich lese abends Saatgutkataloge. Und was für eine entspannende Lektüre das ist, fünf Seiten nur Kartoffelsortenbeschreibungen! Danach ist die Welt wieder in Ordnung und man träumt von der Duke of York, einer alten schottischen Sorte, benannt nach dem Vater der Queen und mit “hervorstechend gutem Aroma”. Möchte man doch haben, so etwas, Kartoffeln mit hervorstechend gutem Aroma, die kriegt man nicht beim Discounter.

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4 Kommentare

  1. „The grand old Duke of York,
    He had ten thousand men;
    He marched them up to the top of the hill,
    And he marched them down again.“
    Das war ein Lied im TV-Gitarren-Lehrprogramm von John Pearse, das mein Vater sorgsam nachklampfte, ich fand die Erklärung dahinter immer schön: „da ließ er sie also raufmarschieren, und dann ließ er sie wieder runtermarschieren.“ Sowas Feines sendet NDR3 heutzutage gar nicht mehr.

  2. Empfehlung: Red Duke of York (roter Erstling)! Das ist eine fantastische Sorte und dazu noch sehr früh. Da macht man nichts verkehrt. Ich bin auch überzeugt, dass Claudius in senem Kartoffellied „Schön rötlich die Kartoffeln sind und weiß wie Alabaster“ eine Vorgängersorte des roten Dukes im Sinn hatte.

  3. „…and when they were up, they were up. And when they were down, they were down. And when they were only halfway up, they were neither up nor down.“ So kenne ich den Grand Old Duke weiter -als dynamischen Kniereitervers übrigens, schlägt „Hoppe Reiter“ um Längen!

    Das geänderte Format lädt irgendwie mehr zum Kommentieren ein, mich zumindest. Ich find’s super.

  4. Das „kleine Kind“ hatte ich auch mal: mein eigenes. Auch sie schubberte mit Schmackes in einem städtischen Schneehaufen rum während ich mit einer Bekannten ein angeregtes Pläuschchen hielt. Am Ende des Gesprächs humpelte das Kind. Der linke Winterstiefel war ca. 3 am höher als der rechte…..und die braune Schicht, die sie freigelegt hatte und die sich jetzt unter der Schuhsohle befand…war Hundekacke!

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