Ich kenne mich aus

Der Garten hat eine seltsame Folge für die Herzdame, denn immer, wenn sie jetzt am Sonnabend die spontane und bekanntlich einigermaßen schräge Idee hat, mal wieder zu Ikea zu fahren, ergreife ich nicht mehr die Flucht, nein, ich sage sofort und begeistert zu. Denn neben Ikea ist ein Baumarkt, und im Baumarkt ist eine Gartenabteilung, da kann ich dann ja mal gucken.

Wir haben als Ergebnis jetzt ein sehr volles Auto, die neuen Kleinmöbel sind davon nur ein geringer Teil. Wobei wir übrigens getrennt einkaufen gehen, sie in dem einen Laden, ich in dem anderen, und zwar aus Prinzip. Da die Herzdame schon damals, kurz nach Beginn unserer Beziehung, die Hoffnung aufgegeben hat, in mir einen erfreulichen Shopping-Partner gefunden zu haben, weigert sie sich jetzt kategorisch, mich in irgendwelche Läden zu begleiten, an denen ich plötzlich Interesse habe. Logisch. Man trifft sich nach einer Weile am Kofferraum wieder, das läuft sehr gut. Ich erzähle von meinen Einkäufen, sie von den ihren, wir tun beide so, als würden wir zuhören, man ist ja so weit zivilisiert. “Erfolgreiche Beziehungen für sehr sture Menschen”, vielleicht sollte ich doch mal einen Ratgeber schreiben, ich kenne mich aus.

Warum aber will die Herzdame überhaupt zu Ikea? Das gehört mit in den phänologischen Kalender, denn wenn der Winter allmählich weicht, dann will sie die Wohnung verändern, das ist immer so. Sie steht irgendwann morgens mit dem Kaffeebecher in der Hand murmelnd vor einer Wand, dann weiß ich schon Bescheid, es geht wieder um Farben. Sie steht kurz darauf mit schiefgelegtem Kopf vor Möbelstücken, da nehme ich schon innerlich Abschied vom Schrank. Man hat so seine Routinen, wenn man länger zusammen ist. Ich habe natürlich dezent darauf hingewiesen, dass wir auch ein kleines Laubenprojekt laufen haben und sie sich bitte nicht übernehmen soll, sie hat auf Übersprungshandlungen verwiesen, denn mit der Laube und dem Garten geht es ja einfach nicht weiter. Wie sollte ich da widersprechen. Der eine bestellt abends Saatgut und liest stundenlang sämtliche auffindbaren Gartenblogs, die andere malt Wände neu an und tauscht den Duschvorhang aus, es ist alles aus der Not geboren, alles nur, um den elenden Januar irgendwie herumzubringen. Womit wenig gewonnen ist, weil da noch ein ähnlich schwieriger Monat hinterherkommt. Februar, wenn man das schon hört!

Egal. Das regelt sich alles von selbst.

***

Es folgt Werbung.

Anzeige Europacamp der Zeitstiftung

6 Kommentare

  1. Ich reiche hiermit gerne den Hinweis an, den Herr Kaltmamsell einwarf, als ich ihm gerade sorgfältig auseinandersetzte, warum er falsch lag, und kurz Atem holte: „I’m not listening. I’m waiting.“

  2. Zum Glück ist der Februar kürzer.
    Aber Frühling und die Wohnung verändern wollen, das muss irgendwie zusammenhänge, ich kenne das auch.

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Time limit exceeded. Please complete the captcha once again.