Bienen, Blüten, Nachbarschaft

Im Garten gab es einen einzelnen voll aufgeblühten Krokus, krachlila leuchtend wie sonstwas hat er sich aus den ansonsten noch blassen Winterbeeten geschoben. Ich stand davor und versuchte, mit dem Handy ein Foto davon zu machen. Das klappte aber nicht gut, es war alles völlig überstrahlt von der Vorfrühlingssonne, die zwar nur mühsam ein paar Grad über Null stemmte, aber immerhin erfreulich hell war. Ein sehr frühes und noch etwas schwach wirkendes Bienchen taumelte durch die Luft, das erste Summen überhaupt in diesem Jahr, ein verheißungsvolles Geräusch. Schließlich landete sie erschöpft und nicht eben geschickt vor mir auf dem Display, mitten auf dem verschossenen Krokusbild. “Bienchen”, sagte ich, denn man soll immer nett zu Bienen sein, “Bienchen, das ist nur ein Bild der Blume, noch dazu ein nicht recht gelungenes. Du musst nach unten und dann da rechts abbiegen, da ist der echte Krokus, und er sieht wirklich gut und nahrhaft aus.” Das Bienchen flog, als wäre das einen vollkommen klare und gut verständliche Botschaft gewesen, umgehend nach unten und dann nach rechts, direkt zum Krokus.

Kennt man Dr. Doolittle eigentlich noch? Den fand ich als Kind immer sehr beeindruckend, von dem habe ich gerne gelesen. Und müsste es eigentlich wieder tun, ich glaube nämlich, die Söhne kennen den gar nicht.

***

In der Kirche gewesen, ein Festgottesdienst. Der Pastor geht in den Ruhestand, er wird daher bald kein Nachbar von uns mehr sein. Das ist der Pastor, der uns damals getraut hat, er hat auch beide Söhne getauft und sie bei ihren Einschulungsgottesdiensten gesegnet, da kommt schon etwas zusammen.

Und obwohl ich kein religiöser Mensch bin, fühle ich mich doch seiner Gemeinde nachbarschaftlich verbunden, immerhin ist die Kirche genau vor unseren Fenstern, immerhin kennen wir da alle, immerhin ist es eine Stadtteilkirche im allerbesten Sinne. Weswegen ich auch eine ganz kurze Stelle im Abschiedsgottesdienst sehr mochte. Da wurde gesagt: “Er ist ja nicht aus der Welt, er ist nur ín Barmbek”, denn dort zieht der Herr Pastor jetzt hin. Und man merkte am allgemeinen Gekicher und am kollektiven Kopfschütteln in der Kirche eine Sekunde lang überdeutlich, was die ganze Gemeinde in dem Moment dachte, dass nämlich aus der Welt und Barmbek in Wahrheit vollkommen gleichbedeutend sind, zumindest wenn man es aus der Perspektive des kleinen Bahnhofsviertels betrachtet, und welche Perspektive sollten wir hier sonst haben. Denn das ist hier zwar die Mitte einer Millionenstadt, aber dennoch ist es ein Dorf, und da denkt man eben dörflich.

***

Beim Verlassen der Kirche einen Satz in der Unterhaltung zweier Damen im Rentenalter gehört:

“Ich bin zum ersten Mal seit dreißig Jahren allein, das ist schön. Das ist ganz, ganz großartig.”

***

Abschließend noch ein Zitat aus dem Tagebuch von Katherine Mansfield aus dem Jahr 1907: “Ich danke dem Himmel, daß ich im Augenblick, obwohl es verdammenswert ist, in niemanden außer in mich selbst verliebt bin.”

3 Kommentare

  1. Als wir aus dem dörflichen Stadtteil der Kleinstadt in die Ortsmitte zogen (Luftllinie ca. 4 km), sagte die Landwirtin, bei der ich nach wie vor meine Kartoffeln kaufte, mindestens ein Jahr lang. „Ach, Sie sind ja WEGgezogen“. Dabei waren wir doch nur UMgezogen.

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Time limit exceeded. Please complete the captcha once again.