Natürlich soll hier noch die Aufklärung zu dem Rätsel in diesem Text nachgereicht werden. Hinter dem Begriff „Hundewichteln“ verbarg sich eine Verabredung auf einem Gehöft mit den Dorfnachbarn, bei der es pro forma darum ging, die diversen Hunde der Anwohner mit Weihnachtsgeschenken wie etwa Schweineohren zu „bewichteln“. De facto wurde das allerdings im Laufe des Abends vollkommen vergessen, denn wesentlich wichtiger schien es zu sein, gemeinsam zu grillen und vor allem Punsch und „Schwatten“ (Kaffee mit Korn und viel Zucker) zu trinken. Wenn man genug Schwatten trinkt, vergißt man schon mal, wozu man sich eigentlich getroffen hat, soweit kann ich das aus eigener Erfahrung gut nachvollziehen. Das man sich am üblicherweise nicht eben warmen 23.12. aber überhaupt irgendwo draußen zum Grillen verabredet, übersteigt allerdings mein großstädtisches Vorstellungsvermögen bei weitem. Während ich vor Kälte zitternd und mit den Zähnen klappernd einen Punschbecher umkrampfte, kam ich dann doch bei der Beobachtung der fröhlich grillenden und dabei sehr entspannt wirkenden Nachbarschaft nicht umhin, das festzustellen, was ich in Gegenwart der Herzdame natürlich nur sehr leise ausspreche: Die spinnen, die Nordostwestfalen. Und was Frieren ist, wissen sie ganz anscheinend auch nicht, sie saßen nämlich von acht Uhr abends bis ein Uhr nachts entspannt auf Gartenstühlen vor einem alten Bauernhof, ignorierten den auffrischenden, naßkalten Wind und tranken, als der Punsch schließlich alle war, gelassen gut gekühlten Wein weiter. Es war der bisher kälteste Abend des Dezembers. Einige hatten sich für diesen Anlaß nur eben eine Strickjacke übergeworfen und trugen halboffene Hausschuhe an den Füßen. Kleine Kinder spielten um sie herum auf dem frostigen Boden mit herumkullernden Tannezapfen, zottelige Hunde in Bärengröße sprangen über sie hinweg – es ist eine seltsame Gegend. Ich wollte die Herzdame fragen, ob das Konzept des Frierens in ihrem Dorf gänzlich unbekannt sei, aber die Herzdame weigerte sich mit mir zu reden, seit ich mir von ihrer Mutter eine zugegebenermaßen recht damenhafte Mütze geliehen hatte, um zumindest meine Ohren vor schlimmen Erfrierungen zu retten.
Ich bin seit Tagen damit beschäftigt, mich wieder aufzuwärmen und glaube, ich habe schon wieder etwas Gefühl im linken Fuß. Es geht aufwärts.
Ich schwanke beim Lesen zwischen Bewunderung und nicht enden wollendem Kopfschütteln. Ich bin keine Frierkatze. Aber mit zunehmendem Lebensalter konstatiere ich, dass mein Körper neben der braven Produktion von Eigenwärme auch auf Unterstützung von außen angewiesen ist. Sei es durch Zufuhr von Wärme, durch Erhaltung von Wärme mittels geeignete Kleidung oder durch verstärkte Wärmeproduktion, indem ich mich in Bewegung halte … Brrr!
Du hast mein tiefstes Mitleid. Mir wird normalerweise schon kalt, wenn jemand in der Nähe davon spricht, dass es ein wenig frisch sei. „Fremdfrieren“ heißt so etwas glaube ich.
@Alexander: „Fremdfrieren“ ist ein schönes Wort. Das Phänomen befällt mich auch beim Anblick unbekleideter Denkmäler im Winter.
Nordostewestfalen? Ist das nicht Lippe?
Ich würde ja denken, die Kälteresistenz sei genetisch bedingt. Das erklärt allerdings nicht, warum ich trotz Skiunterwäsche, Schurwollpullover und gefütterter Winterstiefel friere, meine Verwandtschaft aber noch munter alle Fenster aufreißt. (Nach draußen gehen wir prinzipiell nicht.) Vielleicht liegt es daran, dass die Anderen unter Bluthochdruck leiden.
Viele Leute haben den Eindruck, Alkohol wärme. Das kann ein fataler Irrtum sein.
Das scheint eine komplizierte Frage zu sein. Die Herzdame als zuständige Expertin hat mir gerade etwas erklärt, von dem ich nur noch behalten habe, das Lippe und Ostwestfalen wie Schleswig und Holstein sind. Das hilft mir inhaltlich eigentlich wenig, aber anscheinend gehört Lippe irgendwie dazu, zu Ostwesfalen. Oder umgekehrt. Die historischen Verwicklungen um Schleswig und Holstein versteht aber bekanntlich auch keiner. Und Alkohol wärmt nicht, nein. Aber man kann natürlich amüsante Versuchsreihen damit zubringen, das immer wieder neu zu beweisen.
OWL latürnich (und das hat nichts mit Eulen zu tun und ist ein schreckliches Akronym). Ich persönlich bin in Bielefeld geboren und habe dann ein paar Jahre in Bünde gelebt (Kreis Herford). Musste allerdings feststellen, dass ich jetzt schon länger in Bayern bin, als ich je in Ostwestfalen gewohnt habe. (Und in Lippe habe ich nie gewohnt. Ich kenne allerdings ein oder zwei Lipper persönlich.)
Ich werde wohl ewig „zugereist“ bleiben. Mein Sohn hat mir übrigens letztens klar gemacht, warum es „Muttersprache“ heißt; er sagte: „Mettwurst hat zwei T. Mäht-wu-ast.“ Ich weiß nicht einmal, woher er das Wort hat (wollte schon fast „Wo er das Wort her hat“ schreiben, ostwestfälisch eben). In Bayern isst man keine Mettwurst.