Ich verbringe viel Zeit auf dem Spielplatz vor unserer Haustür, der für mich gewissermaßen ein Trainingslager ist. Da ich in meinem bisherigen Leben mit Kindern sehr wenig zu tun hatte, wurde es als Vorbereitung auf den eigenen Nachwuchs höchste Zeit, mich etwas an den Umgang mit diesen sonderbaren Wesen zu gewöhnen. So sitze ich nach der Arbeit neben der schönen Nachbarin auf der Bank, sehe ihrer kleinen Tochter und den anderen Kindern beim Spielen zu und lerne. Im Wippen und Schaukelanschubsen zum Beispiel bin ich nach Aussage der kleinen Experten schon ziemlich gut.
Zu den Lieblingsbeschäftigungen der Tochter zählt es gerade, die Rutsche hochzulaufen – auf der glatten Seite, versteht sich, denn sie ist schon drei Jahre alt. Das gelingt ihr auch recht gut, ab einer gewissen Erschöpfung aber bleibt sie doch mal in der Mitte hängen, krallt sich in das Geländer und ruft nach der Mutter. Diese schiebt das Kind dann ein wenig an und spricht, wie es eine weise Mutter tut, pädagogisch wertvoll und motivierend: „Immer dahin sehen, wo du hinwillst, mein Kind, und wenn du nicht mehr kannst, leg dich auf den Bauch.“
Ein bemerkenswerter Satz. Klingt es nicht fast wie eine jener Sprachperlen, die der Dalai Lama gerade so überreichlich in Hamburg verstreut hat?
Ja, nur dessen Sprachperlen zielen eher auf den ach so aufgeklärten „Erwachsenen“ hin und werden leider viel zu selten bedacht. Mich eingeschlossen …
Nebenbei mal gefragt: Warum habe ich so den Eindruck das der Besuch seiner Heiligkeit in Hamburg in den meisten dort ansässigen Blogs eher auf Unwillen denn auf Aufgeschlossenheit stößt.
Oder irre ich mich ?
Ich glaube, das täuscht. Ich zum Beispiel wäre gerne hingegangen, schon um darüber zu schreiben, aber ich habe es leider viel zu spät mitbekommen. Und obwohl er sicher eine hoch respektable Person besonderer Weisheit ist, kann ich mich dennoch darüber amüsieren, wie entzückt sich alles auf jede noch so banale Feststellung von ihm stürzt. Ich bin fast sicher, es amüsiert ihn genauso.
Na dann …
Ich war übrigens dort. Kann man bei Interesse auch nachlesen 🙂
Generell gebe ich Dir aber durchaus Recht mit dem „drauf stürzen“ , ebenfalls mit dem „genauso amüsieren“. Das konnte man auch gut nachverfolgen.
Der Satz klingt nicht nur klug – er ist es bei näherer Betrachtung sogar tatsächlich und hat somit einiges mit den fernöstlichen Weisheiten gemeinsam, die meist auf den ersten Blick irgendwie trivial wirken und in weiterer Folge im Sinn von stillen Wassern den Geist zu philosophischen Wanderungen anregen. Hätte ich mich übrigens in meinem Leben öfter an den Satz Ihrer schönen Nachbarin gehalten, hätte ich seltener mein jeweiliges Ziel aus den Augen verloren und wäre wahrscheinlich weniger häufig auf die Schnauze (Pardon !) gefallen. 🙂
Und wo immer du dann gerade bist – dort bist du dann.
Herr Kid, ich sehe, Ihr Insichgehen nach dem Unfall zeitigt erstaunliche Folgen 🙂
Ich habe da was transzendiert. Leider war es schwarz wie der Elbtunnel bei Stromausfall.
Joerg, ich fand Seine Heiligkeit erfrischend normal. Er hat viel common sense im allerbesten Sinne. Man hat das Gefühl, man könnte mit ihm im Sommerloch genausogut auch in einem Strassencafé sitzen und nachbarschaftlich plaudern. Den Personenkult um ihn, den andere machen, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Ist denn deren Leben so erbärmlich?
@Cem
Ja, so kann man Ihn tatsächlich empfinden. Und so läßt der Dalai Lama es seine Umgebung auch sehen und erleben. Und das macht Ihn sicherlich auch so beliebt.
Er jedoch käme nie auf die Idee anderer Leute Leben als erbärmlich so hinterfragen, nur weil sie die Dinge ganz anders als er handhaben …