Mein Leben ist nicht unbeträchtlich dadurch geprägt, daß ich eigentlich nichts richtig gut kann. Nichts außer Lesen und Schreiben, wie einige freundlich gesonnene oder angetraute Menschen an dieser Stelle einzuwerfen pflegen, wofür ich jedesmal sehr dankbar bin, aber da bleibt dann doch immer noch ein Nichts beträchtlicher Größe. Daher ist es mir immer ein unbeschreibliches Vergnügen, gelegentlich Kleinigkeiten festzustellen, bei denen ich nicht komplett versage oder sogar brauchbar bin – so kann ich etwa ganz gut Nägel krumm hauen, Geld verplempern oder unfotogen sein.
Und jetzt, nach all den grauen Jahren ausgeprägter Mittelmäßigkeit, habe ich tatsächlich eine Spitzenbegabung bei mir entdeckt, eine phänomenale Gabe, ein Ausnahmetalent ersten Grades! Ich kann etwas ganz Besonderes! So richtig! Womöglich bin ich sogar Weltbester!
Ich bin nämlich eine Spitzenkraft, wenn es darum geht, ein Kind bäuern zu lassen, sofern das überhaupt der richtige Ausdruck dafür ist. Sagt man das so? Egal, Sie wissen schon, die Luft muß aus dem Kind. Die Herzdame zum Beispiel kann das nicht, sie klopft und rüttelt ergebnislos an unserem Sohn herum, der sich davon gänzlich unbeeindruckt auf ihrer Schulter sichtlich langweilt, nach einer Weile gähnt, zusehends mißmutig guckt und mir mit den Fingerchen heimlich Zeichen gibt. „Gib mal her“, sage ich, wenn ich das arme Kind so sehe. Ich schwinge den Kleinen über meine Schulter, es vergehen keine zwei Sekunden und wir hören, was alle Eltern gerne hören und der Rest der Welt nur kopfschüttelnd zur Kenntnis nimmt. Zwei Sekunden! Oft reicht es sogar, wenn ich das Kind nur scharf angucke! Und das ist natürlich nicht nur ein einmaliger Effekt, das ist wiederholbar, berechenbar, nachweisbar, das klappt immer. Immer!
Wenn Sie Säuglinge haben, die kein Bäuerchen machen wollen, rufen Sie mich an. Geben Sie mir zwei Sekunden mit Ihrem Kind. Sie werden staunen.
Die Herzdame verläßt derweil noch während ich schreibe beleidigt die Wohnung, weil ihr, wie sie sagt, mein Triumphgeheul maßlos auf die Nerven fällt. Das verstehe ich sogar, denn die Herzdame gehört zu diesen Menschen, die ganz viel können. Sie kennt daher dieses herrliche Gefühl gar nicht, endlich, endlich auf eine wirkliche Eignung zu stoßen. Bei gewissen Themen werden wir uns nie verstehen.
The king of Bäuerchen. Ich weiß zumindest, was ich daran habe.
Kolossal, das mit dem Bäuerchen. Schade, dass diese Begabung nicht lange sichtbar sein wird, denn – eine kleine Weile, und sie wird nicht mehr gebraucht. Aber das Lesen und Schreiben wird noch viele kleine Weilen sichtbar sein, und das ist GUTSO!
Es sind die kleinen und kurzen Triumphe, die das Leben so lebenswert machen!
Unser Kind macht keine Bäuerchen. Unser Kind macht Junker.
Ich falle dir nur ungern in den Rücken, aber wenn mein Mann nach meinem erfolglosen Rumgewerkel an einem zu fest verschlossenen Gurkenglas innerhalb von Sekunden das Öffnen zustandebringt, pflege ich zu sagen, ich hätte es ‚vorher schon müdegehetzt‘.
Jaja, kaum schreibt man mal über phänomenale Leistungen, schon können andere mehr oder machen die Erfolge madig. Schlimm 🙂
unser kind macht landwirtchen. allerdings wirklich immer nur unter größten kraftanstrengungen. können sie das auch per telepathie? das wäre super. unsere essenzeiten sind ziemlich genau 8 12 16 und 20 uhr. danke auch schön!
Klappt das auch bei Erachsenen oder nur bei Kindern?
@Ami – Fernbäuerchen – das ist doch mal eine interessante Herausforderung. Versuche ich morgen mal zu Ihrer Abendbrotzeit 🙂
buaarrrpp … oh sorry, es wirkt!