Kümmelkartoffeln mit Paprikaquark

Rezept

Weiter in dieser Reihe.

In dem Buch sind, wie bereits erwähnt, auch etliche ganz schlichte Rezepte, die man ohne große Kunststücke nachmachen kann, ein paar davon könnte man auch durchaus ohne Kochbuch machen. Da es um die vegetarische Tradition in Deutschland geht, ist das auch richtig so, warum sollte man die weglassen, nur weil es kunstvoller geht? Eben. Die Kümmelkartoffeln mit Paprikaquark etwa sind so ein schlichtes Gericht, Pellkartoffeln hat wohl schon jeder in der einen oder anderen Form selbst gemacht. Hier mit frisch angerührtem Kräuterquark und Kümmel und zum Kümmel muss man noch kurz etwas sagen und vor dem Rezept noch schnell ein mahnendes Wort an die Bäckereien in Norddeutschland richten.

Früher, möchte ich diesen Bäckereien nämlich mit flammender Empörung in der Stimme zurufen, früher gab es in jeder Bäckerei Mohn-, Sesam- und Kümmelbrötchen. Die lagen nebeneinander, zu dritt. Überall. Immer. Heute gibt es nur noch Mohn und Sesam, das Kümmelbrötchen ist fast flächendeckend verschwunden, wegsortiert, ausgelistet. Ein verschollener Brötchenbruder des langweiligen Sesams und des braven Mohns, der einzige mit Charakter hat sich dünne gemacht, das ist fast romantauglich. Und es ist beklagenswert und falsch. Wenn Sie das bitte wieder einführen könnten? Oder mögen die Deutschen keinen Kümmel mehr? In flüssiger Form wird er auch kaum noch gereicht, fällt mir gerade auf, wieso eigentlich nicht? Als ich Kind war, tranken die Großen noch Köm, das Wort kennt heute vermutlich gar keiner mehr.  Man beachte im gerade verlinkten Artikel eines der schönsten Plattdeutschen Wörter überhaupt, Klütenköm.  So schön.  Den habe ich auch nicht im Haus, das werde ich heute gleich mal ändern.

Zutaten

1 Kilo festkochende Kartoffeln ungepellt in Salzwasser kochen, 1 TL Kümmel ins Wasser geben. Das riecht super und macht Hunger.

2 EL Sonnenblumenöl mit 1 EL edelsüßem Paprikapulver und 1 TL rosenscharfem Paprikapulver in einem Topf erwärmen, bis es duftet. Dann mit 500 Gramm Quark und einem Schuß Milch verrühren bis einem die Konsistenz genehm ist. Das schmeckt gut, sieht aber nicht ganz so hübsch aus, strahlend weißer Quark ist eindeutig hübscher. Aber egal, auf der nach unten offenen Labskaus-Skala ist das immer noch appetitlich. 2 rote Paprika kleinschnippeln und in den Quark werfen, ebenso ein Bund Frühlingszwiebeln und was man so an Kräutern findet. Wobei ich wieder festgestellt habe, dass ich hier trotz an sich bester Auswahl an Läden ringsum so gut wie keine Kräuter finde, außer Petersilie, Kresse und Schnittlauch, es ist ein Jammer. Borretsch, Pimpinelle, Estragon, Sauerampfer als Frischware? Nix is’. Nur den Bärlauch gibt es in der Saison kurz mal auf dem Markt, sonst sieht es mit frischen Kräutern schlecht aus. Basilikum, ja, Basilikum gibt es immer. Der passt aber nicht immer.

Geschnippel

Quark mit einer Prise Zucker, Salz und einem Schuß Weißweinessig abschmecken.

Haps

Wenn die Kartoffeln, wie in meinem Fall, so beschaffen sind, dass man sie besser ohne Schale isst, wird der Kümmelgeschmack übrigens nach dem Pellen so dezent, dass man schon von seiner Nichtexistenz ausgehen muss, das war also eine reine Duftorgie im Vorwege. Na, immerhin!

Pellkartoffeln mögen auch die Kinder, in erstaunlichen Mengen sogar, das war einer dieser Abende, an denen ich mit der schockierten Frage “Wie, die sind alle?!” konfrontiert wurde. Schlimm! Bei dem Quark ist es natürlich ein Glücksspiel, von den hier anwesenden Kindern aß den nur eines von dreien, aber egal. Das wächst sich schon noch zurecht.

Ich werde jedenfalls künftig öfter dem Impuls wiederstehen. Kräuerquark fertig zu kaufen. Es ist dann doch viel unterhaltsamer, ihn selbst anzurühren.

Zack und fertig

17 Kommentare

  1. Danke für die „nach unten offenen Labskaus-Skala“ und das Rezept und die Beschriebungen des Familienlebens – aber aktuell am meisten für die Labskaus-Skala!

  2. Das Buch steht auch noch auf der Wunschliste.
    Kannst Du nen Kümmel empfehlen? Hier steht eigentlich immer ne Flasche Helbing gekühlt. Nee stand, Du hast recht. Das muss sich dringend wieder ändern!

  3. Lieber Herr Buddenbohm,
    ich muss nun doch kurz eingreifen:
    In Oberfranken gibt es freilich noch
    Kümmelbrötchen. Und auch Anisbrezeln.
    Schaun Sie doch mal in Kulmbach vorbei zB.
    Liebe Grüße

  4. Melde Kümmelbrötchenvorkommen in Dortmund, wahlweise auch in der Variante „Salzkuchen“ mit Loch in der Mitte.
    Wobei ich Kümmel in Brot nicht vermissen würde – wohl aber an Schweinebraten, Gulasch & Co.

  5. Ich liebe Kümmelbrötchen! Sollte es tatsächlich bei jedem Bäcker geben, dann wäre die Welt besser. Allerdings habe ich es in Hamburg auch schon gesichtet, in einer Supermarktbäckerei am Hofweg.

  6. Kümmelbrötchen sind auch hier im Saarland Usus 🙂

    Danke übrigens für den grandiosen Buchtipp, ich habe mir beide Bücher zugelegt und bin begeistert!

  7. Rohlfs hat Kümmelbrötchen, und ich habe bei einigen anderen Bäckern auch welche bekommen (außer dem einen fallen mir gerade keine Bäckereinamen ein, ist keine Werbung, sondern ein Hinweis) – ich kaufe die nicht für mich selber, ich hasse Kümmel aus tiefstem Magen, es macht mich würgen, aber die hiesige Herzdame ist da ganz vernarrt.

  8. Dem Kümmelliebhaber empfehle ich dringend einen Besuch in Baden oder im Schwabenland. Dort gibt es ein ausgezeichnet schmeckendes Backwerk, die Seele, mit grobem Salz und viel Kümmel bestreut. Dazu ein würziger Käse und ein kräftiger Rotwein… Glück kann so einfach sein!

  9. Köm! De geele Köm ist ganz gut. Und Bommerlunder Gold, aber das ist schon fast eher Aquavit. Da sind die Grenzen fließend. Von der Krummesser Brennerei gibt’s auch Köm, den ordern wir das nächste Mal mit. Helbing ist, mit Verlaub, Industriealkohol mit Zucker. Keine Ahnung, warum das als Spezialität durchgeht.

  10. Um manche Dinge ist es nicht schade, wenn sie aus dem Alltag verschwinden. Kümmel, in welcher Form auch immer, gehört eindeutig dazu 😛

  11. Pingback: Alles muss raus! Heute: Vanillekipferl-Spekulatius-Tiramisu mit Kirschen | Frollein Stine
  12. Ich finde es übrigens völlig ok, dass der Kümmel sich aus dem Staub gemacht hat. Früher, so Ende der 70er-Jahre, konnte man Pech haben, dass Mohnbrötchen mit Kümmel verunreinigt waren. Man biss also in opiathaltiger Erwartung in ein köstliches Mohnbrötchen. Das schmerzverzerrte „Ihhh“ mit dem Drang, sich möglichst schnell den Mund mit Gurkenwasser zu spülen, konnte einem den ganzen Morgen versauen.

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