Gleitsichtbrillennebenwirkungen

Ich wurde gebeten, etwas zu den Nachteilen der Gleitsichtbrille zu schreiben, wenn es denn überhaupt welche gibt. Der Wunsch der Leserinnen ist mir natürlich Befehl und ja, es gibt in der Tat Nachteile. Zwei. Womöglich gibt es noch mehr, aber ich habe die Brille auch erst 14 Tage.

Die Eingewöhnung, die anscheinend viele potentielle Kunden für ein Riesenproblem halten, ist allerdings kein Nachteil, um mit diesem Vorurteil gleich aufzuräumen. Ein Tag Seegang, ein Tag Kopfschmerzen, fertig, danach ist alles super. Das kann man nun wirklich aushalten, das ist kein Grund herumzujammern. Erst im Alltag zeigen sich die wahren Nebenwirkungen. Und zwar in den folgenden Situationen:

Bühnenshow

Wenn man irgendwo in der zehnten Reihe sitzt oder steht und vorne auf der Bühne findet etwas statt, eine Lesung, ein Konzert, was auch immer, dann sitzt vor einem natürlich wie immer der Riese vom Dienst und blockiert das Sichtfeld. Um dennoch etwas sehen zu können, reckt man den Kopf und versucht, über seine Schultern zu erkennen, was da vorne vor sich geht. Dabei hebt man das Kinn, das geht auch gar nicht anders.Der Blick nach vorne, er geht dann natürlich durch den Nahbereich. Die Bühne ist aber weit weg. Und so erklärt sich eine der seltsamen Folgen des Alterns: Auch wenn die schönste Sängerin der Welt vor mir auf der Bühne steht – ich finde sie jetzt nicht mehr scharf.

Buddel Bier

Wenn man in abendlicher Runde ein Bier mit Freunden trinkt, gemeinsam anstößt und die Buddel hebt, dann hebt man logischerweise auch das Kinn. Geht auch nicht anders, sonst kann man nicht trinken. Es sei denn, man hätte einen Strohhalm griffbereit, aber wie sähe das aus. Hebt man jedenfalls das Kinn und sieht an der Buddel vorbei auf die gleichfalls trinkenden Freunde, dann sind die plötzlich unscharf und nebelig, als hätte man nicht nur ein halbes, sondern bereits zwölf Bier intus. Da das höchst irritierend ist, man wird ja noch ein einziges Bier abkönnen, ohne dass die Welt in Unklarheit versinkt, trinkt man besser gleich noch ein paar Bier mehr, um die Alkoholwirkung dem optischen Effekt anzupassen, ein Gebot der Psychohygiene. In der Folge fällt der Effekt natürlich deutlicher aus und man gehört zu den Partygästen, die sich schon nach zwanzig Minuten seltsam benehmen. Auch dieses wunderliche Benehmen am frühend Abend, vermeintlich ebenfalls eine Folge des Alters, ist also eigentlich nur auf die Gleitsichtbrille zurückzuführen.

Ich muss dringend noch mehr Situationen durchspielen, um weitere Nebenwirkungen ausschließen zu können, ich weiß. Ich bleibe dran.

6 Kommentare

  1. Kannst du was zur Arbeit am Monitor sagen? Meine jetzige Kopfhaltung ist entspannt, leicht nach unten gerichtet (großer Monitor, Oberkante auf Augenhöhe). Bei Gleitsicht fürchte ich, dauernd den Kopf in den Nacken legen zu müssen.

  2. Der allwissende, furchteinflößende Röntgenblick meiner Großtante mütterlicherseits – er war gar nicht allwissend! Sie hat nur versucht, scharfzustellen!

  3. Es gibt eine einzige richtig schlimme Nebenwirkung von Gleitsichtbrillen: den Preis!

    Und: Lesen im Bett, auf der Seite liegend, geht gar nicht damit. Also wieder: Brille ab. Aber das geht ja als Kurzsichtige mit Buch unmittelbar vor der Nase.

  4. Stimmt, die Sache mit dem Monitor ist so eine Sache. Ideal ist ein Notebook – da habei ich eine völlig entspannte Haltung.
    Übliche Monitore führen zum Kopf-in-den-Nacken. Kürzlich habe ich allerdings den ultimativen Monitor erlebt: er hat eine Parallelogramm-Verstellung und lässt sich bis auf die Tischplatte absenken. Das ist in der Tat großartig – und nicht so leicht zu bekommen.

  5. Lesen im Bett, auf dem Rücken liegend, geht auch nur, wenn man auf dem Kopfkissen noch eine Nackenrolle plaziert. Aber damit geht’s dann gut.

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