Die Herzdame backt: Bratäpfel

Bratapfel

Bratäpfel kommen in alten Büchern vor, das Wort klingt schon irgendwie nach Butzenscheiben und Postkutsche. Bratäpfel kommen aber leider kaum noch in der Vorweihnachtszeit vor, das ist eine äußerst bedauerliche Entwicklung. Es gibt erstaunlich viele Menschen, die Bratäpfel überhaupt nicht mehr kennen, das liegt vielleicht auch daran, dass man ihre Zubereitung für aufwändig hält. Und natürlich auch daran, dass ein Apfel heute nichts mehr wert ist, das Wort hat keinen verlockenden Klang mehr, nicht einmal im tiefsten Winter. Dass ein Apfel einmal eine begehrte Süßigkeit war, die in den dunklen Monaten nur rationiert herausgerückt wurde, das kann man sich kaum noch vorstellen, das war auch in meiner Kindheit schon nicht mehr so. Aber schon die Generation meiner Großeltern wird es noch erlebt haben. Und in den älteren Weihnachtsliedern hört man es noch: „Schenk Äpfel süß, schenk Äpfel zart, schenk Äpfel mir von aller Art!“

Dann wollen wir mal etwas gegen den Trend anarbeiten, denn Bratäpfel sind leicht gemacht, schmecken phantastisch und sind, wenn man sie erst ein paarmal gegessen hat, aus dem Winter gar nicht mehr wegzudenken.

Wir folgen einem Rezept aus dem “Für jeden Tag”-Heft von Essen & Trinken und brauchen erst einmal:

50 Gramm Mandelblättchen. Vier rote, säuerliche Äpfel, da kommen diverse Sorten in Betracht – mit zu süßen Äpfeln fehlt dem Rezept etwas. Wir nehmen Elstar. Ich würde auch Boskoop nehmen, aber dazu ist die Herzdame nicht norddeutsch genug, wenn ich das bei allem Respekt vor Nordostwestfalen einmal so anmerken darf, Boskoop muss man gewohnt sein. 50 Gramm gute Butter, 3 EL Zucker und ½ TL gemahlenen Zimt. 80 Gramm (etwa) Marzipanrohmasse. 150 ml Orangensaft, 1 EL Zitronensaft und vier EL Zucker. Große Mengen Vanilleeis.

Zitrone

Die Äpfel werden so geköpft, wie es manche ihrem Frühstücksei antun, die Deckel werden nicht (!) weggeworfen, die brauchen wir noch. Das Kerngehäuse aus dem Apfel stechen, ruhig großzügig vorgehen, das schadet nichts. Im Gegenteil, dann passt mehr Marzipan rein.

Bratapfel

Die Mandelblättchen in einer Pfanne ohne Fett goldbraun rösten. Dabei aufpassen, sie wechseln ziemlich schnell von braun zu schwarz und schwarz ist nicht gut. Riecht aber interessant.

Mandeln

Die Äpfel dann in eine Auflaufform setzen. Die Butter mit 3 EL Zucker und dem Zimtpulver verrühren, das sollte etwas gründlicher geschehen.

Mandelbutter

Die abgekühlten Mandelblättchen auch unter die Butter rühren.

Herzdame
 

In jede Apfelöffnung etwa 20 Gramm Marzipanrohmasse drücken. Wenn Lübecker anwesend sind, die Menge entsprechend steigern.

Bratäpfelfüllung

Die Mandelbutter dann auf die Äpfel verteilen. Den Orangensaft mit dem EL Zitronensaft und einem EL Zucker aufkochen, dann über die Äpfel in der Form gießen.

Zucker

Bratäpfelbegiessung

Bratäpfel im Sud

Im bereits heißen Ofen bei 200 Grad in der Ofenmitte 35 Minuten backen. Nach 25 Minuten die Deckel draufsetzen und mitbacken.

Herzdame

Herzdame

Dann die Äpfel mit dem Sud aus der Form und Vanilleeis anrichten.

Herzdame

Das ist ein außerordentlich gästetauglicher Nachtisch, das ist auch weihnachtsadäquat und das geht alles sogar in bio, teilweise regional und komplett vegan und überhaupt. Als geborener Lübecker betrachte ich natürlich auch das Marzipan als Regionalware, soviel Trick muss sein.

Die Söhne wachsen hier so auf, dass sie Bratäpfel wieder für eine uralte, aber sehr lebendige Tradition halten, das gefällt mir. Ich kannte sie aus meiner Kindheit überhaupt nicht, ich habe sie erst durch die Herzdame kennengelernt. Aber mittlerweile kommt es mir so vor, als sei das vollkommen unmöglich. Es muss sie auch in meinem Leben immer schon gegeben haben.

Sie schmecken nämlich so, als sei der Winter ohne sie einfach nicht vollständig.

Bratapfel

40 Kommentare

  1. Ich gehöre auch zum Team Boskoop. Allerdings kann ich Marzipan nicht ab, das ist viel zu süß für meinen Gaumen. Insofern kriege ich den Winter ohne Bratapfel super hin, zumal der für mich auch Schnee und Kälte zur Perfektion braucht. Aber was ich eigentlich sagen wollte: Tolles Kleid!

  2. Kiki, es geht auch ohne Marzipan, nicht unbedingt in diesem Haushalt, aber grundsätzlich schon. Man kann Nougat nehmen oder gebrannte Mandeln, z.B.

  3. Bitte bei all diesen tollen Rezepten den Nachtrag „Das Kleid der Herzdame können Sie übrigens hier erwerben.“

  4. Na toll – jetzt muss ich morgen saure Äpfel kaufen.
    Schade, dass die Geschäfte heute schon geschlossen haben – ich wäre gerade sowas von in Bratapfelstimmung!

    Papagena

    P.S.: Ich gratuliere zu der genialen Idee mit den wirklich wunderhübschen Kleidern, die ganz nebenbei mit den Rezepten mitgeliefert werden… eine Augenweide, die Herzdame!

  5. Klingt sehr lecker, ich habe mich ja schon mehrmals an Bratäpfeln versucht (die gehören im Winter einfach dazu), aber dieses Rezept klingt perfekt! Oh und was für ein tolles Kleid! Die Herzdame trägt es aber auch einfach so stilsicher, wie wäre es jetzt noch mit einer Frisurenanleitung? Die sieht nämlich auch super aus!

  6. Bei uns gibt’s traditionell am 23.12. Bratäpfel und zwar nach 22 Uhr als Auftakt zum Weihnachtsfest. Allerdings ohne Marzipan, da von uns als zu süß empfunden. Stattdessen mit gebrannten Mandeln. Ja, sind auch süß, aber trotzdem!

    Die Herzdame im Kleid ist wieder ganz entzückend hinreißend! Kompliment!

  7. An alle Kommentatoren, die Marzipan als zu süß empfinden: im Rezept steht Marzipanrohmasse, die ist deutlich weniger süß als „fertiges“ Marzipan!

    Ansonsten: unglaublich schmackhaft klingendes Rezept, sehr hübsches Kleid und die Frisur ist hinreißend. Bitte Anleitung und Link nachliefern 🙂

  8. Ich würde inzwischen so weit gehen zu behaupten, dass diese Rubrik auch ohne Rezept funktionieren würde. Oder: Winter ohne Bratapfel ist wie Kochen ohne Kleid. Apropos: Wo ist die Schürze?

  9. Bratapfelrezept: check
    Kinderkompatibel: check
    Kleid: check
    Frisur der Herzdame: aber sowas von klasse, nur leider kein check weil hiesige Haare zu kurz.

    Neben Familien-, Koch- und Modeblog nun auch noch Frisurenblog – Herr Buddenbohm, ich verneige mich!

  10. Das klingt interessant, das kannte ich so noch nicht. Wobei man Marzipan ja auch mit ein paar Rum-Rosinen kombinieren können müsste, sozusagen das beste aus zwei Welten. 🙂
    Danke für die liebreizende Präsentation dieses quasi Neoklassikers.

  11. Ich liebe Bratäpfel. Und bei uns gab es die auch schon immer. Allerdigs weniger aufwendig. Hier wurde einfach ein Apfel (Boskoop!!) in Alufolie gewickelt und dann in die Glut des verlöschenden offenen Kamins gelegt, während mein Vater auf der Gitarre spielte und dazu „Dat Du min Leevsten büst“ sang.
    Dabei sind wir gar nicht sooo nördlich hier. Am Südzipfel der Lüneburger Heide. Aber meine Urgroßeltern hatten einen Hof im Alten Land. Vielleicht zählt das ja.

  12. Damit wäre der Nachtisch für den 1. Feiertag gesichert. Und auf jeden Fall mit Boskoop (in Ostwestfalen durchaus bekannt und beliebt). Das mit dem Aushöhlen kannte ich gar nicht. Bei uns wurde nur das Kerngehäuse etwas großzügiger ausgestochen. Da bleibt dann halt mehr Apfel.

  13. Das mit dem Frisurenblog wird leider nichts, mit Haaren habe ich es nicht so. Das ist die einzige Frisur die ich kann, wobei auch das immer so eine Glücksache ist. Trotzdem hier der Versuch einer Kurzanleitung:
    1. Bei Spaghetti-Haaren wie meinen vorher über eine großen Rundbürste föhnen. Viel Schaumfestiger dabei verwenden.
    2. Seitenscheitel ziehen.
    3. Links und rechts vorne je eine Strähne abteilen, zur Wurst nach hinten drehen und feststecken. Und schauen, dass das irgendwie nicht so angeklatscht aussieht und Schwung hat.
    4. Haare am Hinterkopf zu einer Schnecke drehen und auch mit Haarnadeln feststecken.
    5. Eine halbe Dose Haarspray auf dem Kopf verteilen.
    6. Eine hübsche Blume im Haar lenkt davon ab, dass es nichts geworden ist und man die Frisur vergessen kann, aber keine Zeit mehr hat sich noch weiter damit rum zu ärgern.
    7. Nicht vergessen: viel Fluchen und mindestens 50x „Sch…“ brüllen.

    (Besonders hilfreich war das jetzt wohl nicht, ne?)

  14. Genau so müssen die Bratäpfel gefüllt sein. Dass mit dem Deckel merke ich mir, dann ist das nicht so fummelig mit dem Ausstechen und es geht in der Tat mehr Füllung hinein.
    Bin auch beeindruckt von der Herzdame. Von Kopf bis Fuß perfekt. Ein Kleid fürs hübsche Ansehen, na klar. Die Haare gerichtet, sicher. Aber dann trägt sie auch noch „Pöms“. Spätestens da hätte meine Fassade gebröckelt, mich hätte man in Puschen gefunden. Oben hui undten Pfui.

    Aber nicht beimeuch. Alles top! Bravo! Hamburg dix points

  15. Rezept ist rauskopiert, Einkaufszettel geschrieben, über den Artikel geschwärmt und Vorfreude angeknipst.

    Einzige offene Frage: Ober-/Unterhitze oder Umluft? Wahrscheinlich keine Umluft, oder?

  16. Wieso wird dieses Modeblog immer wieder durch Essensratschläge unterbrochen? :-))

    Danke fürs Rezept, wird aber sicher erst im neuen Jahr getestet. Weihnachten ist schon mit Tiramisu belegt.

  17. mmmh, köstlich, wieder mal eine leckere Inspiration. Ich habe zum letzten Mal vor dreißig Jahren Bratäpfel gemacht (mit Schmand und Mandeln, schmeckt auch), die wird es jetzt auch wieder bei uns geben.

  18. Ich habe nicht die geringste Möglichkeit mit meinen Haaren die Frisur nachzumachen, aber die Beschreibung ist klasse.
    Großes Kompliment an die Schreibe beider Autoren und die Bilder sind sowas von schön.

  19. Gaumen- und Augenschmaus…

    Ich habs nicht so mit Marzipan, wenn, dann Königsberger Marzipan in Form von Teekonfekt von Gehlhaar (bekommt mein Komplize jedes Jahr zum Dezembergeburtstag von seiner Tante in Wiesbaden und zudem von seiner Mutter geschickt). Bevor er in mein Leben trat, hatte ich eine komplette Abneigung gegen jegliche Art von Marzipan, nun freue mich ich jedes Jahr auf die Schachteln mit dem geflämmten Marzipankonfekt.

    Allerdings kann man mit Marzipanrohmasse beim Backen schon schöne Dinge anstellen. Unsere schokoladige Waldbeeren-Hochzeitstorte neulich hab ich selbst gebacken, und als ich im Rezept was von Marzipanrohmasse las, wollte ich das schon wieder lassen – aber sie war dann echt gut, sagten mir jedenfalls viele Gäste, und sie schmeckte zum Glück gar nicht nach Marzipan. (Was vielleicht mancher Gast schade fand, wer weiß.)

    In Bratäpfel gebe ich gern Mohn, meist aus Gründen der Faulheit diese vorbereitete Mohnmasse, die man auch zum Backen nehmen kann. Mohn und Mandeln. Inzwischen mische ich manchmal sogar Marzipan hinein.

    Danke an Charlott für das lautmalerische Bratapfelgedicht!

    Und an der Stelle zudem mal einen herzlichen Dank an die gesamte Familie Buddenbohm für ein weiteres Jahr Miterlebenlassen. Ihr seid mir ans Herz gewachsen, und klar das geht auch, ohne sich von Angesicht zu Angesicht zu kennen. Einen schönen Jahresausklang Euch!

  20. Ich musste feststellen, bislang hab ich alles falsch gemacht bei Bratäpfeln! Zu kleines Loch, keine Soße, Rosinen drin.
    Das Rezept ist so so so lecker, dass selbst der Mann unbedingt wieder davon essen will, obwohl er Äpfel idR nicht mag, das will also was heißen!
    Danke dafür 🙂
    Nächstes Mal brauchen wir eindeutig noch größere Äpfel!

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