Gardam, Lewis, Diverses

In der FAZ gibt es einen Nachruf auf Jane Gardam, in welchem allerdings die Verdienste ihrer ersten Übersetzerin in die deutsche Sprache, Isabel Bogdan, versehentlich nicht gewürdigt werden. Wie auch immer, wenn Sie Jane Gardam nicht gelesen haben, was dann ebenfalls versehentlich wäre, holen Sie das ruhig nach. An den langen Sommerabenden oder so, es lohnt sich.

Siehe dazu auch im Guardian: A natural storyteller.

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Apropos Würdigung: Ein letztes Mal empfehle ich nach finalem Umblättern den „Gentleman über Bord“ von Herbert Clyde Lewis. Ein Roman aus dem Jahr 1937, vor zwei Jahren erst entdeckt und übersetzt (von Klaus Bonn). Der Titel umreißt und spoilert zugleich den Inhalt, ein Mann geht über Bord, absichtslos, durch banales Ausrutschen auf einem Ölfleck. Er hat dann im Pazifik viel Zeit, bis zu seinem endgültigen Untergang über sich und sein wenig bemerkenswertes Leben als mittelmäßiger Börsenmakler nachzudenken. Deutlich mehr Zeit, als er diesem Nachdenken sonst jemals zubilligen würde. Wie ergebnisreich dieses Nachdenken ist, darüber könnte man debattieren. Wie auch darüber, was es nützt, in seinen letzten Stunden noch zu Erkenntnissen zu kommen.

Ein äußerst elegantes Buch über den Tod, der die Leserinnen hier nicht tränendrückend erwischt, der sie zunächst eher kaltlässt, aber irgendwann doch noch fast unvermutet anfasst. Und die Frage, ob und was man selbst denken würde, allein im Pazifik, während es dunkel wird und das Schiff, von dem man fiel, gerade am Horizont verschwindet, sie erscheint nicht eben abwegig. Sie wird einem aber auch nicht aufgedrängt.

Die Passagiere auf dem Schiff, von dem dieser Gentleman gefallen ist, sie nehmen, nachdem ihnen sein Fehlen erstaunlich lange entgeht, einfach an, dass er gesprungen sein muss. Wie würde man sonst im Meer landen, einfach so, es ist doch etwas ungehörig. Und sie beginnen, seine Person nachträglich ein wenig umzudeuten, so dass dieser seltsame Abgang auch zu ihrem Bild von ihm passt. Eine feine Gesellschaft, aber eben: Die Gesellschaft, in geradezu lässig kurzen Beschreibungen festgehalten.

Auf der Verlagsseite stehen Rezensionszitate, ich gebe das der Gießener Allgemeinen wieder, es trifft besonders gut: „Auf nur rund 160 Seiten lässt Lewis Tragik und Komik gleichberechtigt nebeneinanderstehen, wirft die großen Fragen im Kleinen auf, wird bei aller Dramatik nie hysterisch. Es passiert nicht viel, und doch alles.“

Ein schmales Buch ist das, schön im Schuber, gepflegt mit Nachwort (Jochen Schimmang) und allem. Jetzt ans Schenken denken, es wird auch wieder Dezember. Irgendwann.

Das Buch "Gentleman über Bord"

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Und sonst: Herr Paul spielt mit ChatGPT und Thomas Gigold erklärt noch etwas zur bereits erwähnten BloggerRolle.

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2 Kommentare

  1. Der Nachruf auf Jane Gardam in der FAZ lässt wirklich zu wünschen übrig. Die Verdienste der Ubersetzungskunst von Isabel Bogdan nicht zu würdigen, ist mehr als nachlässig. Ihnen ist zu verdanken, dass diese Bücher hierzulande – zu Recht – so erfolgreich wurden.

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