Hollywood Sadcore, Hammerbrook Workforce

Auf dem mittwochmorgendlichen Weg ins Büro sehe ich in der S-Bahn auf dem Smartphone zufällig, dass man Lana Del Rey dem Genre „Hollywood Sadcore“ zuordnen kann. Den Begriff kannte ich noch nicht, aber er gefällt sofort. Später sehe ich beim Streamingdienst einige Playlists nach, die diese Zuordnung im Titel haben. In denen ist dann viel Lana Del Rey, und zwar nur Lana Del Rey. Sie ist die Schublade selbst. Ähnlich wie es in deutschen Literaturgeschichten jeweils ein Kapitel „Goethe“ gibt, eine Einzelpersonen-Schublade und -Show.

Muss man auch erst einmal schaffen, so etwas.

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Ein Werktag in dirty old Hammerbrook ansonsten. Wenig Bemerknisse zu verzeichnen. Nein, gar keine, null, nada. Nur die üblichen Komplikationen, dazu bekannte Eskalationen und Sonderfallroutinen. Was man so macht.

Das Büroprogramm allgemein fällt aber, so ist es immer kurz vor freien Tagen und Urlaubswochen, doch etwas schwerer als sonst. Die Motivation ist allmählich endenwollend. Und vor dem Bürofenster steht schon wieder als beharrliches Mahnmal der Lieferwagen mit der appellierenden Aufschrift: „Besser zuhause“.

Währenddessen pfeift ein wenig maienhafter Wind durch die Stadt. Nordwest bis West, gekühlte Grüße vom Meer elbabwärts. Aus den Außengastrobereichen fliegen wieder die Servietten davon, weiß flatterndes Treibgut in den Brisen. Die noch verbleibenden Gäste dort fragen wieder nach den wärmenden Decken und stellen außerdem zitternd die Entscheidungen zur Schulterfreiheit noch einmal grundsätzlich in Frage.

Bei uns in der Wohnung pfeift es in der Lüftung, als säßen wir in einer Blockhütte am Nordkap, und vor den Fenstern fliegen Möwen in Adlerdimensionen vorbei. Nordisch by nature, denke ich mir. Und versuche dennoch hartnäckig weiter, mich auf mein Hörbuch zu konzentrieren, das in den heißen Tropen spielt und heute kaum gegen die Szenerie um mich herum ankommt.

Beim Einkauf am frühen Abend wünscht mir die Kassiererin nach dem Bezahlen ein schönes Wochenende. Sie überlegt dann kurz irritiert und sagt: „Ach nein, ist ja Montag.“ Ich korrigiere sie nicht. Jedem seine eigene kalendarische Verwirrung, das haben wir uns alle längst verdient. Ich fühle nur intensiv mit, denn bei mir ist es gefühlt tatsächlich bereits Freitag. Ihr Wunsch war daher an den passenden Kunden gerichtet und vollkommen in Ordnung.

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Heute dennoch den Donnerstag abwickeln, versteht sich. Alles immer dennoch machen, es bleibt doch eine der verlässlichsten Regeln im Leben.

Farbiger Kreideschriftzug auf dem Pflaster: "Mach die Welt bunter"

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Porträt des Autors als Action-Star

Weiterhin bin ich übrigens hochzufrieden mit dem gerade gehörten „Tropenkoller“ von Simenon, gelesen, und zwar richtig gut gelesen von Charly Hübner, der mir gerne auch noch mehr vorlesen dürfte. Und auch mit dem nach guter alter Art abends auf Papier gelesenen „Scoop“ von Evelyn Waugh. Sehr gute Wahl, dieses beides, echtjetztmal.

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Demnächst habe ich eine Woche Urlaub, ohne dass damit allerdings besondere Pläne verbunden wären. Am Ende wird es, das sehe ich deutlich kommen, eine dieser Urlaubswochen sein, die man unwillkürlich mit Notwendigkeiten nichtberuflicher Art füllt, um sich am Ende dann über die zumindest auf den ersten Blick vertane Zeit zu ärgern. Ich nehme an, Sie kennen das. Wobei aber alle Kenntnis wenig zu nutzen scheint, es fällt dennoch schwer, derartiges gekonnt zu vermeiden. Mir zumindest.

Andererseits hilft es womöglich, diese Entwicklung vorzeitig und gleich mit händeringender Klageprophylaxe zu benennen. Denn ich weiß doch längst, dass dieses Blog ein erstaunlich wirkmächtiger Wort- und Textzauber ist.

Aber apropos Text und Wirklichkeit. Vor ein paar Tagen kam erfreuliche Briefpost, in der zu lesen war, dass die Regelung unserer Angelegenheiten, wie man so sagt, also Testament, Verfügungen etc., die wir im Winter unternommen hatten, nun abgeschlossen sei. Es wurde alles geregelt und durchsortiert. Wenn wir also ab jetzt plötzlich und dann wohl versehentlich ins Jenseits abbiegen würden, dann zumindest gutbürgerlich, gediegen und ordentlich, zumindest was die weltlichen Reste des Besitzes und der Organisation angeht.

Unterm Strich doch ein gutes Gefühl und, wie ich neulich schon einmal schrieb, eine Art Peak Erwachsensein.

An diesem Tag, an dem der Brief bei uns im Kasten war, versuchte man, mich umzubringen. Immerhin einigermaßen originell, mit einem Hartschalenkoffer der etwas überdimensionierten Art. So ein Koffer, in den Zubehör für eine Fernreise von vier Wochen passt. Das geschah auf einer Rolltreppe im Hauptbahnhof, die zu den U-Bahnen hinunterführte. Das sind diese etwas ungewöhnlich langen Rolltreppen. Bei denen man als Gast der Stadt bei erster Benutzung vielleicht so etwas denkt wie: „Oha, da geht es aber tief runter!“ Und genau so ist es auch.

Ein menschenleerer Gang in der Hamburger U-Bahnstation am Hauptbahnhof

Da fuhr ich also hinab, wie ich es an jedem Tag tue, und war schon fast unten, als es hinter mir rumpelte und jemand etwas rief. Ich drehte mich nach den Geräuschen um und reagierte dann in einer Weise actionfilmtauglich, die ich mir ernsthaft schon seit längerer Zeit nicht mehr zugetraut hätte. Denn es flog da dieser Hartschalenkoffer etwa in Kopfhöhe und in hoher Geschwindigkeit auf mich zu, großkalibriges Geschoss nichts dagegen.

Aber wie gesagt, ausgewichen wie Jackie Chan. Weder mein Rücken noch ich hatten auch nur eine Ahnung, noch derart beweglich zu sein.

Reisende hatten oben am Kopf der Treppe beschlossen, ihre riesige Gepäckmenge allein hinunterfahren zu lassen. Das wird man ja nicht alles festhalten müssen während einer so ruhigen Fahrt, was soll denn schon passieren? Da stellt man den Koffer kurz hochkant auf diese Stufe und guck, da fährt er schon hinunter. Und oh, da stürzt er und nimmt nach zwei, drei ungelenken Hopsern über die nächsten Stufen auch ganz ordentlich Fahrt auf.

Dann gellende Schreie der Warnung, dass man bloß nicht noch so kurz vor der Abreise jemanden erlegt. Denn das wäre ja ebenso ärgerlich wie hinderlich, dazu noch versicherungstechnisch gewiss verdammt kompliziert. Sehr erfreulich also, dass der Typ am unteren Ende der Treppe dann gelassen wie ein Shaolinmönch reagierte. Hätte man ihm gar nicht angesehen, solche Skills.

Na, wie auch immer. Wäre ich nicht ausgewichen, hätte dieser Koffer mich also womöglich erlegt, die Herzdame hätte sicher für den Rest ihres Lebens immer wieder erzählt, dass am gleichen Tag, als damals dieser Brief bezüglich des Testamentes kam …

Aber wer hätte ihr das schon geglaubt.

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Und hier noch eben ein entspanntes Sommervideo. Sozusagen im Vorausgriff auf die Woche nach dem Urlaub, zumindest vom Titel des Songs her. Chillen am See mit Fortuna Ehrenfeld:


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Montag, Mehrarbeit

Der Wochenfehlstart am Montagmorgen diesmal mit enttäuschten Erwartungen, anschwellenden Alltagssorgen und geisttötender Gesamtlage bei immerhin gutem Wetter, wie man es früher nannte. Man nimmt, was man kriegen kann, und schlimmer geht es immer.

Fast hätte ich am Morgen allerdings nichts geschrieben, keinen Blogeintrag und auch sonst nichts, sondern gleich das Home-Office gestartet. Noch vor den üblichen Bürozeiten, zu arg streberhafter Stunde. Denn der Kanzler möchte doch, Sie werden es gelesen haben, dass wir alle mehr arbeiten, wir faulen Hunde. Das mit den Hunden hat er nicht gesagt, nur gedacht, und auch das wissen wir nicht genau.

Kreideschriftzug auf dem Pflaster: "Die Unfähigkeit nimmt sich zu ernst"

Dann fiel mir in letzter Sekunde gerade noch der rettende Gedanke ein, dass das Schreiben bei mir doch auch Arbeit ist. Wenn man mehrere Berufe hat, so wie ich, dann muss man die jetzt wohl oder übel gegeneinander ausspielen. Man wird nicht in beiden gleichzeitig mehr, noch mehr leisten können, Multitasking ist ein Märchen, wie wir lange schon wissen. Aber wonach entscheidet man da, was wählt man, wie gewichtet man seine Prioritäten. In welchen Teil des Tages oder der Woche gehört die so dringend benötigte Mehrarbeit denn nun, wo stapelt man die Stunden hin.

Das sagt einem wieder keiner.

In den Philosophie-Arbeitsblättern des einen Sohnes geht es gerade um den Utilitarismus, las ich am Sonntag. Dabei entscheidet man jeweils, so steht es da jedenfalls in der Kurzfassung, alle Fragen nach dem größtmöglichen Glück oder doch wohl eher Nutzen für die größtmögliche Anzahl von Menschen. Also in der Folge der jeweiligen Entscheidung.

Und ich habe, da gibt es gar nicht viel zu überlegen, bei weitem mehr Leserinnen als Kolleginnen. Zumindest dann, wenn ich die Firma einmal auf ihren deutschen Teil beschränke, und wer kann schon immer einen Weltkonzern mitdenken. Also bitte.

Und dann schrieb ich also doch wieder weiter und mehr. That was easy!

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Zu den Fundstücken des Wochenendes gehörte noch das folgende in der Ukraine gedrehte Video, welches mit dieser vielversprechenden Einblendung begann: „Starring Florence Welch as herself and Bill Nighy as her anxiety“, und ich fand es ab diesem Moment schon geradezu unwiderstehlich.

Aber auch sonst, wie sagt man – relatable.

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Monday – Crying in my Latte

Ich habe am Wochenende viel Zeit auf YouTube verbracht und stundenlang Musik von damals angesehen. Es war gerade das entspannteste Chill-Verfahren, das mir spontan zur Verfügung stand, und das dabei ebenso mach- wie bezahlbar wirkte. Ich habe dabei aber auch noch anderes gefunden, nicht nur Songs. Etwa die Schweizer Sendung SRF Kultur Sternstunden. Die kannte ich nicht, da könnte ich mir aber noch einiges ansehen, denke ich.

Angefangen habe ich mit Sven Regener. Der hier über die Kunst und das Leben spricht, auch über das Verfassen von Romanen und Liedtexten, das Handwerk des Schreibens und den Kern und Sinn des Ganzen.

Das fand ich alles interessant. Ich habe mir manche Sätze sogar zweimal angehört, quasi maximale Eskalation.

Ein nachdenkender Mensch ist er, der Herr Regener, da höre ich dann gerne zu. Bei aller Tiefe der Gedanken war mir aber diese eine Gesprächsstelle besonders sympathisch, in der er der Schweiz scherzhaft „Schnee, Berge und solchen Kram“ attestierte. Woraufhin die Moderatorin etwas pikiert und als Schweizerin sichtlich getroffen anmerkte, dass Berge doch wohl kein Kram seien. Und er antwortete: „Doch, sehr großer Kram.“

Der Schriftzug "Liebe" ganz unten an einem sehr dreckigen Schaufenster

Ebenfalls aus dieser Reihe sah ich das Interview mit Ian McEwan über gelingendes Leben. Was ich für eine ausgesprochen schreckliche Formulierung halte, aber egal. In dem Gespräch ging es auch um seinen Roman „Lektionen“, den ich neulich erst gelesen und für gut befunden hatte.

Im Musikbereich habe ich unter anderem gesehen, dass die Sparks nach wie vor aktiv und vorne sind. Ihr fortgeschritten schräges Video mit der in Reclamgelb tanzenden Cate Blanchett habe ich vor zwei Jahren zwar komplett verpasst, es scheint mir aber hervorragend geeignet für einen Montagmorgen. An dem sich die Zielgruppe für die im Refrain genannte Beschäftigung bekanntlich immer wieder sprunghaft vergrößert: So many people are crying in their Latte.

Wenn man als Ausgleichsmaßnahme wieder Amüsement braucht, kann man einfach die zahlreichen Kommentare unter dem Clip lesen, auf dem Marktplatz der Meinungen wird dort vieles angeboten. Diesen Kommentaren entnahm ich auch das schöne Wort Reclamgelb und las außerdem mit Vergnügen, dass auf Konzerten der Band nun stets mehrere Frauen in diesem Outfit aus dem Video erscheinen und der Choreografie der Schauspielerin folgen.


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Bedarfsmeldungen

Ob ich nicht vielleicht einen Euro hätte, fragt mich jemand aus liegender Position am Wegesrand aus einem Schlafsack heraus, schon bei meinem ersten Gang vor die Tür. Ob ich Kleingeld hätte, das fragt ein anderer Mensch etwas später. Ob ich irgendetwas hätte, und das geht dann immer so weiter, durch das kleine Bahnhofsviertel, durch die Innenstadt. Die Fragen fahren in der S-Bahn mit und reichen bis Altona. Ob ich gerade mal einen Schein hätte, ein paar Münzen oder irgendwas an Geld. Eine kleine Spende, etwas Hilfe, eine Unterstützung. Ob ich denn nicht etwas übrig hätte. Alle formulieren etwas anders, und manche strecken einem die leeren Hände dabei bettelnd entgegen, manche nicht. Crackjunkies sind dabei, welche die Hände gar nicht ausstrecken können, weil sie die fortwährend auf die Eingeweide drücken müssen, in denen es krampft.

Pappbecher werden mir entgegengehalten, leere Dosen, eine Mütze, ein Hundefressnapf.

Manche der Bettelnden lächeln. Manche haben längst leere Gesichter, ein Mann weint. Aber der, würden manche wohl einschränken, und das kennt man schon von dem, der weint ja immer. Und dann zählt es weniger, meinen sie vermutlich damit, und ich weiß nicht, ob sie Recht haben. Aber es stimmt, er weint immer, wenn man ihn sieht.

Sie sammeln jedenfalls alle Geld, ich sammele die Varianten der Wünsche.

Ob ich einen Kaffee ausgeben könnte. Ob ich ein Brötchen abgeben könnte, aus meiner Papiertüte da. Und es wird darauf gezeigt, auf diese Tüte, denn die sieht groß aus, es ist eben eine Familientüte. Ob ich vielleicht was zum Kiffen hätte, ob ich eine Zigarette hätte, eine Schachtel Zigaretten, irgendetwas zum Rauchen oder, lachend gefragt, sonstige Drogen, nein? Ob ich ein paar Bier holen könnte.

Ob ich einen Moment Zeit hätte. Ob ich helfen könnte, ob ich kurz mal gucken könnte. Das Letzte wird in gebrochenem Deutsch gefragt. Eine Frau spricht mich an und zeigt zur Erklärung auf eine kleine Gruppe weiter hinten, vor einem Supermarkt. Da steht eine zu mir gestikulierende Frau, die etwas besser Deutsch spricht als die, die mich angesprochen hat, aber auch nicht sicher. Und die wiederum spricht mit einer alten Frau, die im Rollstuhl sitzt und zahnlos um Hilfe bittet. Die Frauen verstehen nicht, worum sie bittet, aber sie nehmen die Lage ernst, wie es aussieht. Hier braucht jemand etwas, da kümmert man sich. Dieses eine Wort, welches die Frau im Rollstuhl so oft wiederholt, das kennen sie aber nicht. Und dann haben sie mich gesehen.

Ich sehe sowohl einheimisch als auch ansprechbar aus, muss ich wohl ableiten. Letzteres ist eine eher neue und mich überraschende Entwicklung, aber es bestätigt sich in letzter Zeit immer wieder. Ich entwickle mich, sicherlich alters- und kleidungsbedingt, zum Grüßgesicht und zur Vertrauensperson mit Betreuer-Ausstrahlung. Ohne dem in den meisten Fällen auch nur ansatzweise gerecht werden zu können.

Die Frau im Rollstuhl spricht Deutsch, ich spreche das auch. Ich verstehe also gleich, worum sie bittet, nämlich um eine Tube Meerrettich. Da haben wir die seltsame Vokabel. Gibt es Meerrettich in der türkischen Küche, das müsste ich erst nachschlagen. Aber nicht sofort, das wäre unhöflich und würde im falschen Augenblick ablenken.

Eine blaue Tube Meerrettich hätte sie gerne, wie sie gleich darauf präzisiert, und die Farbe wird stark betont. Womöglich gibt es auch andersfarbige Tuben, die dann aber falsch wären, die will sie nicht. Sie habe leider kein Geld, sagt sie, fast gar kein Geld, und zuhause nur noch trocken Brot. Warum sagt man trocken Brot und nicht trockenes Brot, aber egal. Sie hätte jedenfalls so furchtbar gerne Meerrettich dazu, und zwar den aus der blauen Tube, aus der blauen! Aber kein Geld habe sie nicht, sagt sie, fast nichts habe sie. Und mit dem Rollstuhl komme sie ja auch gar nicht durch diesen engen Bahnhofs-Supermarkt, in dem es tatsächlich volksfesthaft voll ist, und der sei doch auch so eng. Und dann mit dem Rollstuhl.

Die beiden Frauen, die mich angesprochen haben, sehen unserem Dialog noch kurz zu und gehen dann weiter. Sie sind hier fertig und hatten so weit Erfolg.

Ich habe Zeit und ich habe auch genug Geld für eine Tube Meerrettich. Ich gehe in den Laden, suche das Zeug und stehe dann Zeit in der Warteschlange an der Kasse ab. Es ist mir aber alles recht, ich höre Musik dabei und sortiere Playlists. Dabei kann man ruhig noch etwas anderes machen und sogar fremden Leuten helfen, wenn es sich so ergibt. Draußen nimmt die Frau im Rollstuhl die Tube entgegen und sagt mit deutlicher Überraschung in der Stimme: „Und dann kauft der sogar das Richtige!“

Als hätten, wie in einem Märchen vielleicht, sechs falsche Prinzen vor mir schon falsche Tuben gekauft. Dabei habe ich im Markt nachgesehen, es gibt den da überhaupt nur in blauen Tuben. Wie auch immer, die Frau wirkt äußerst erfreut, strahlt und will mir dann doch noch ein paar Münzen in die Hand drücken, die ich nicht nehmen möchte. Ich winke ab und gehe weiter. Sie ruft mir laut Lob und Dank hinterher. Durch die Bahnhofshalle ruft sie, dass die Passanten sich kurz umsehen.

Unfreundlichkeiten und Schmähungen werden einem in dieser Stadt leichter und häufiger nachgerufen, denke ich und setze die Kopfhörer wieder auf. Und dass das jetzt immerhin ein positiver Moment an diesem Tag gewesen sei, das denke ich auch. Manchmal muss man sich selbst darum kümmern, dass es welche davon gibt, und dann kosten sie gerade so viel wie eine blaue Tube Meerrettich. Manchmal fallen sie einem einfach zu, diese Momente, aber dann fallen sie weniger auf.

Ob ich von hier sei, werde ich ein paar Meter weiter gefragt. Mit einer vagen Geste, die etwas zaghaft und unsicher durch die Bahnhofshalle kreist. Als ob irgendwer von da sei. Ich sage: Mehr oder weniger. Und erkläre, denn das wollten die Städtereisenden wissen, die mich da gefragt haben, wo die Züge nach Flensburg abfahren. Lost in Altona.

Ein Gleis am Bahnhof Altona

Ob ich einen Euro hätte, werde ich zehn Meter weiter wieder gefragt. Oder Kleingeld oder etwas Essbares. Ob ich etwas kochen könne, fragt schließlich ein Sohn, aber da bin ich schon wieder zuhause. Ob ich mir die Philosophie-Arbeitsblätter des anderen Sohnes mal ansehen könne, das fragt mich die Herzdame. Die Blätter zu den deontologischen Entscheidungen. Was auch immer das sein mag, den Begriff habe ich nie gehört. Oder ich habe ihn vergessen.

Es werden so lange Bedarfe angemeldet, bis man sich selbst am Abend fragt, ob man nicht auch ins Bett gehen könnte, ob man lesen könnte, chillen könnte, schlafen könnte, unzuständig für alles.

Ob ich bitte etwas Nettes träumen könnte, frage ich noch ins Ungewisse. Und dann habe ich keinen Bedarf mehr.

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Sommervorbereitungen

Es werden in den Medien gerade Annahmen zum Sommer in diesem Jahr veröffentlicht, die ich nicht sympathisch finde. Höllensommer, Hitzesommer, das ist nun wirklich nicht nach meinem Bedarf. Das brauche ich nicht, nein, das lehne ich sogar ab. Wo kann ich irgendeine sinnlose Petition dagegen unterschreiben und hinterher darüber bloggen, um als engagierter Bürger etwas getan zu haben, also zumindest gefühlt.

Die S-Bahn-Station in Hamburg-Hammerbrook

Aber dennoch – immer auf alles vorbereitet sein! – stimme ich mich schon einmal ein und denke mit. Oder ich versuche es wenigstens. Literaturgestützte Prophylaxe durch geschickte Titelwahl, das geht nämlich auch, siehe Bibliotherapie. Von Blogtherapie spricht übrigens wieder keiner, damit müsste auch einmal jemand anfangen, aber das nur nebenbei. Wenn man Blogtherapie googelt, findet man vor allem bloggende Psychotherapeutinnen, und so war es gar nicht gemeint.

Wie auch immer, ich höre jedenfalls den „Tropenkoller“ von Georges Simenon, übersetzt von Hansjürgen Wille, Barbara Klau und Ulrike Ostermeyer, ungekürzt gelesen von Charly Hübner. Ein Buch aus dem Jahr 1933, einer von Simenons ersten Non-Maigret-Romanen.

Die Geschichte spielt in Gabun, der Autor kam aus Belgien und schrieb in Frankreich, der Vorleser und der Hörer kommen aus Norddeutschland, einmal West, einmal Ost. Was für ein Gemisch der Regionen und Kulturen, aber es stört gar nicht. Unpassend ist eher, dass die Hauptperson darunter leidet, in der Geschichte nichts zu tun zu haben. Er findet kein To-Do unter der tropischen Sonne, weit und breit nicht. Da fällt es mir nicht unbedingt leicht, mich einzufühlen, meine Lage ist doch etwas anders.

Aber egal, Herausforderungen einfach mal annehmen, auch wenn es um die Vorstellungskraft geht.

Damit mir die Gegenwart und ihre unerfreulichen Themen beim Hörgenuss aber nicht flöten gehen, schreibt der Herr Simenon im Roman kritisch über Rassismus. Und wenn man zusätzlich etwas sekundär nachliest, findet man selbstverständlich, es kann fast nicht anders sein, wiederum vehemente Kritik an seiner Rassismuskritik. Debattenverästelungen und Komplikationen ganz nach Belieben. Man kann es alles beflissen zur Kenntnis nehmen, man kann es auch lassen, es ist auf jeden Fall wie immer alles sehr kompliziert. Darauf immerhin ist Verlass.

Passende Musik fand ich dazu, denn der radikalsympathische Herr Hübner, der mir da gerade so gekonnt über eine tragisch scheiternde Liebe in den Tropen vorliest, er spielt auch in einem thematisch adäquaten Video mit. Gemeinsam mit seiner Frau und dann noch zur Musik einer ohnehin geschätzten Band.  Ich bin so weit zufrieden, doch, doch.

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Ein Lied, beim Rasieren zu pfeifen

„J’ai la mémoire qui flanche”, singt Jeanne Moreau 1963. „Mein Gedächtnis lässt nach.“ Ein Lied von Serge Rezvani (bzw. Cyrus Bassiak, so sein Pseudonym), der vorher auch das viel bekanntere „Le Tourbillon“ aus dem Film Jules et Jim von Truffaut geschrieben hat.

Hier eine Aufnahme, die wie nebenbei gemacht wirkt, und so war es wohl auch tatsächlich. Nicht so munter und vergnügt hüpfend im Klang wie die Schallplattenaufnahme dazu, aber es ist ausreichend für meine kleine Maimusikreihe.

J’ai la mémoire qui flanche
J’me souviens plus très bien
Comme il était très musicien
Il jouait beaucoup des mains
Tout entre nous a commencé
Par un très long baiser
Sur la veine bleutée du poignet
Un long baiser sans fin.

„Mein Gedächtnis lässt nach, ich erinnere mich nicht mehr genau. Aber weil er sehr musikalisch war, spielte er viel mit den Händen. Alles begann mit einem sehr langen Kuss auf die blaue Ader am Handgelenk, ein Kuss ohne Ende.“

Die Übersetzung ist von mir und ist also ohne Gewähr, da nur unteres Schulniveau. Am Schluss des Chansons, um das noch eben rücksichtlos zu spoilern, bleibt dem schwächer werdenden Gedächtnis der singenden Dame nicht einmal mehr sein Name bewusst. Nur noch die kleine Melodie, die er immer morgens beim Rasieren gepfiffen hat, sie bleibt von ihm und von der kleinen Geschichte zwischen ihnen.

Wenn das Lied im Kopf nach dem Abspielen des Videos noch etwas nachhallt, kann man diese Melodie selbst kurz pfeifen. Auch wenn sie einem dann auf einmal etwas schwieriger vorkommt, als sie gerade noch geklungen hat. Es ist dennoch gut für die Stimmung, ich habe das gerade für Sie getestet.

Und weil die andere, die große Geschichte überall nachwirkt und bleibt, weil das beherrschende Thema „Der Rechtsradikalismus in diversen Jahrzehnten“ sich wirklich überall und immer wieder spiegelt, zitiere ich noch eben aus der französischen Wikipedia zu dem Lied:

Es enthält eine Anspielung auf die Farbe „Grünspan“ (Übersetzung des Feldgraus der Wehrmacht während der Besatzungszeit).

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Blick vom Rathausmarkt zu Sankt Petri

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Elixiere für alle

Im Home-Office habe ich längere Zeit auf Problemen herumgedacht, die sich sämtlich nicht durch KI lösen ließen. Und zwar nicht einmal ansatzweise. Obwohl doch schon seit Monaten überall so viel von all den möglichen Lösungen die Rede ist. An jeder Ecke werden die schier endlosen Optionen beschrieben und auch vorgeführt. In gefühlt jedem Medium erscheinen marktschreierische Meldungen über das, was auf einmal geht und was gleich noch alles gehen wird. Und was alles in drei, fünf, zehn Jahren erst gehen wird, wahrhaftig vieles ist es, nahezu alles ist es und sehr schnell wird es ermöglicht werden.

It’s nearly everything everywhere all at once.

Nur passt es alles nicht recht zu dem, was ich da gerade auf dem Tisch bzw. auf dem Bildschirm habe. Es ist super mit dieser KI oder AI, doch, doch, ich sehe es auch ein, ich kann das nachvollziehen und sehe es ja in zahllosen Videos und Artikeln und überhaupt in der Theorie. Aber es ist nur super für das, was da gerade als Beispiel beschrieben oder gezeigt wird. Meine Anforderungen sind regelhaft seltsam anders, irgendwie unpassend. Als hätte ich mir nicht die richtigen Probleme ausgesucht. Was dann noch so ein neues Problem wäre, auf das ich noch gar nicht gekommen war.

Manchmal passt das alles gerade eben nicht, das Ziel wird dabei nur äußerst knapp verfehlt, aber vorbei geht es eben doch und hilft mir also nicht. Manchmal ist es so meilenweit daneben, dass ich mich unwillkürlich frage, ob es an anderen Arbeitsplätzen tatsächlich auch so dermaßen anders zugeht. Dann muss ich zur eigenen Beruhigung erst wieder mit Bekannten reden. Bei denen auch vieles nicht geht, wie ich dann aufatmend höre. Und dann geht es wieder eine Weile, also emotional.

Jedenfalls aber ist so dermaßen vieles nicht anwendbar oder zumindest nicht gerade so anwendbar oder zumindest nicht in diesem Moment und leider auch nicht bei ausgerechnet diesem Problem oder nicht in dieser Firma, in diesem Land, in diesem Monat …  Was geht hier eigentlich vor.

Es fühlt sich wahrhaftig allmählich so an, als gäbe es endlich neues und diesmal wirklich, wirklich gutes Schlangenöl, welches garantiert gegen fast alle Gebrechen hilft, was auch im Gegensatz zu den früheren Schlangenölprodukten einwandfrei nachweisbar und reproduzierbar ist. Ladies and Gentlemen, kommen Sie, sehen Sie, staunen Sie, greifen Sie zu. Es heilt nahezu alle Krankheiten und Plagen, es befreit uns von tausend Beschwerden, ja, es errettet uns vom Siechtum schlechthin.

Nur gerade gegen mein spezielles Leiden, da hilft es allerdings dummerweise nicht. So steht es auch auf dem Beipackzettel nüchtern und recht kleingedruckt vermerkt. Aber sonst, echtjetztmal – es ist ein wahres Wunder, dieses sensationelle neue Schlangenöl. Es werden so viele nachweisbar glückselige Kunden bedient. Ich aber bekomme nichts.

Na, so ähnlich fühlt es sich jedenfalls an. So sad, wie ein gewisser Präsident da vermutlich sagen würde.

Hochhausfassden in Sankt Georg, Glasfronten, in denen sich Wolken und blauer Himmel spiegeln

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Bei der Musik halte ich es für sinnvoll, auch einmal abseitige Tendenzen zur Kenntnis nehmen. Gerade im Mai, in dem all unsere Probleme, die richtigen und die falschen, uns wie immer und üblich zwar erhalten bleiben, aber immerhin freundlicher ausgeleuchtet und auch gut durchgelüftet werden.

Passend dazu ein kryptisch-trauriges Lied von Bob Dylan – aber in der leichteren Progressive-Bluegrass-Coverversion der Country-Gentleman. Warum auch nicht.

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Trocken und schön

Im Wetterbericht sehe ich weiterhin keinen Regen, und zwar weit und breit nicht. Die Herzdame meldete am Wochenende aus dem Garten, dass der Rasen dort bereits aussehe wie sonst im August, also nach der großen Sommerhitze, dem Herbst schon zugeneigt. Und so gehört es nicht im Mai. Der trockenste Frühling seit fast hundert Jahren ist es, die Umweltverbände melden Notstände bei Amphibien etc. Das sind keine guten Nachrichten, aber es fällt dennoch allgemein schwer, sich über „gutes“ Wetter im Mai nicht zu freuen. Man kann immerhin draußen sitzen, Aperol und alles. Guck mal, die Sonne im Glas.

Auf Reddit schreibt jemand, der zum ersten Mal länger in Hamburg ist, dass das Wetter hier doch gar nicht so schlecht sei im Frühling. Es kommt zu einer verwirrenden Diskussion darüber, die damit endet, dass man gut und schlecht wohl neu definieren müsse, denn es passt alles nicht mehr: „Some interesting answers so far. Now I’m confused. When people say „bad“ – does bad mean „cold“, „hot“, or unpredictable? Everyone is saying „hot“ is bad. But I’m guessing this whole bad weather idea has been around since before climate change. Did it mean „cold“ before and „hot“ now?“

Apropos Reddit: Dort schlägt mir der Algorithmus, weil ich mich für Hamburg interessiere, Folgendes vor: Hier sind die Seiten für Köln und Leipzig. Mein Respekt vor Algorithmen ist nicht immer sehr ausgeprägt. Aber das nur am Rande, pardon, ich schweife ab.

Ein weißer Aufkleber, mit Edding beschriftet: Relevanz

Wir scheinen jedenfalls für solche Ereignisse und Veränderungen im Wetter und im Klima keine adäquaten Reaktionen parat zu haben. Wir können damit weder emotional noch rational gut umgehen.

Noch ein Spezialproblem also. Als ob wir nicht bereits genug davon hätten.

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Einen Artikel in der Harvard Business Review fand ich außerdem interessant, obwohl ich kein Freund von Infografiken bin, eher im Gegenteil: How people are really using Gen AI in 2025 (Artikel eventuell hinter Paywall, aber nicht in jedem Fall). Man beachte die vielleicht unerwartet prominenten Anwendungsmöglichkeiten „Therapy/Companionship“ sowie „Finding purpose“. Bevor man sich darüber aufregt, dass diese Anwendungsfälle überhaupt in Betracht kommen, sollte vielleicht schlüssig beantwortet werden, wer oder was denn wohl diese Lücke hinterlassen hat, die hier durch KI tatsächlich oder vermeintlich geschlossen wird.

Es ist eine offene Frage. Jede und jeder kann die üblichen Verdächtigen aus seiner Sicht benennen.

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Zurück zur kleinen Musikreihe „Maximilians Maimelodie“: Neulich habe ich Momus wiedergefunden. Eigentlich heißt er Nicholas Currie, umbenannt hat er sich nach dem griechischen Gott des Spottes, das ist schon einmal ein guter Anfang.

Sein Lied mit dem abgedrehten Titel „A Complete History of Sexual Jealousy, Parts 17-24“ habe ich früher (1988 erschien der Song auf dem Album „Tender pervert“) geliebt – und dann jahrzehntelang komplett vergessen.

Es war mir ein Fest, da wieder reinzuhören, und sogar noch einige Texttrümmer parat zu haben, nach all der Zeit. Und es warf am Rande die Frage auf, was ich wohl noch alles wiederzuentdecken habe, was für Freuden da bisher unentdeckt geblieben sind. Man wird immer weiter Musik hören müssen, um dem in Ruhe nachzugehen, und es gibt wirklich schlimmere To-Dos.

Dann habe ich noch etwas zum Künstler nachgelesen, wie es sich bei mir gehört, siehe die Wikipedia etwa hier. Dann habe ich etwas mehr von ihm gehört und prompt Passendes für diese Reihe gefunden. Denn es hat einen gewissen frühlingshaften Klang, hat es nicht?

“I like you, and I’d like you to like me to like you
But I don’t need you.
Don’t need you to want me to like you.
Because if you didn’t like me
I would still like you, you see.
La la la”

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Mittelgroße Steine werfen

Es gibt eine neue und wiederum linkreiche Monatsnotiz bei Nicola.

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Gehört: Noch einen Thomas Mann aus der Sonderreihe der ARD-Audiothek. Mario und der Zauberer, Gelesen von Gert Westphal, da hört man eh gerne zu. Eine Geschichte mit Faschismus-Content, es passt noch zum Datum, zu den zahlreichen Erinnerungs-Events und auch zu den Antifa-Demos in der Innenstadt.

Weiße Schrift auf dem Pflaster: Nie wieder Faschismus

Unabhängig von allen politischen Fragen genoss ich eine Formulierung, bei der es um starke Hitze ging. Genauer ging es um einen zwar kurzen, aber als unerträglich heiß empfundenen Weg von der Pension zum Strand durch die südlich sengende Sonne, ohne den Schutz schattenspendender Häuser oder Mauern, unter dem gnadenlos wolkenlosen Italiensommerhimmel. Dieser strapaziöse Weg ans Meer wurde da, so Thomas Mann, für die urlaubende Familie aus Deutschland zu einem „im Voraus beseufzten Unternehmen“.

Und das ist doch allemal eine Wendung, die möchte man sich einpacken lassen. Für irgendeine später einmal passende Gelegenheit. Ein im Voraus beseufztes Unternehmen. Ja, ich bin absolut sicher, man wird es im Alltag anwenden können.

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Simon Sahner schreibt über die lauter und häufiger werdenden Forderungen nach mehr Arbeit, nach Überstunden, nach Arbeit statt Krankheit etc.: Wenn die Stechuhr beim Stechen schweigt – Über die unablässigen Forderungen nach mehr Leistung und Arbeit. Ein nachvollziehbarer Text, und es kommt sogar mein alter Freund Bartleby darin vor.

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Das Wochenende verbrachte ich, wie Thomas Mann sagen würde, nicht ohne Belästigung. Er äußert sich gerade in „Mario und der Zauberer“ äußerst abfällig über das in Massen auftretende mediokre Volk, dem möchte ich mich allerdings nicht anschließen. Diese Form der Arroganz scheint mir nicht mehr zeitgemäß, da ist mittlerweile mehr Zurückhaltung geboten. Und medioker, das kann ich immerhin auch. Es ist alles nur eine Frage der Betrachtung. Ich schlage eben die sinnverwandten Begriffe nach, als da wären mittelprächtig, mittelmäßig, durchschnittlich, angeschlagen, bescheiden, fragwürdig, leidlich, mäßig, mitgenommen und auch verbraucht.

Wer also am Ende der nächsten Woche nicht verbraucht ist, der werfe den ersten mittelgroßen Stein.

Den Hafengeburtstag gab es jedenfalls, wieder mit Hubschraubereinsatz, Feuerwerk, Millionen Besucherinnen etc. Außerdem leisteten die Damen- und auch die Herrenmannschaft eines lokalen Sportvereins Besonderes, was dann lautstark und nächtelang gefeiert wurde, bei Konsum wahrer Unmengen von Alkohol. Ich lag nachts ruhegestört wach, hielt geistig Abstand und versuchte zu gönnen. Mit eher mäßigem Erfolg.

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Ansonsten geht es im Folgenden weiter mit der gestern begonnenen Maimusik. Vielleicht schaffe ich eine Reihe bis zum Beginn des Junis.

Heute gibt es eine etwas ältere, federleichte Jazznummer der geschätzten Blossom Dearie (Wikipedia): They say it’s spring.

„When I was young I lived in a world of dreams
Of moods and myths and illusionary schemes
Though now I’m much more grown up
I fear that I must own up
To the fact that I’m in doubt of
What the modern cynics shout of

They say it’s spring
This feeling light as a feather
They say this thing
This magic we share together
Came with the weather too.“

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