Vorweg bin ich hoch erfreut über die freundliche Zusendung eines Fedoras. Ich brauchte eine Fortsetzung des sommerlichen Strohhuts, der im Herbst doch etwas seltsam wirken würde. Das Exemplar passt tadellos, herzlichen Dank!
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Gehört: Eine Folge von „Das Wissen“ beim SWR: „Tagebücher – Warum wir sie schreiben und wie die Forschung sie nutzt.“ Das hat Querbezüge zu Blogs, wenn man sie wahrnehmen möchte. Eine tagebuchähnliche Veranstaltung ist ein Blog immerhin in vielen Fällen, wenn auch nicht in allen. Aber der Anfang der Bloggerei, die Älteren erinnern sich, war damals schon so gemeint.
Falls das Thema Tagebuch für Sie von Interesse ist, lesenswert dazu ist auch Olaf Georg Klein mit seinem Titel: Tagebuchschreiben, besonders einladend geschrieben und das Thema aus etlichen Richtungen betrachtend. Und dann natürlich das kulturgeschichtliche Standardwerk von Gustav René Hocke: Europäische Tagebücher, ein formidabler Wälzer für besonders lange Winterabende.
Und falls jemand Tagebücher direkt konsumieren möchte, ohne literaturgeschichtliche Umwege, ich empfehle die von Brigitte Reimann und Peter Rühmkorf.
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Im tagebuchartigen Kontext, wo ich schon dabei bin, ist festzuhalten: Bei 3 Grad um 5 Uhr bietet der Sonnabend den ersten gültigen Winterjackenmorgen. Hat man dieses Gefühl auch einmal wieder gehabt. Ich spüre beim Gehen in der Kälte das seltsame Verlangen, eine Cordhose besitzen zu wollen. Das ist ein Gefühl, dass ich vielleicht noch nie vorher gehabt habe, ich kann mich zumindest nicht daran erinnern. So ändert sich die Persönlichkeit schleichend immer weiter in Ausprägung und Habitus. Man kann sich darauf kaum vorher einstellen, man kann es nur so zur Kenntnis nehmen, wenn es eintritt. Ich fühle hin, nicke und merke den Erwerb vor, warum sollte ich mich dagegen wehren.
Demnächst mal nach so etwas sehen. In den letzten Kaufhäusern der Stadt, solange es sie noch gibt.
Beim späteren Brötchenholen trägt die Kundin vor mir einen märchenhaft anmutenden nachtblauen Überwurf mit hermelinartigem Pelzbesatz, Krönungsmantel nichts dagegen. Ich muss über die Absurdität von Cordhosen nicht nachdenken, wenn andere in solche Dimensionen vorstoßen, nehme ich an. Sie trägt außerdem Hörner auf dem Kopf, goldene Hörner, um genau zu sein. Sie ist beim näheren Hinsehen schon etwas Besonderes, bestellt aber auch nur das normale Zeug, wie wir alle, Schrippen und Laugenbrötchen. Es ist fast ein wenig enttäuschend.
In den Messehallen gibt es wieder die Polaris Convention, die Stadt ist also voller bizarrer Cosplayer. Ich mag, dass man hier nicht einmal in krass abgedrehten Outfits auffällt, dass man nicht einmal dann zwingend zum Hingucker wird, nach dem sich alle umdrehen, selbst wenn genau das beabsichtigt ist.
Man kann die Toleranz in der großen Stadt immer auch als Desinteresse deuten, aber man muss es nicht. Solche Szenen wie die beim Bäcker am Morgen sind Vexierbilder, seltsam changierend zwischen Ignoranz und Liberalität.
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Noch später sind wir in den Garten gefahren und haben dort das Wasser abgestellt. Was stets ein mühsames Unterfangen ist; wir müssen dafür erst einen der noch gelenkigen Söhne überreden, in einen engen, dunklen, teils gefluteten Schacht voller Schnecken und Spinnen hinabzusteigen und dort ganz unten dann, im Wasser stehend, am Hahn zu drehen.
Wir haben außerdem die ersten Sachen aus der Laube geräumt und nach Hause gefahren. Es muss nun einiges aus der Kälte, in so einem Bretterhaus kann es bald frieren, winter is coming.
An den Ranken hinter der Laube hängen noch letzte Herbsthimbeeren, schmecken aber längst nicht mehr. Schmecken nur noch nach kaltem Oktoberregenwasser in Fruchtverdichtung, schwach aromatisiert und kaum gesüßt.
Die Fliegenpilze aber stehen so malerisch wie im letzten Jahr auf dem Rasen, und wieder kniee ich wie anbetend davor, um das Bild fürs Blog zu machen. Und dass der letzte Sturm uns einen jungen Baum gnadenlos umgeweht hat, der nun auf halbmast über den Rasen ragt, wir nehmen es nach dieser ausgesprochen schlechten Saison voller Verluste und Desaster eher gelassen zur Kenntnis.
Es kommen auch wieder bessere Jahre. Zumindest geht man zunächst davon aus. Als Gärtnerin oder Gärtner wird man anders geduldig.
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