Mehr machen, weniger machen, irgendwas machen

In der aktuellen Ausgabe des Podcasts Lage der Nation geht es gleich am Anfang um die Aussagen des Kanzlers und seiner Konsorten zum Thema Mehrarbeit. Zu ihrer Aufforderung an das Land, gefälligst mehr zu leisten. Ein paar Appelle auf die Schnelle, man kennt das. Aber die Studien und Statistiken, die man da als Belege an uns, also an das zu motivierende, sackfaule Volk, durchreicht, sollten vielleicht etwas kritischer betrachtet werden. Mehr dazu hier.

Die Forderung, mehr zu arbeiten, wird außerdem in einer Zeit gestellt, in der an anderer Stelle alle davon ausgehen, dass wir weniger arbeiten müssen. Rund um das Thema AI ist das die gängige Schlussfolgerung. Es ist ein feststehendes Schema, dass die Influencerinnen vom Fach in ihren Filmchen ein neues Tool jeweils mit der Botschaft vorstellen, wie viele Arbeitsstunden in der Woche sie damit auf einmal sparen. „It saves me eight hours per week!

Wobei niemand von denen jemals aussagt, was sie mit dieser gesparten Zeit anfangen, das fällt auch auf. Vielleicht zählen sie in jenen Stunden das Geld, das sie anderen versprechen, mag sein.

Aus diesen Mixed Messages der Zeit und der Trends ist eine naheliegende Frage abzuleiten. Nämlich was genau wir unter diesen Voraussetzungen mehr leisten sollen. Ich habe nicht gesehen, dass die Frage beantwortet wird. Nicht einmal ansatzweise, auch nicht als Idee, als Gedankenmodell.

Aber wie auch immer. Wenn man gleichzeitig mehr und weniger arbeiten soll, wenn die Geschichte paradoxe Anforderungen an uns stellt, muss man neu denken. Oder überhaupt denken, je nachdem.

Ein Rettungsring an der Trostbrücke in der Innenstadt, dahinter der trockengefallene Fleet

So scheint es für mich auf den ersten Blick ein passender Ausweg zu sein, das Sein ausdrücklich als Arbeit zu verstehen. Was philosophisch auch leicht zu untermauern sein dürfte, schon das bloße Herumexistieren macht immerhin erhebliche Umstände, und sei es nur im Geiste. So gesehen erfüllt zweifelsfrei jede Stunde länger, in der man einfach nur ist, etwa auch auf dem Sofa, beide Forderungen. Man bewältigt souverän und nach besten Kräften die Last der Existenz, ohne dabei aber etwas zu tun, was auch die Software uns abnehmen könnte oder sollte. Und da wir alle immer älter werden, jedenfalls im Schnitt, als es unseren Vorfahren vergönnt war, können wir diese katzenhaft verbrachten Stunden des konzentrierten Einfachsoseins auch als Überstunden und Extrameilen verstehen.

Wenn wir in diesem seriösen Sinne so sind, hat es selbstverständlich auch den Charakter eines Werkes. Denn alles, was wir ernsthaft genug betreiben, wird uns unwillkürlich zur Arbeit. Weswegen auch für die reglos verbrachte Stunde auf dem Sofa zu gelten hat: Herr Buddenbohm war stets bemüht.

Doch, ich denke, das geht so auf. Ich kann meine kurze Woche Urlaub, die ich gestern nach den letzten Überstunden und dem Zuklappen des Home-Offices noch etwas zögerlich, rat- und ideenlos begonnen habe, auch gleich als Experimentalphase in diesem Themenfeld nutzen.

Es passt also wieder sehr schön zusammen, fein, fein.

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