Ein nachgetragener Gedanke zum gestern gezeigten Interview mit Josef Hader beim SRF noch. Etwa in Minute 30 reden Eilenberger und Hader da über ein Zitat von Karl Kraus aus den Zwanzigern des letzten Jahrhunderts: „Wenn es einen Tiefpunkt gäbe, hätten wir ihn längst erreicht.“ Eilenberger versucht hiermit, apokalyptische Empfindungen der Gegenwart zu relativieren. In dem Sinne, dass es immer schon alles schlimmstmöglich war, je nach Betrachtung. Hader erwidert vollkommen zu Recht, dass es zehn Jahre später tatsächlich zu einem Tiefpunkt kam, auch für Kraus. Man wird es kaum bestreiten können.
Ich denke schon länger, dass es bei manchen Sätzen, die unreflektierten Optimismus verbreiten sollen oder die Krisen der Gegenwart aus einem eher seichten und diffus wellness-orientierten Prinzip heruntergewichten wollen, zweckmäßig ist, sich dieses Szenario vorzustellen: Hätte man diesen Satz etwa 1923 gesagt, wie sehr hätte man sich wohl im Rückblick von 1945 aus dafür schämen müssen?
Kein willkommener Gedanke, ich weiß. Aber ich bin allergisch gegen „Es wird schon gutgehen.“ Denn das hilft so nicht weiter. Oder wie Hader sagt: „Ich glaube nicht, dass Sorglosigkeit so ein gutes Programm ist.“
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Weiterhin gesehen: Noch ein SRF-Interview. Diesmal mit Gerhard Roth zur Willensfreiheit. Es macht einen auch nicht dümmer.
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Beim urlaubsmäßig intensivierten Musikhören lese ich nicht nur die Bios der Künstlerinnen nach, sondern ab und zu auch die Texte. Ich versuche manchmal auch, früher vielleicht Übersehenes neu zu bewerten. Und stoße etwa auf den Song „Queen of Denmark“ vom geschätzten John Grant, den ich damals, als ich zum ersten Mal auf ihn stieß, nicht abgespeichert oder playgelistet hatte, nur einige Songs drumherum auf dem Album. Warum auch immer, heute finde ich das Stück hervorragend.
“I wanted to change the world
But I could not even change my underwear
And when the shit got really, really out of hand
I had it all the way up to my hairline
Which keeps receding like my self-confidence
As if I ever had any of that stuff anyway.”
Auf Youtube gibt es auch eine Coverversion dieses Songs von Sinéad O’Connor, mit der John Grant häufig zusammengearbeitet hat.
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Und Herr Rau erklärt uns LLMs.
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Und damit auf in die 3-Tage-Woche ….
Danke für den Satz
„Aber ich bin allergisch gegen „Es wird schon gutgehen.““
Geht mir auch so.