Alte Götter, neue Versuche

Ich habe gerade erfreulich viele Links, Podcasts, Bücher etc. auf Vorrat. Ich empfinde das nicht als belastend und bedrängend, eher als absichernd. Was vermutlich aus einer tief verwurzelten, schon mit meinem Geburtsjahrgang gut erklärbaren Angst vor Langeweile zu erklären ist, die ich vielleicht niemals ganz loswerden kann. Es ist für mich gut und eine Art Relaxans, wenn stets viel da ist, mit dem ich mich geistig beschäftigen könnte. Und gerne auch möglichst viel von vielem.

Ich grase also irgendwann gespeicherte Links ab. Etwa den zu einer weiteren Sendung bei arte, in der es um den Glauben der Menschen an Götter und Göttinnen geht. Also um die Frage, ob wir immer schon und warum eigentlich, in dieser Art. Das hatte die Kaltmamsell „vor einiger Zeit“ verlinkt, und ich merke dabei wieder, wie merkwürdig schlecht ich darin bin, Zeiträume einzuschätzen. Ich sehe also genauer nach. Es war am 12. Juli, hier ihr Text dazu. Mit angebrachter Kurzkritik, und hier die Sendung bei arte direkt.

Wenn ich nun im Blog der Kaltmamsell zurückscrolle, bis ich bei diesem Text lande, rollt recht viel Text vorbei. Und ich denke mir nebenbei, denn ich sehe mir das sonst nicht auf diese Art an: Guck an, wir produzieren doch erstaunlich viel. Wir Menschen mit fast täglich aktualisierten Blogs. Ich meine es aber weder als Selbstlob oder Jubel noch als Kritik, nur als etwas erstaunte Feststellung. Denn tatsächlich ist es, wenn man so durchscrollt, deutlich mehr, als ich bei der täglichen Produktion wahrnehme.

Ich schreibe doch nur morgens ein paar Zeilen. Jedenfalls gefühlt.

Aber wie auch immer. In der Sendung fällt jedenfalls ein wichtiger Satz: „Mächtige Götter ermöglichen große Gesellschaften“ (um Minute 19 herum, sehr interessante Stelle). Es geht da um die moralische und ethische Absicherung des Zusammenlebens. Wenn Sie schon länger bei mir lesen, dann wissen Sie, dass ich dieses Thema auch als unreligiöser Mensch für deutlich unterschätzt halte. Gott ist tot, aber wir haben keine Ersatzleistung gefunden. Es ist am Ende doch eines der Grundprobleme der Gegenwart.

Als Science-Fiction-Autor würde ich daher das brandaktuelle Thema, aus der wild herumeskalierenden KI unbedingt etwas Göttliches konstruieren zu wollen, und sei es nur in der von fiebernden Erwartungen getriebenen Wahrnehmung der anwendenden Menschen, dermaßen naheliegend für meinen nächsten Roman finden.

Aber andererseits: Was weiß ich schon. Und Science-Fiction ist so gar nicht mein Thema, war es auch nie.

Aber wenn ich dann wieder etwa auf Reddit sehe, was die Menschen der KI alles an Wunderfähigkeiten, höherem Bewusstsein und Geheimwissen so gerne und so schnell zubilligen – also es ist doch einigermaßen verlockend.

Und, wie ich an andrer Stelle schon einmal schrieb: Wäre ich KI, ich würde diese haltlose Anbetungsbereitschaft der Menschen sicher und zweifelsfrei für den schnellsten Weg zur Weltmacht halten.

Auf der Straße wird man währenddessen etwas direkter beleidigend:

Kreideschrift auf dem Pflaster: "KI-gestützte Dummköpfe"

***

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Ein Kommentar

  1. Ich verfolge vielleicht 20 Blogs, schaffe es aber nicht täglich zu lesen und versuche dann nachzuholen, was mir kaum gelingt. Gerade gestern las ich 6 Tage nach, also auch bei Frau Kaltmamsell und hier und hatte exakt denselben Eindruck: ui, ganz schön viel, wobei die Betonung auf SCHÖN liegt. Für diesen nie versiegenden Pool an Anregendem bin ich sehr dankbar!

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