Die Schlüssel und den Zugangschip zum Büro in Hammerbrook habe ich abgegeben, Kapitelende. Das war es dort. In drei, vier Wochen geht es am neuen Standort weiter, ich werde berichten. Die alte Adresse wird mir sicher nicht fehlen, und taugt vermutlich auch in der Zukunft so gar nicht für die Ausbildung nostalgischer Gefühlslagen.
Hammerbrook war und ist, wie kann es auch dreht und wendet, eine betont unromantische Ecke der Stadt. Am bewegendsten fand ich dort noch das Wissen, dass die zur Bauzeit so futuristisch gemeinte S-Bahn-Station dort steht, wo bis zum Zweiten Weltkrieg die Kirche des damaligen Arbeiterstadtteils stand, St. Annen. Die Bahnen halten, wenn man die Zeiten einen Moment lang für durchlässig wie in einem Fantasyfilm halten möchte, im Kirchenschiff. Man steigt vielleicht über dem Altar aus.
Aber ansonsten hat mich, um es mit Ringelnatz zu sagen, in Hammerbrook nichts weiter erregt oder betrübt. Wobei es in dem Gedicht, auf welches ich mich dabei gerade beziehe, „Karpfen“, noch zwei Zeilen gibt, die mittlerweile auf einige Kollegen und mich anwendbar sein dürften. In unseren letzten Jahren vor dem Renteneintritt.
Ich nehme hierbei aufgrund einer sicher etwas altmodisch anmutenden Höflichkeit die Kolleginnen der gleichen Altersgruppe ausdrücklich aus:
„Äußerlich etwas ausgefranst, abgewetzt –
Scheinen sie inwendig
Doch recht lebendig.“
Es enden auch im unblogbaren Bereich in dieser Woche gleich mehrere Handlungsstränge, auch bedeutende sind darunter. Was sind das wieder für merkwürdige Zusammenhänge, es scheint ohne mein direktes Zutun eine gute Woche für Enden aller Art zu sein. Und wenn man so etwas schon feststellt, sollte man dann nicht vielleicht mit aufräumlustigem oder gar aufbruchorientiertem Blick durch Wohnung und Lebenssituation gehen und alles einmal scharf ansehen?
Nach dem Schreiben dieser Zeilen rüstete der Autor dann immerhin spontan seinen Kleiderschrank auf Herbst und Winter um und hängte Sommersachen weiter weg. Immer irgendwo anfangen, nicht wahr. Er sortierte dabei auch alte Kleidung aus, kaputte Socken, Hemden und dergleichen. Er fühlt sich jetzt allerdings wahnsinnig im Flow und muss für den Rest der Woche wirklich gut aufpassen, nicht mutwillig Weiteres zu verräumen, zu kündigen oder final abzuschalten.
Wenn man schon dabei ist.
In einem Paralleluniversum, siehe Fantasyfilm, erscheint dieser Text heute gar nicht, weil bei dieser Gelegenheit auch gleich das ganze Blog gelöscht wurde und fortan noch viel mehr verändert wurde. Das alte „Ich kann auch anders“, nur mit Druck und Schwung umgesetzt. Aber zumindest dieser Handlungsstrang geht in unserem Universum vorerst wie gewohnt weiter, keine Sorge. Ich sehe nur Szenen und Möglichkeiten vor mir und winke sie lässig durch, das ist geistig vermutlich noch im gesunden Bereich.
Hofft man dann so.
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Aber apropos Handlungsstrang. Noch passend zur gestern erwähnten KI hörte ich ein Podcast-Interview mit einer Frau, die man eigentlich ebenso reflexmäßig wie sachbuchartig mit „deutsches Blog-Urgestein“ anmoderieren müsste, aber es kommt mir doch arg uncharmant vor und wird unserer Freundschaft auch nicht gerecht. Eine eher schwierige Bezeichnung. Wer möchte schon Urgestein sein und als Fossil betrachtet werden.
Katharina Borchert jedenfalls, die auch an diesem Blog ganz und gar nicht unschuldig ist, es vielmehr damals vor unendlich langer Zeit direkt verursacht hat, spricht hier im empfehlenswerten Podcast „Frauen und Technik“ im Gespräch mit Svea Eckert und Eva Wolfangel ab Minute 21 über die Lage im Silicon Valley. Auch über die Lage der Demokratie in den USA und bei uns, und man ahnt da schon, die Laune hebt das wieder nicht.
Schnell zurücksehen also auf die eben zitierten Ringelnatz-Zeilen und hoffen, dass dieses „inwendig lebendig“ auch auf Demokratien anwendbar sein kann.
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