Dazwischen die Dämmerung

Mek schreibt über die Dunkelheit in Hamburg. Mir fiel es auch gerade wieder auf, dass natürliches Licht für Menschen mit Drinnenberufen nun eine Weile nicht mehr vorkommen wird. Auf dem Weg ins Büro ist es Nacht, auf dem Weg zurück ist es Nacht, dazwischen gibt es nur etwas Dämmerung. Der Rest ist neonsonnenbeschienen.

Immer zu dieser Jahreszeit der Gedanke an den Kollegen aus Süddeutschland, der den Job nach nur einem Winter in Hamburg wieder aufgab, weil es ihm hier viel zu dunkel war. Denn etwas weniger Licht als in Bayern etc. haben wir, und einige merken es sehr.

Mich stört es nicht. Ich hätte nur gerne mehr Zeit für die Grautöne der Tage. Mehr Ruhe und mehr Leere in dieser Phase des Jahres fehlen mir, ich hätte es also gerne angemessener. Na, vielleicht erlebe ich es in sieben Jahren. Oder so.

Bis dahin in dieser Jahreszeit nur auf die Lichter achten, die in der Stadt immerhin bunt und vielfältig ausfallen.

Neonschriftsschild: Love your body, take a massageNeonwerbung, eine Ramen-SchüsselFriseursalon bei Nacht, Neonschrift an der Wand: Farb-Bar"Rathausplatz und Rathaus in der Dunkelheit

 

Davon abgesehen rutschte ich im Discounter auf einer Weintraube aus. Wobei ich mich dermaßen cartoonhaft hingelegt habe, dass es wohl auch für die Menschen um mich herum einigermaßen beeindruckend war. Man sieht es dann an den besorgten Gesichtern, wenn man sich wieder aufrappelt nach so einem Sturz. Nach so einem Stunt, bei dem man sich auch final etwas hätte brechen können. Und nach dem man eine erstaunlich lange Weile braucht, um erst einmal bemüht konzentriert in diverse Körperteile zu fühlen, ob und was sie noch zurückmelden. Unangenehm spannende Minuten.

Kurz verspürte ich die ausgesprochen unfreundliche Neigung, die netten Menschen neben mir, die mich sofort fragten, ob alles okay sei, anzugiften mit: „Wie soll ich das jetzt schon wissen, Gott verdammt!“ Gerade noch zusammengerissen, eben noch durchgehalten.

Und es war dann auch gar nichts. Gut, mein Kopf hat den Boden eher hart getroffen, ich sehe seitdem alles doppelt und komme nicht mehr auf die Namen der Söhne, aber sonst … Nein, das war nur ein Scherz, versteht sich, es ist tatsächlich nichts. Bisher zumindest. Ich muss wegen der potentiell magischen Wirkung des Geschriebenen vorsichtig formulieren, sonst erlaubt sich die Wirklichkeit gleich den nächsten Scherz mit mir, noch bevor ich mir einen neuen mit ihr erlauben kann. Ich weiß es ja allmählich, wie das läuft.

Aber, und das fand ich dann doch äußerst passend in dieser Zeit des allgemeinen und saisonal vollkommen korrekten Totengedenkens, in der Zeit des, siehe gestern, Dunkeltutens und der fast allmächtigen Grautöne, wie lapidar es einen mal eben zerlegen kann!

Es ist doch immer wieder beeindruckend, finde ich. Eine zertretene Weintraube braucht es nur, auf einer Fliese vor dem Obstregal im Discounter. Blassgrün, banal, billig und bedrohlich.

Denn mitten im Leben sind wir von Rutschgefahr umfangen.

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2 Kommentare

  1. Vielleicht kann vieles, was man so macht und was bisher unter einem anderen Titel lief, neu eingeordnet werden unter „Sturzprophylaxe“

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