In Kanada gab es neulich das, was in Demokratien normal sein sollte, nämlich eine Wahl. Die man aber heute, siehe nahezu sämtliche Medien, stets Schicksalswahl zu nennen pflegt. Was vermutlich mittlerweile für alle Restdemokratien gilt, in denen Rechtspopulisten und Rechtsextreme antreten, um die Parlamente von innen anzugreifen. Es gilt also schlicht für alle Länder, in denen überhaupt noch freie Wahlen stattfinden können: Überall Schicksalswahlen.
Dieses Wort daher am besten auch gleich normalisieren, den modernen Sprachgebrauch einfach annehmen. Was soll der Widerstand gegen den Wandel, am Ende gewinnt der doch. Deswegen schlage ich vor, dass wir bei der nächsten Wahl, welche ist es denn überhaupt, dass wir also bei der Kommunalwahl in NRW im September auch korrekt von Briefschicksalswahlunterlagen reden, von Schicksalswahllokalen, Schicksalswahlberechtigten und überhaupt von der Kommunalschicksalswahl, die man dann an den ganzen Schicksalswahlplakaten im Stadtbild erkennen wird, wenn es soweit ist.
Und hinterher reden wir entsprechend von den schicksalsgewählten Bürgermeisterinnen usw., die ihre Dankesreden selbstverständlich alle standardmäßig anzufangen haben mit „Ich danke meinen Schicksalswählerinnen und -wählern.“
Und dann werden diese beiden Silben so häufig, dass man sie gar nicht mehr hört und also auch wieder weglassen kann.
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Gehört: Einen Zeit-Podcast über den politischen Aktivisten Thomas Mann, dessen Leben auch nicht unerheblich von Schicksalswahlen beeinflusst wurde. Auch für Thomas-Mann-Kennerinnen sind vielleicht noch zwei, drei Bildungs-Updates in dem enthalten, was da berichtet wird. Mir war etwa nicht bewusst, in welchem Ausmaß er nach dem Kriegsende aus Deutschland angefeindet wurde.
Sympathisch fand ich außerdem eine Kleinigkeit am Rande. Als er seine Ansprache im Goethejahr hielt, 1949 in Frankfurt am Main, verwies er auf seinen Kampf der vergangenen zehn Jahre, den er „auf Kosten seiner Ruhe“ geführt habe. Eine Formulierung, die man spontan nachempfinden kann. Man möchte lediglich ungestört vor sich hindichten und in Frieden am Schreibtisch sitzen, und dann findet da draußen aber Welt und Politik, Krieg, Geschichte und alles statt, und man meint dauernd, sich kümmern zu müssen.
Auf Kosten der Ruhe. Ja, wir kennen das.
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Bei SWR-Kultur gibt es, leider passend zu den anderen Absätzen heute, in der Reihe „Das Wissen“ zwei Folgen zu Benito Mussolini und Georgia Meloni, hier die erste, hier die zweite Sendung. Da Meloni in rechten Kreisen als Erfolgsmodell gilt, ist es sicher richtig, auch über sie einige Kenntnisse zu haben.
Man beachte etwa ihr Verhältnis zu den Medien und denke dann noch einmal über die Lage bei uns nach, über die seltsamen Tendenzen etwa bei der ARD, die immer unübersehbarer werden.
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Zur Erholung von all diesem habe ich mir das Tiny-Desk-Konzert von Alicia Keys angesehen. Warum auch nicht.
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Im Bild heute der Hansaplatz mit dem Hansabrunnen, auf dem oben die Hansa selbst steht, obwohl es sie eigentlich gar nicht gibt, nicht einmal in Sagen oder Mythen. Eine ausgedachte Figur, eine Allegorie.
Aber nun, siehe Bildbeweis, da steht sie nun einmal und symbolisiert die einstige hanseatische Macht vor sich hin. Ausgerechnet auf einem der schlimmsten Plätze der Stadt, was Kriminalität, Drogenkonsum etc. angeht. Es geht dort nicht eben hanseatisch zu, wenn man zu dem Begriff klassisch herumassoziiert.
Man sieht es aber nicht jedem Bild an, das man dort macht.
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