Für eine Handvoll Links

Jahreszeitlich etwas überraschend vermutlich, aber ich habe einen Geschenktipp. Und zwar für alle, die Menschen beschenken müssen oder wollen, die mit Schule zu tun haben. Die gar Lehrpersonal sind, besonders für Sprachen. Nämlich den dünnen Roman „Scham und Würde“ von Dag Solstad, Deutsch von Ina Kronenberger. Hier die Perlentaucherseite dazu.

Der erste Teil des Buches stellt einen frustrierten, im Lehralltag freudlos routiniert gewordenen Lehrer dar, der mit einem Abiturjahrgang ein Stück von Ibsen durchgeht, wie er es gnadenlos in jedem Jahr macht. Und wie diese verbitterte Gedankenwelt des Lehrers dabei ausgeführt wird, das ist großartig inszeniert. Die Ausführung ist amüsant, überzeugend und mitreißend. Man liest kurz rein, man möchte das Buch nicht wieder weglegen. So oft passiert mir das gar nicht.

Das Buch spielt in den Neunzigern, also vor den zwei, drei wichtigsten Modernisierungsschüben unserer Zeit in den europäischen Schulen und im Lehrsystem. Es wird für viele die Schule von damals sein, um die es da geht. Vielleicht sind es Kindheitserfahrungen, denn solche Lehrer hatte man, erduldete man.

Der zweite Teil des Buches ist dann leider nicht mehr mein Fall, zumal ich kein Freund allzu offener Enden bin. Aber man kann es ja verschenken mit dem Hinweis, dass es um den fantastischen Anfang geht, nicht um die fast unnötig nachfolgende, seltsam unaufgelöst verbleibende und schief angeflanscht wirkende Liebesgeschichte.

Ich möchte in diesem Fall und bei dem Zielpublikum fast versprechen, dass das Buch halb gefallen wird, und das ist bekanntlich nicht nichts.

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Gleich noch ein weiterer Tipp, diesmal für alle mit Interesse an besonders schöner Sprache, an Familienthemen, an Aufbrüchen, geschichtlichen Entwicklungen und auch Osteuropa-Bezügen, vor allem in der rumänischen Ausprägung mit latentem Deutschlandbezug: „Lichtungen“ von Iris Wolff. Auch hierzu die Perlentaucherseite, auf der in diesem Fall ein besonders vielschichtiges Rezensionsbild zu finden ist.

Der hat mir auch gefallen, dieser Roman, sehr gerne gelesen. Ähnlich erging es Matthias Zehnder, der dazu eine ausführliche Video-Rezension hat:


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Der Guardian schreibt über AI-Slop, was in einem deutschen Artikel einmal so treffend als „KI-Schlonze“ übersetzt wurde. Es geht um YouTube und Instagram etc., und diesmal kann ich die Erfahrung auch bestätigen. Je nachdem, wo der Algorithmus mich hintreibt, ist auf einmal alles KI. Seltsam vorhersehbare Plastikwelten sind das dann, in die man da unbeabsichtigt geraten kann.

Und ich vermute, es ist wieder ein wenig wie Unfallgucken, wenn man dann weiter und weiter scrollt oder klickt – und damit, ohne es zu wollen, die Existenz dieser artifiziellen Füllmasse absichert.

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In dem gleich folgenden Harald-Lesch-Film über die Gottesfrage habe ich vor allem die Stelle gemocht, in der es um den Wallfahrtsort Lourdes und die Wahrscheinlichkeiten ging, also um stochastische Fragen. Besonders der Hinweis von Carl Sagan erheiterte mich, dass es statistisch geraten sei, für eine Spontanheilung Lourdes ausdrücklich fernzubleiben.

 

Kreideschrift auf dem Pflaster "Gott liebt Dickerchen"

Wenn jemand die im Film nur angerissenen Aspekte von Blaise Pascal und Kurt Gödel sowie weitere logisch-theoretische Erwägungen interessant findet: Man kann einiges dazu auf der Wikipedia-Seite zum Thema Gottesbeweis nachlesen, bis man Kopfschmerzen bekommt.

Das dürfte von Fall zu Fall allerdings schnell gehen.


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Und nachdem ich es nun jahrelang nicht geschafft habe, die Bücher von Rutger Bregman zu lesen, so lange sogar, dass währenddessen mehrere weitere Bücher von ihm erschienen sind (passend zum vorgestern erwähnten Buch von Anne Rabe über das M-Wort heißt eines seiner Werke „Moralische Ambition“, Verlagslink), habe ich mir wenigstens ein längeres Interview mit ihm angesehen.

Das Gespräch ist drei Jahre alt, aber es kommt mir nicht veraltet vor.

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