Klemmknoten, Kletterknoten, Schleifenarten

Ansonsten fehlt mir gerade in einem auch für mich ungewöhnlichen Ausmaß die Zeit, kommen meine Tage gerade nicht hin, holpert der bewährte Rhythmus bis zur Unkenntlichkeit und löst sich ein größerer Knoten einfach nicht.

Nun gibt es grundsätzlich zwei Sorten von Knoten in Lebenssituationen. Zum einen die, bei denen man sich mit größerem zeitlichem Abstand, Jahre später vielleicht erst, denkt, dass man damals doch einfach dies oder das hätte machen können. Eine Art verspätete Selbstanklage im Rückblickkonjunktiv wird das dann oft, die sich aber auch simpel umdeuten lässt zu: Wie doof warst du denn bitte in dieser Situation? Du hättest doch? Du Trottel.

Ein Aufkleber auf einer Lampe im Alstervorland: Leuchte nicht in Betrieb

Dann sitzt man auf dem Sofa, schlägt sich an den Kopf, ringt die Hände und grämt sich, ob der auf einmal so offensichtlichen Unfähigkeit dieses früheren Ichs. Mit dem man nicht immer gnädig umzugehen gewillt ist. Sie werden es kennen, nehme ich an.

Dann wieder gibt es die Knoten, bei denen man auch im sorgsam durchdachten Rückblick, auch im Urteil anderer und sogar im Urteil der härtesten, unerbittlichsten Selbstkritik dabeibleibt: Ja, das war echt schwierig in jener Phase. Da musstest du eben durch, da war damals einfach nichts zu machen. Es gibt Jahre, da tuste bei, um kurz einen Insider für ältere Mitlesende anzubringen.

Solange man aber noch live dabei ist und sozusagen gerade am Knoten herumfummelt, ist es wohl nicht gut möglich, sich ganz und gar sicher zu sein, welche von den beiden Arten man da diesmal vor sich hat. Oder mir zumindest fehlt das notwendige Erleuchtungsniveau.

Menschen, die sich auf eine manchmal etwas peinliche Art möchtegernmaritim einrichten, haben manchmal so ein Knotenbrett im Flur oder über dem Sofa im Wohnzimmer hängen. So ein Zierbrett, auf dem verschiedene Arten von Seglerknoten entweder abgebildet oder gar aus Bindfäden dreidimensional nachgebildet sind. Die waren auch bei den Rentnerinnen und Rentnern in Travemünde ungeheuer beliebt, diese für die Küstenstimmung zuständigen Dekogebilde. Mit Mahagonirahmen, nautischen Symbolen und allem, so etwas hatte man ausgesprochen gerne an der Wand. Und zwar selbst dann, wenn man ansonsten nicht einmal Steuerbord und Backbord unfallfrei unterscheiden konnte.

Damals, als ich dort noch gewohnt habe.

Eine Knotentafel für Lebenslagen gibt es dagegen wohl nicht. Zumindest habe ich noch nie eine gesehen. Ich wäre aber gerade interessiert, sogar an verschiedenen Ausführungen. Beziehungsnoten, Berufsknoten, Overthinkingschleifen und dergleichen. Die Klemmknoten der Zweisamkeit, die Kletterknoten der Karriere, die Schleifen der Schwermut

Und gleich kommt mir die naheliegende Frage in den Sinn – verblogge ich hier nur irgendeine beliebig spinnerte Morgenidee oder lasse ich eine naheliegende Marktlücke aus? Ginge da am Ende was?

Ach, wenn doch nicht alles immer gleich eine Denksportaufgabe wäre. Aber es bleibt so, ich weiß. Der Sänger hier unten sang noch mit über 80 Jahren davon.

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