Was schön war

Am Sonntag war es dermaßen spezialkalt in dieser Stadt, dass ich sogar auf dem nur vernunftbetont angetretenen Spaziergang in Richtung der winterbesonnten Hafencity einige ungewohnt tourismusfreie Bilder machen konnte. Viele Menschen blieben lieber in Cafés und Hotelzimmern, wärmten sich vermutlich aneinander oder an Heißgetränken mit und ohne. Die ersten gefrorenen Pfützen der Saison sah ich auch auf diesem Weg. Auf denen prompt nach dem strengen Gebot des ersten Buches Slapstick mehrere Menschen ausrutschten, inklusive rudernder Arme in der Luft und korrekt unterfüttert durch die spitzen Schreien der besorgten Begleiterinnen.

Blick über Museumsschiffe am Dalmannkai Richtung Elbphilharmonie

Blick über den unteren Weg am Sandtorkai zur Elbphilharmonie

 

Aus einem Blumenladen kamen mir Menschen entgegen, die in Papier verpackte, größere Gebilde mit Loch in der Mitte gekauft hatten. Unschwer als Adventskränze zu erraten, da Riesendonuts sicher auszuschließen waren. Jetzt schon, dachte ich unwillig, wie früh ist das denn. Das sind doch wieder solche, die ihr Leben etwas zu sehr im Griff haben. Die Überkorrekten kaufen jetzt, die Pedanten, die kalendermäßigen Prusseliesen. Dabei ist es doch erst! Dachte ich so bei mir.

Die menschenleeren Magellan-Terrassen

Dann sah ich tatsächlich auf dem Smartphone nach, welcher es eigentlich genau war, und es war selbstverständlich ein geradezu klassischer Fall von „Ach guck. Doch schon.“ Andere Familienmitglieder holten zu dieser Zeit, wie ich viel später am Tag merkte, sogar schon Weihnachten aus dem Keller. Here we go again, that escalated quickly.

Gefrorenes Brunnenwasser an der Willy-Brandt-Straße

Blick über den Niklaifleet zum Theaterschiff

Speicherstadt, Fleetblick

Blick über Sandtorkai

Am Nachmittag war ich ein, zwei Stunden allein in der Wohnung. Mit einer Wintersonne vor dem Balkon, die bemerkenswert attraktiv auf die dunkelroten Rosen in der Vase auf dem Wohnzimmertisch fiel, elegant drehende Stäubchen in den Strahlen. Es sah so hingefiltert und angerichtet aus, als wäre der Raum eine gekonnte Instagram-Inszenierung, durchgestylt mit der kaum zu bändigenden Energie junger Content-Creator.

Aber inszeniert oder nicht, es gefiel mir dennoch. Es gefiel mir sogar sehr, es war schön. Dazu lief dahergeshuffelte Musik, die mich in einem dieser eher seltenen Momente erreichte, in denen ich so etwas auch lässig annehmen kann. Deutlich leichter als mein übliches Zeug war der Song, nennenswert besser gelaunt. Er kam dermaßen gut an bei mir in dieser Stunde, es fehlte nicht viel, und ich hätte noch irgendwelche Körperteile im Takt bewegt.

Und warum auch nicht, dachte ich dabei so entschlossen, wie ich nur konnte, und warum auch nicht. Um dann zur Sicherheit gleich noch das allfällige Extrabreit-Zitat hinterherzudenken. So, wie es meine Generation nämlich seit nunmehr, halten Sie sich fest, 44 Jahren in solchen Momenten denkt: „Weil – das Leben ist doch hart genug.“

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