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Die Herzdame ist nach wie vor vom Ehrgeiz besessen, die Wohnung bis hin zum Idealzustand zu verschönern – was auch immer dieser Idealzustand eigentlich sein mag, ich weiß es gar nicht. Sie hat so ein Bild im Kopf, sagt sie. Ich kann aber nicht in ihren Kopf gucken, deswegen ist mir nicht klar, was bei der Renovierung herauskommen soll. Ich kann nur immer wieder auf ihren Computer gucken, auf dem sie mir Möbel zeigt, die für gewisse Ecken der Wohnung vielleicht in Frage kommen.

Das sind Möbel, die man online bestellen kann, man kann ja mittlerweile alles online bestellen, aus einer schier unfassbaren Auswahl. Dieses Übermaß an Angebot führt dazu, dass für den sehr übersichtlichen Wandmeter hinter meinem Schreibtisch eine geradezu unendliche Anzahl Kommödchen in Frage kommt, immer noch eine und noch eine. Ich sehe teilweise nicht einmal mehr die Unterschiede zwischen den nahezu identischen Möbeln, worauf hin die Herzdame streng guckt und an meinem Verstand zweifelt: “Die Fassung der mittleren Schublade ist doch unten einen winzigen Tick dunkler weiß als bei der anderen!” Ich habe aber vergessen, wie die andere aussah, wir sind gefühlt mindestens bei Modell Nummer 150. Ich habe längst keine Lust mehr auf Möbelseiten, ich könnte mir auch einfach eine Apfelsinenkiste oder einen Pappkarton hinter meinen Schreibtisch stellen, wie damals in der WG. Ging doch auch!

Der ganze Onlinehandel geht mir überhaupt auf die Nerven, ich finde Auswahl immer anstrengender. Um endlich und tatsächlich eine Kommode zu kaufen, brauchen wir eigentlich einen Shop mit ganz kleiner Auswahl und am besten auch keiner Beratung, die verwirrt nur. Reingehen, auf eine von den beiden vorrätigen Kommoden zeigen, bezahlen, rausgehen. Das ist mein Traum.

Ach, das gibt es? Ach, das heißt Ladengeschäft? Dann gehe ich da mal hin. Einer muss ja wieder damit anfangen.

(Dieser Text erschien als Kolumne in den Lübecker Nachrichten und in der Ostsee-Zeitung)

6 Kommentare

  1. Ladengeschäft? Welches Ladengeschäft?
    Etwa dieses Kinder-Bälleparadies mit angeschlossener Fleischklops-Abfütterung?
    Das letzte Ladengeschäft dieser nostalgischen Art war Pommerenke in Wandsbek am Friedrich-Ebert-Damm. Und der hat sich in ein lukrativeres Küchenstudio gewandelt. Weil es zuviele online shoppende Herzdamen gibt. Aber eine Küche richtig ausmessen… das kann nur ein Küchenspezialist – denkt der Küchenspezialist.

  2. was du brauchst, ist ein konzeptladen – kuratiertes einkaufen. leider kuratieren die meistens überteuerten designquatsch, aber das prinzip mag ich.

  3. Man misst aus, man plant, verwirft, plant unter Einbeziehung veränderter Rahmenbedingungen neu (irgend ein neues Möbel oder Kind kommt ja immer mal dazwischen), renoviert und zieht unter Zeitdruck unvollendet ein, weil man die unfertigen Details ja nach und nach noch erledigen kann. So bleibt die Wohnung eine Baustelle, eine ewige ToDo-Liste unter Auslassung jenen Ecken, an die man sich irgendwann so sehr gewöhnt hat, dass man sie gar nicht mehr sieht. Jeder kennt das.

    Eine Wohnung wird immer erst dann fertig, wenn man auszieht, heißt es, dann ist die Wohnung perfekt, aber dann ist es zu spät, denn dann geht das Ganze von vorne los. Sollte Ihnen also auffallen, dass jenseits des gewohnten Durcheinanders irgend etwas anders ist, dass o.g. Ecken nämlich verschwunden sind, gestrichen (die Fußleisten auch hinter dem Schrank) oder wegsortiert (jener Karton, der immer schon dort in der Ecke stand), dann besorgen Sie schon mal die Umzugskartons. 🙂

  4. Apfelkisten aus dem Alten Land als Einrichtungsgegenstände sind der letzte Schrei auf Amazon. Ich sag nur.

  5. Ein sehr schöner und wahrer Artikel, den Sie da geschrieben haben.
    Jetzt muss ich aber Schluss machen und meine Urlaubslektüre online bestellen.
    Damit ich sie dann in der Buchhandlung abholen und bezahlen kann. Vielleicht finde ich da dann ja auch noch ein bisschen Dekokrempel für meine Kommoden ????

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