Drei Grad am Morgen. Murrend doch noch einmal die Winterjacke anziehen, bleischwer fühlt sie sich an um viertel vor Mai. Knurrend durch die Kälte zum Bahnhof gehen. „Wenigstens scheint die Sonne!“, sagt ein Wartender am Gleis zum anderen. „Na toll“, das ist die lustlose Antwort des Gegenübers, ein gefluchtes „Scheißkalt!“ wird noch hinterhergeschoben, und das wird auch das sein, was alle denken, die jetzt zur Arbeit fahren.
Noch einmal eine Fahrkarte kaufen. Vielleicht ist es die letzte vor dem Deutschlandticket, quasi ein Erinnerungsstück, man sollte sie aufbewahren. Guck mal, 1,90 für eine Station, so war das damals. Verrückt.
Ein frühes Franzbrötchen in Hammerbrook, denn der Mensch sucht sich Trost, wo er ihn nur finden kann, zur Not auch in einer Tüte vom Kiosk an der S-Bahn-Station.
Office-Office. Weitere Verdichtung der Rentenmeldungen um mich herum. Das Thema wird mich und Sie durch die nächsten zehn Jahre begleiten, bis ich auch so weit bin. Also wenn ich es nicht früher abwickele, aber so weit bin ich gedanklich noch nicht, organisatorisch schon gar nicht, das ist noch so ein To-Do, ein gut verschiebbares. „Meine“ Berufswelt verabschiedet sich jedenfalls langsam, die Menschen, mit denen ich einmal angefangen habe, die ich teils seit 30 Jahren und sogar länger als Kolleginnen kenne, noch aus der Schreibmaschinenzeit, sie haben ihre letzten Tage, Monate, Jahre, es fängt an auszudünnen. Fast fällt es einem nicht auf, dieser Prozess, weil es alles so langsam geschieht, dabei ist es doch eine sowohl privat als auch gesellschaftlich außerordentlich große Angelegenheit, der Abgang der Boomer. Eine Umwälzung mit später folgenden Arbeitsblättern zum Geschichtsunterricht über unsere Zeit, keine Frage. Na, wenn es dann noch Arbeitsblätter geben wird.
Ansonsten Hagel am Bürofenster. Regen am Bürofenster. Was man so Abwechslung nennt.
Mittags Pizza vom Bäcker, wollte ich gerade schreiben, merke aber, dass das Wort Bäcker eigentlich falsche Assoziationen anklingen lässt, es ist im Grunde zu edel besetzt und es muss eher heißen: Pizza von der Bäckereikettenfiliale mit Convenience-Mittagstisch. Und dafür immerhin schmeckt sie dann gut, die Pizza.
Kein Nachtisch, denn es gab ja schon ein Franzbrötchen am Morgen. Immer sich selbst maßregeln, dann muss man es nicht bei anderen machen.
Auf dem Rückweg meiner Mutter Lebensmittel und Bücher vorbeigebracht, was man so braucht.
Im öffentlichen Bücherschrank im kleinen Bahnhofsviertel steht ein großer Bildband: „New York Interieurs“. Den nehme ich mit, den blättere ich mal durch. Da sind natürlich Wohnungen drin, da fällt unsere Wohnung doch etwas ab, so im Vergleich. Aber andererseits sind die Wohnungen alle in New York, und das wäre doch unpraktisch für mich, so mit Job und Familie in Hamburg. Vorteile, Nachteile, das ewige Abwägen.
Dann auch der Herzdame Lebensmittel und Bücher mitgebracht. Eventuell ist das meine Kernkompetenz?
Oder doch das Bloggen, das Weitermachen, das Frühaufstehen? Ich weiß es nicht.
Im Bild Hammerbrook, wo man noch die Weite hat, den offenen Himmel. Mit nur ein wenig Beton davor.
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