Mein WLAN, mein Wetter

Montag, der 31. Juli, Hamburg. Mein WLAN, mein Wetter, meine Stunden allein am Morgen, mein Kaffee, mein korrekt ausgeleuchteter Badezimmerspiegel. Ach, ist das schön hier. Vielleicht ist es doch der wichtigster Reisegrund, dass hinterher zumindest kurz zuhause alles gut ist. All die kleinen Vorteile, die man sich so mühsam zusammengebastelt hat, in jahrelanger Arbeit.

Allerdings haben in der Nacht wieder Irre bei uns Sturm geklingelt, allerdings werde ich am Morgen schon um 04:14 geweckt, weil jemand die Mülltonnen vor dem Haus lautstark ausräumt, auf der Suche nach Ess- oder Verwertbarem, und dabei alles Unbrauchbare um sich wirft, auch zerklirrende Flaschen und dergleichen. Hamburg legt stets großen Wert darauf, uns angemessen großstädtisch in Empfang zu nehmen; es fällt doch allmählich sehr auf und wirkt vermutlich merkwürdig inszeniert, aber ich denke mir das nicht aus. Ich muss mir gar nichts ausdenken, und manchmal möchte ich ein „leider“ davorsetzen.

Ich gehe Brötchen holen, als sei es ein Sonntag, denn wir haben noch Urlaub. Ich werde auch sonst viel einkaufen im Laufe des Tages, wir haben überhaupt nichts mehr da. Dafür, dass es noch die ganze Woche fast durchgehend regnen soll, bin ich allerdings schon nach hundert Metern deutlich zu nass. Die Bäckereifachverkäuferin fragt mich: „Zehn Brötchen, wie immer?“ Nein, ich kaufe nie zehn Brötchen. Sie guckt irritiert. Beim Bezahlen fragt sie: „Mit Karte, wie immer?“ Nein, ich zahle nie mit Karte. Sie sieht mich genauer an, etwas misstrauisch, ob ich sie vielleicht veralbern will. Ich sollte heute ein anderer sein, merke ich, ich sollte einer sein, der seine zehn Brötchen stets mit Karte bezahlt, aber bei mir klappt dieses „Wie immer“ heute nicht so, wie sie es sich denkt. Vielleicht habe ich neuerdings einen Doppelgänger mit größerer Familie, wer weiß. Der Kunde hinter mir sagt vergnügt: „Aber für mich alles wie immer!“ Sie guckt ihn ratlos an, sie kennt ihn nicht. „Äh …“, sagt der Kunde. Sie hebt die Schultern, es ist beiden etwas peinlich.

Vielleicht wechsele ich bald mal die Bäckerei. Irgendwo neu anfangen, mit fünf, sieben oder zehn Brötchen. Wild und gefährlich leben, wahnsinnig spontan sein.

Ich gehe einkaufen. Ich gehe dann noch einmal einkaufen und später auch noch einmal, ich stelle dabei fest, dass sich im Stadtteil neue Seen bilden, womöglich regnet es wirklich enorm viel.

Auf den Wegen gehört: Marc Aurel, Selbstbetrachtungen, gelesen von Winfried Frey. Gut zu hören, wenn man gerade seinen Pflichten nachgeht.

Der Wäscheständer ist voll, die Waschmaschine läuft schon wieder, all die sommerlichen Sachen. Man wird sie gar nicht brauchen in dieser Woche. Sie können langsam trocknen, es hat alles keine Eile.

Am Abend im Bett liegen und auf den Regen hören. Der Abfluss auf dem Balkon klingt heute wie ein Wildbach, gurgelnd, sprudelnd, plätschernd stürzt das Wasser in die Tiefe. Vor dem Balkon rauscht gerade der nächste schwere Schauer auf das Laub der Bäume am Spielplatz, über mir prasselt es auf das Dach und von etwas weiter weg kommt ein Geräusch, als würden zwei unten auf dem Spielplatz am späten Abend im Dauerregen und zwischen den mittlerweile teichtiefen Pfützen dort noch Tischtennis spielen. Aber es ist zu bequem im Bett, um vom Balkon aus nachzusehen, nein, hier steht keiner mehr auf.

Einfach die Klingel abstellen und mit den Gedanken dem Regen folgen, sie irgendwie abfließen lassen. Ich habe immer noch Urlaub.

„Kim Jong Un is testing again
Kim Kardashian is pregnant again
How come we’re not Facebook friends?
I was like „ugh“ and she was like „eh“

Fuck off world
Fuck off politics
I’m going in the woods with a stick
I’m going by the stream just to sit“

Im Text des Songs kommt noch Twitter vor, es ist ein Lied von damals.

***

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3 Kommentare

  1. Jetzt wäre interessant zu wissen, ob Sie die Bäckereifachverkäuferin kennen: ist es die „wie immer“ gewesen oder eine andere?

    Mein Mann z.B. ist nahe dran an gesichtsblind (etwas übertrieben), aber bei Merkmalen wie „ziemlich groß, Brille, hat mich angesprochen – wir kennen uns also“ ist es schon zu sehr lustigen Verwechslungen gekommen. Er hört der Person dann geduldig zu, erzählt mir davon und ich kläre anhand seines Berichtes auf, um wen es sich im Gegensatz zu seiner Meinung tatsächlich handelte.

  2. Ich finde ja eher die Vorstellung lustig, beim Bäcker immer das gleiche zu kaufen. Der Kunde kann ja mal ganz verwegen ein Rosinenbrötchen wagen.

  3. Also Herr Buddenbohm,
    ich bin ja immer dafür, wild und gefährlich zu leben, aber man muss ja nicht gleich überteiben!

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