Ein gewendeter Kafka

Freitag, der 6. Oktober. Es herbstet weiter heran, es regnet, es windet von Nordwest, es ist, jedenfalls mit etwas Fantasie, fast kühl, ich bin so weit sehr mit allem einverstanden. Ich trinke den ersten Oktober-Tee, ich mag Tee nur in der dunkleren Jahreshälfte, es ist mir ein Fest. Ich arbeite bei Regengetrommel auf dem Dachfenster im Home-Office, es ist ausgesprochen konzentrationsförderndes Wetter für mich.

Ich stelle nebenbei fest, dass das Wochenende voller Arbeit ist, ich frage mich, wie das nun wieder kommen kann. Ich erhebe im Geiste Anklage gegen mich selbst, sollte so etwas nicht strikt vermieden werden, gab es da nicht Beschlüsse? Allerdings haben sich all diese Termine, stelle ich dann fest, eher einfach so ergeben, die habe ich gar nicht gemacht. Die flogen mir zu, die standen plötzlich fest oder fielen vom Himmel. Ich halte mich nach etwas Nachdenken für gänzlich unschuldig, ich bin mir selbst heute ein ausgesprochen milder Richter und spreche mich frei, ich bin ein gewendeter Kafka: „Jemand musste Maximilian B. entlastet haben.“

Alles heiter wegarbeiten, es wird schon, es wird schon. Zum Himmel sehen, der an diesem Wochenende verlässlich grau und nass bleiben wird, es ist eindeutig Schreibtischwetter, Sofawetter, es passt so. Wenn Sie kein Herbstmensch sind, werden Sie es natürlich nicht verstehen können, aber denken Sie sich dann einfach, ich habe jetzt das, was Sie vermutlich im Frühling haben. Jedenfalls in etwa.

Und auch die Musik passt wieder zur Atmosphäre, wenn man zum Freundeskreis getragenes Liedgut gehört, endlich wieder kann man die dunklen Playlists anwerfen, beste Laune bei trauriger Musik. Wobei der Text hier in dem folgenden Beispiel gar nicht so traurig ist, aber wirklich sehr gut anfängt: „Pretending that we meet each time I turn a corner, I walk a little faster.“

Bei Interesse am Song unbedingt auch die Erstversion von Blossom Dearie anhören.

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Der Literaturnobelpreis geht an diesem Tag an Jon Fosse, von dem ich bisher nichts gelesen habe, von dem ich nur mal gerade den Namen wusste, was aber selbstverständlich keine Abwertung ist. Er hat, so lese ich in den Meldungen zu ihm, fünf Kinder und schreibt über Einsamkeit. Da hat es jemand mit der Vereinbarkeit aber gut hinbekommen, denke ich.

(Und ich weiß ja nicht, vielleicht entwickele ich mich auch allmählich seltsam – das war eben ein Scherz, haben Sie es erkannt? In den sozialen Medien gab es zahlreiche, merkwürdig viele bierernste Antworten dazu, die mir erklärten, warum das aber doch sein könne und man auch mit Kindern … ja, ach was? Was ist mit den Leuten?)

Wie auch immer. Hier noch schnell ein Hafenbild.

Blick von den Landungsbrücken Richtung Elbphilharmonie, im Vordergrund ein Poller, übersät mit Aufklebern

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2 Kommentare

  1. Ich verkalkuliere mich ständig. Posts, von denen ich denke, die müßte einschlagen wie eine Granate, versanden reaktionslos. Und manchmal kommt dort Resonanz, wo ich sie partout nicht erwartete. Die Menschen bleiben anhaltend komisch, hätte ich fast geschrieben, nein seltsam. Wahrscheinlich ist das gut so.
    Grmpf, wie auch immer, dann finde ich den AIwanger Hubot eben alleine komisch. https://ai-wanger.de/

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