Ein guter Duft des Winters

Auch am Morgen des ersten Feiertages wieder der unendliche Regen an den Fenstern, Weihnachten wird schon klar ausgespült. Auf meiner Uhr sehe ich, dass es Montag ist, aber wie immer zu dieser Zeit im Jahr habe ich keinen rechten Bezug mehr zum Wochentag. Da könnte auch etwas anderes stehen, und es wäre egal.

Anfang Januar wird sich das alles dann wieder finden, und das ist auch schon gleich.

Die Familie schläft so lange und so ungewöhnlich ruhig, dass ich mich, nachdem ich seit einer Weile tippend am Schreibtisch sitze, irgendwann etwas beunruhigt frage, ob ich nicht vielleicht komplett auch aus der Uhrzeit gefallen bin, ob es vielleicht nachts um 2 ist oder so etwas, ob ich zur falschen Zeit aufgestanden bin. Auch das ist mir schon passiert. Aber es scheint alles zu stimmen, sagt das Smartphone, bestätigt der Computer, assistiert die Wanduhr, es ist sehr wohl der Morgen des ersten Feiertages, und es müsste auch bald hell werden, hellgrau zumindest, wenn draußen noch alles mit rechten Dingen zugeht. Ich müsste den Regen bald sehen können.

Nur gefühlt sitze ich zwischen den Tagen, Zeiten und Jahren, in einer etwas unwirklich anmutenden Stunde. Der alte Hund im Flur knurrt verhalten im Schlaf und dreht sich mühsam um, eine Uhr tickt im Wohnzimmer und irgendein Gerät summt dezent. Aus der Küche riecht es noch nach Rotkohl vom Weihnachtsessen. Wenn man darauf achtet, merkt man es im ganzen Haus. Es ist ein guter, heimeliger Duft des Winters, Rotkohlreste am Morgen, und ich gehe, das ist in meinem Alter wohl allmählich üblich, im Geiste vergangene Feste durch. Ich folge der Rotkohlkonstanten zurück bis in meine eigene Kindheit, bis zum Lametta der frühen Jahre. Es sind durchwachsene Erinnerungen, und auch das gehört dazu und wird sich so wiederholen.

Die Katze streicht mir beim Schreiben schnurrend um die Beine. Balu heißt sie, wie dieser Bär, der im Film von der Gemütlichkeit singt, und so, wie sie sich jetzt genüsslich neben dem Schreibtischstuhl auf meiner abgelegten Kleidung von gestern streckt, ist sie da auch nicht kenntnisfrei. Es muss schön sein, fortgeschrittene Gemütlichkeitskompetenzen zu haben, es steht der Katze auch hervorragend. Ich dagegen denke schon wieder, ich müsste irgendetwas tun. Ich gehe im Geiste schon wieder Zuständigkeiten aller Art durch und denke an morgen und übermorgen. Jede verdammte Katze kann mehr als ich.

„Bring es mir bei“, sage ich, und sie streckt sich lässig weiter und sieht mich nur nebenbei kurz an, wie man sehr dumme Schüler eben ansieht.

Festlich aussehender Kuchen auf einem Teller auf dunkelroter Tischdecke

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3 Kommentare

  1. Ich bin ja froh, daß dies hier das Buddenbohmblog ist und nicht so eine deutsche Fantasygeschichte fürs weibliche Publikum, sonst würde die Katze jetzt geheimnisvoll-nichtssagend antworten, und das kann doch keiner wollen.

    Wünsche euch allen
    ein Wohlgefallen,
    viel Gück und viel Segen
    und Pausen im Regen!

  2. Einfach mal Danke sagen. Macht man ja auch viel zu selten, wie Sie es wohl formulieren würden. Es ist seit Jahren eine Freude Sie zu lesen!

  3. Habe den Begriff „Gemütlichkeitskompetenz“ soeben weiterverschenkt (mit Quellenverweis, na klar!) und danke für dieses VOLL SCHÖNE und feine, wichtige Wort. Merci, Herr Buddenbohm!

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