The same procedure

Noch einen letzten Werktag absolviert. Wie immer zwischen den Jahren, Vorsicht bei der Berufswahl. Auch noch einige administrative Sachen im privaten Bereich geregelt, Familien- und Haushaltsmanagement, teils auf der allerletzten Rille. Damit begonnen, das Jahr 23 abzulegen und abzuhaken, wegzusortieren. Noch ein paar Stunden an einem anderen Projekt gebastelt, um nicht mit offenen Enden die Kalendergrenze zu passieren. Im Grunde eher irrational motiviert, aber Hauptsache Antrieb.

Alles vom Sofa aus erledigt, damit es sich nicht nach Stress anfühlt. Wie wir es uns auch im Büro gelegentlich zur Beruhigung sagen, was sich alle Menschen mit beliebigen Office-Jobs ab und zu sagen sollten: „Immerhin geht es hier nicht um Menschenleben, und es verderben auch keine Lebensmittel.“

Noch einmal für drei Tage eingekauft, zwischen den ratlosen Amateuren, die man so zuverlässig zu dieser Jahreszeit in den Geschäften sieht und unweigerlich vor den Füßen hat, zwischen den zahllosen nervös Gereizten auch, die von der Jahreszeit, dem Leben und den Festen allzu deutlich überfordert sind. Sogar im Blumenladen gab es seltsame Gespräche – also was ist mit den Leuten. Ich hätte mich nicht gewundert, wenn Kundin und Floristin sich gegenseitig eine gelangt hätten, es klang kurz so, und es ging doch nur um drei banale Blümchen und ihren Preis. Herr im Himmel. Die Leute hinter mir in der Schlange fluchend und auf die eskalierende Aggression der beiden gerne einsteigend, schnell bereit. Krawallkumpel, alle miteinander.

Dann doch noch eine gute Nachricht zu einem für uns wichtigen familiären Thema erhalten, damit hat das Jahr sich wirklich enorm viel Zeit gelassen. Aber doch sehr gefreut und auch noch einmal gemerkt, wie ungewohnt gute Nachrichten sind. Die letzte Zeit war nicht eben voll davon.

Keine Vorsätze für 2024 gefasst, nicht einmal länger darüber nachgedacht. Nur den, auch im nächsten Jahr möglichst vieles mitschreiben zu wollen, vielleicht noch besser aufzupassen. Alles andere im ausdrücklich vagen Bereich belassen.

Sehr schlecht geschlafen die letzten Nächte, weil die Leute nachts vor der Haustür schon Böller zündeten und auf den Spielplatz warfen. Die Böller konnten, so urteile ich aber nur dem unfassbaren Krach nach, unmöglich legal sein.

Die Bilder aus Niedersachsen im Live-Blog des NDR angesehen, wo das alte Jahr so überaus gründlich absäuft. Bei Freunden und Familie dort nachgefragt, wo das Wasser steht. Fischer, Fischer, wie tief ist das Wasser. Ich glaube, in der Kindheit der Söhne kam dieses Spiel gar nicht vor, fällt mir gerade auf.

Auch die Nachrichten aus Niedersachsen nachgelesen, von den Leuten, die Sandsäcke stehlen, die sich den Behörden widersetzen, durch Absperrungen fahren und dann untergehen und gerettet werden müssen, die in Krisengebieten Wassersport treiben und dergleichen. Weitere Kipppunkte im gesellschaftlichen Klima vielleicht, alles spiegelt sich in allem.

Diverse Jahresrückblicke online nur mäßig interessiert überflogen, diverse Prophezeiungen für 2024 komplett ignoriert. Einfach jeden Tag gucken, was ist.

Dieses Jahr, die meisten der daran Beteiligten und auch ich haben die in sie von mir gesetzten Erwartungen nicht erfüllt, da gibt es nichts zu beschönigen. Ich nehme stark an, es gab noch kein Jahr in meiner erinnerbaren Lebenszeit, das in meinem Umfeld und vermutlich auch in weiteren Kreisen, soweit man das denn überhaupt absehen kann, in so desaströser Stimmung endete, nicht einmal in den drei Vorjahren, und diese waren doch weiß Gott heiße Kandidaten dafür.

Wir sind, wie es Kiki neulich auf Mastodon formulierte, alle an den Nervenenden etwas ausgefranst, mit der Betonung auf wir. Nicht nur ich. Nicht nur Sie, wir sind ein paar mehr. Ob wir das nun tröstlich finden oder nicht. Aber das habe ich alles schon hinreichend festgestellt, und es gibt dazu keine weiteren Ergänzungen.

Da, wo ich herkomme, da sagte man, wenn man mit etwas nichts zu tun haben wollte: „Laat mi an Land!“, also lass mich an Land. Man wollte in diesem Bild nicht mit, nicht aufs Schiff, nicht dabei sein. Man darf das so denken und empfinden, glaube ich, man muss sich das auch einmal zugestehen. Es ist kein Naturgesetz, dass man ständig mit zupackender Energie Lust auf seine Zeit haben muss, wenn sie sich doch einfach nicht anständig entwickelt. Den inneren Nörgelrentner als berechtigte und auch angemessene Figur verstehen, dennoch stets nebenbei den Rückweg zum Konstruktiven suchen. Er könnte doch irgendwo hinter einer Ecke zu finden sein, dieser Weg. Wer weiß. Und wir sollten wohl, das ist auch wichtig, trotz allem die eine oder andere positive Entwicklung im nächsten Jahr nicht für vollständig ausgeschlossen halten.

Wie auch immer. Wir legen dennoch morgen früh fahrplanmäßig ab und segeln durch das nächste Jahr. Selbstverständlich machen wir das.

Ansonsten:

Wir folgen wiederum der in diesem Blog hinlänglich etablierten Tradition: Kein Silvester ohne diese Bilder. Es handelt sich beim Folgenden also noch einmal um die längst vergilbende Erinnerung an eine norddeutsch-ausgelassene Silvesterparty in einem kleinen Ort bei Hamburg. Der Abend ist mittlerweile bereits über zwei Jahrzehnte her und längst nicht mehr wahr. Deutlich erkennt man aber die sogenannte Hanseaten-Ekstase in meinem Blick.

Denn man muss gerade die süddeutschen und vor allem die rheinländischen Leserinnen und Leser gelegentlich daran erinnern: wir hier oben im Norden, wir sind gar nicht so. Wir können auch anders.

Hanseaten-Ekstase
Gleicher Abend, nur einen Meter weiter: Die Herzdame, liebreizend wie stets und dabei auf diese einmalige nordostwestfälische Weise in strahlender Herzlichkeit ebenfalls gut gelaunt und dem Leben offen zugewandt:

Die HerzdamePassen Sie auf sich auf, kommen Sie gut rüber und bewahren Sie bitte unbedingt Haltung.

Wir sehen uns drüben, wenn Sie mögen.

***

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11 Kommentare

  1. Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie einen guten Rutsch ins nächste Jahr. Bleiben wir zuversichtlich und ab und zu an Land ;).
    Ich freue mich auf Ihre Blog Beiträge.
    Liebe Grüße aus Thüringen
    Gruß Katrin

  2. Al stiller Mitleser danke ich an der Stelle mal für ein weiteres Jahr gut gedachter Blogkost.

    Weiter so! (und uns alten ein Jahr 2024, welches die Änderungen bringt, die wir brauchen)

  3. Lieber Herr Buddenbohm,
    der Jahreswechsel wäre unvollständig ohne diese beiden Bilder, die Sie und Ihre Gattin in norddeutschem Frohsinn zeigen; als gebürtiger Ostwestfale erkennen ich die Freude durchaus. Seit Wochen schon freue ich mich darauf.
    Ihnen und Ihrer Familie einen guten Start in ein hoffentlich erfreulicheres neues Jahr
    wünscht Ihr treuer und begeisterter Leser
    Carsten K., Bonn

  4. Liebster Herr Buddenbohm,
    wir Süddeutschen können seit Jahren schon nicht mehr Silvester feiern, bevor nicht dieses Bild online gegangen ist.
    Wir sitzen hier nun beglückt (im Fernsehapparat läuft „Neues aus Büttenwarder“) – und zudem soll ich dir „die tiefste Verehrung“ des Mannes überbringen, der nun schon mehrere Jahre in Folge silvestern ebenfalls auf die Fotografie wartet.
    Kommt gut hinüber alle zusammen!

  5. Herrlich und Danke Schön fürs Berichten, Bebildern und musikalische Mitteilungen!
    Dieser Moment den andere beim Dinner for one haben, habe ich mit den jährlichen Sylvesterfotos!

    Einen zufriedenen und gesunden Start ins neue Jahr, wünscht
    Sandra

  6. möge alles so werden wie die zwei norddeutschen von den fotos es erhoffen, wünsche ich jedenfalls aus dem odenwald, kräftige grüsse, roswitha

  7. Vielen herzlichen Dank für alle Texte und Bilder. Ich hebe mich schon vorgefreut auf die Hanseatenextase. Alle Gute für 2024!

  8. Hey, voll schön! 😉
    Ich freue mich auch jedes Jahr wieder auf die Bilddokumentation der Hanseaten-Ekstase und der ostwestfälischen strahlend guten Laune!
    Ich seh Sie drüben – das jetzt gerade schon hüben ist.
    Danke für Ihren Blog, der für mich einer der am besten zu lesenden literarischen Seismografen für unseren gesellschaftlichen Zustand ist.
    Frohes neues Jahr mit Grüßen aus Frankfurt am Main!

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