Manches ist schon so lange her

Neulich traf ich einige Menschen aus dem Internet, was schon wieder längere Zeit nicht vorkam. Kaum bemüht man sich um etwas nicht, schon passiert es einfach nicht mehr, siehe auch Demokratie, Kultur und verwandte Themen. Es ist ein wahres Elend, wie suboptimal das eingerichtet ist. Aber manchmal bemühen sich immerhin andere, und man darf dann vielleicht mitmachen. Da muss man auch dankbar sein, denn es ist gut und besonders löblich, wenn sich jemand um etwas kümmert.

Unweigerlich ist es nun aber so, dass Menschen aus dem Internet, die es nicht erst seit gestern benutzen, im Gespräch immer tief in der Vergangenheit landen. In unserem Fall also auch bei der Vergangenheit der diversen Dienste, bei denen wir einmal angemeldet waren oder manchmal immer noch sind. In den Zeiten der großen Zersplitterung der Timelines ist das ein überaus ergiebiges Thema, ein wahrlich weites Feld. Es fällt einem noch etwas und noch etwas ein. Wer ist eigentlich noch wo, wer macht gerade was auf welcher Seite, was wurde eigentlich aus, wie hieß denn bloß noch … und da gab es doch den Dings. Oder die?

„Und ein paar Namen fallen mir ein …“ singt Reinhard Mey in einem bekannten Lied über seine jungen Jahre: „Komm, gieß mein Glas noch einmal ein.“ Übrigens mittlerweile auch ein westdeutsches Geschichtsunterrichtslied. Eindeutig seminartauglich ist es im Laufe der Zeit geworden: Welche Rolle spielt die Erwähnung der Weltrevolution, erörtern Sie.

„Wir werden im Seniorenheim irgendwann Plattformnamen murmeln“, sagte ich. Was ein faszinierender Gedanke ist, denn er klingt nur wie ein Scherz. Bei Lichte betrachtet ist er doch etwas wahrer, als es uns vielleicht recht sein kann. Denn genau so wird es kommen. Wenn wir es denn bis dahin schaffen. Und wenn es dann überhaupt noch so etwas wie Seniorenheime und sogar Pflegepersonal gibt, wie man in unseren der Dystopie zugeneigten Zeiten des ausgeprägten Fatalismus gleich ergänzen möchte. Das Pflegepersonal wird sich dann gewiss über merkwürdige Bezeichnungen wie etwa “Flickr“ wundern. Das klingt wie ein Pferdename, was reden die Alten da heute wieder. Was sind eigentlich Plattformen, was für ein seltsames Wort ist das. Und warum lachen sie immer so seltsam, diese Alten, wenn jemand „Ello“ erwähnt.

Nun. Wir hatten damals jedenfalls diese Online-Zeit. Und sie war nun einmal so, wie sie war. Wir müssen den Mey-Text nur hier und da etwas umdichten, um ihn an unsere Erfahrungswelt anzupassen:

„Vieles ist schon so lange her
Kenn‘ ich nicht alle Nicknames mehr

So kenn ich die Avatare doch
Und ich erinnere mich noch…“

 

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2 Kommentare

  1. Ja genau! Bin mittlerweile raus bei Instagram und facebook (hab da nur noch einen „Arbeitsaccount“, mit dem ich ein wenig gegen Hass und Hetze anschreibe).
    WhatsApp will ich eigentlich auch löschen .. ist aber schwierig!
    Manchmal möchte ich einfach nur den Stecker ziehen!
    Trotz allem… einen schönen Tag…
    Margit … Margeranium

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