Unter uns kulturell beflissenen Widerständlern

Eine Empfehlung möchte ich noch einmal erneuern, nämlich die für Adelheid Duvanels Erzählungen in gedruckter Form, die mir freundlicherweise im letzten Jahr als Geschenk zugeschickt wurden. Hier die Perlentaucherseite zu dem Band „Fern von hier“, hier die Verlagsseite und hier außerdem eine Blogbesprechung.

Kurze oder sehr kurze Texte sind in dem Buch. Teils sind sie seltsam surreal abdrehend, teils lesen sie sich wie etwas ausufernde, ungebremste, hintenrum und wie unabsichtlich zu Prosa gewordene Lyrik. Dabei sind sie alle präzise und geradezu beneidenswert gut beobachtet.

Ich bin als schreibender Mensch gerne neidisch auf die Leistungen anderer, ich denke gerne „Das hätte mir aber auch einmal einfallen können!“ Ich finde Texte gerne gut und erfreue mich daran. Da kann man dann abends denken, dass man immerhin etwas Gutes gelesen hat. Und das ist dann etwas zum Festhalten, wenn der Tag sich sonst wieder drittklassig angefühlt hat.

Dieses Buch jedenfalls liest sich, um es etwas verdreht auszudrücken, wie ein ausgesprochen nüchtern beobachteter und dann sorgsam notierter Trip. „Sanfte Verweigerer und Widerständler des Daseins“ werden laut der einen Rezension in den Texten der Duvanel beschrieben. Wer möchte da nicht sofort heftig sympathisieren.

Sie möchten meist lieber nicht, die Figuren der Duvanel, und ich zumindest kann da mühelos anschließen. Es ist mit Sicherheit kein Werk des Mainstreams-Geschmacks, dazu ist es zu exzentrisch. Aber es ist doch für eine besondere Situation hervorragend geeignet.

Nämlich wenn man abends viel zu erschöpft und auch zu tagwerkdumm zum Lesen ist, aber unbedingt gegen alle Widerstände doch noch zwei, drei Seiten konsumieren möchte, die es auf irgendeine Art in sich haben. Weil man eben durch und durch ein Buch- und Kulturmensch ist, also zumindest im so mühsam bewahrten Selbstbild, welches es weiterhin durch alle Widrigkeiten stoisch zu unterstützen gilt. „Bleiben und stille bewahren, das sich umgrenzende Ich“, oder wie der olle Benn das damals genannt hat. Sie wissen schon.

Weil man sich das also noch für mindestens zehn Minuten beweisen muss, bevor man kulturell wenigstens minimal angereichert doch wieder allzu schnell wegdämmert.

Dafür jedenfalls ist ein bestens geeignetes Buch, das wollte ich nur eben sagen.

***

Letzte Woche sah ich ansonsten zwei am Rande bemerkenswerte Schlagzeilen bei der Tagesschau online, fällt mir noch ein. Bei der Tagesschau, die auch längst und leider auch viel zu deutlich in eher seltsame Welten abdriftet. Nämlich zum einen die fette Zeile über einem freundlich lebenshelfenden Text, in dem erläutert wurde, wie man von Dividenden leben könne. Und zum anderen eine Ausführung, wie sich die Eisbären gerade an den Klimawandel anpassen. Hat da am Ende auch jemand etwas von „FDP stärken“ auf ein Zettelchen geschrieben und irgendwo reingereicht? Zu spät, aber doch? Man weiß es nicht. Man rät nur so herum, weil man eben dauernd Erklärungen sucht, in diesen wirren Zeiten.

Aber wie auch immer. Meine Dividenden reichen dummerweise nicht für alles aus, rücksichtsvoll ausgedrückt, stelle ich beim morgendlichen Nachzählen fest. Ich benötige also weiterhin einen Brotberuf für die finanzielle Grundversorgung der Familie. Noch so ein unbewältigtes Problem.

Ich habe also, das stand dann schon zu unchristlicher Uhrzeit fest, gewiss alles falsch gemacht im Leben, und ich startete dann von dieser Erkenntnis peinlich berührt in den Tag. Das war ein suboptimaler Beginn eines Werktages und zeigte mir wieder grell die Gefahren des regelmäßigen Medienkonsums auf.

Aber was soll man machen. Was soll man nur machen, als notorischer Widerständler des Daseins.

Boote der weißen Flotte am Anleger Jungfernstieg unter für Hamburger Verhältnisse recht blauem Himmel

***

Sie können hier Geld in die virtuelle Version des Hutes werfen, herzlichen Dank! Sollten Sie den konventionellen Weg bevorzugen und lieber klassisch etwas überweisen wollen, das geht auch. Die Daten dazu finden Sie hier. Wer mehr für Dinge ist, es gibt auch einen Wunschzettel.

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Time limit exceeded. Please complete the captcha once again.