Vorweg ein Dank für die Zusendung eines Romans: „Thomas Mann macht Ferien“ von Kerstin Holzer. Laut dieser Rezension geht es um das Gewinnen von Haltung, ist damit also topaktuell und jederzeit anwendbar. Herzlichen Dank!
Und apropos Thomas Mann: In der ARD-Audiothek gibt es eine Lesung seines Erzählstückchens „Eisenbahnunglücks“ aus dem Jahr 1909, noch vor der Tegernseezeit aus dem oben erwähnten Roman geschrieben. Gesprochen vom Autor selbst. Da hat man noch einmal eine nicht mehr zeitgemäße Sprache in nicht mehr zeitgemäßer Betonung, das 19. Jahrhundert weht durch den Text. Einige moderne Einsprengsel hier und da, es ist ungemein interessant.
Etwas geziert und manieriert klingt es, was da berichtet wird, und dass den Text in einer anderen Version Loriot vorliest, es scheint perfekt zu passen.
Ich höre keine Spur eines Tonfalls aus Lübeck in der Aussprache von Thomas Mann, nicht den geringsten Anklang. Und ich wundere mich, wieso er das Wort „gottlob“ nicht so ausspricht, wie ich es kenne, sondern eindeutig als „gottlopp“. Bei der ersten Nennung halte ich es noch für einen Fehler, einen Verleser, wie er jedem passieren kann, bei der zweiten muss es doch Methode haben. Gottlopp. Seltsam. Gehört das irgendwo so?
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Am Sonnabendmorgen frage ich bekannte und ruhmreiche AI-Modelle nach dem Veranstaltungsprogramm für Hamburg, denn ich stelle fest, an diesem Tag ein verblüffendes Ausmaß an freier Zeit zu haben. Das ist ein wundersamer Zustand, mit dem ich nach gründlicher Entwöhnung nicht mehr gut umgehen kann. Da brauche ich Hilfe und Hinweise.
Das eine Modell sagt mir, es fände heute ein großer Marathon statt. Was nicht stimmt, der war am letzten Wochenende, ich berichtete. Das andere Modell sagt, es fände heute der Hafengeburtstag statt. Was ebenfalls nicht stimmt, der ist erst am nächsten Wochenende, ich werde keineswegs berichten. Es ist mit diesen Modellen also manchmal in etwa wie mit dem Googeln früher, nur mit viel schlechteren Ergebnissen.
Aber hey, es geht voran. Oder wohin auch immer.
Einig sind sich die beiden Modelle dann darin, dass die Spider Murphy Gang am Abend ein Konzert in der Stadt geben wird, das immerhin. Demnach sind wir erneut Richtung Achtziger abgebogen, aber darauf kommt es mir schon nicht mehr an.
Der Fairness halber: Bei zwei Recherchen zu abwegigen Themen habe ich gestern hervorragende Antworten von diesen Modellen bekommen, wirklich gutes Zeug, das noch vor etwa einem Jahr so nicht möglich gewesen wäre.
Das muss man auch sehen, wollte ich nur eben sagen: Es ist nicht so, dass die gar nix können, diese Modelle. Spitzenleistungen und Desaster liegen bei ihnen vielmehr direkt nebeneinander in seltsamer, staunenswerter Gleichzeitigkeit vor.
Woher kennen wir das nur? Genau, aus dem eigenen Hirn. Tu quoque, AI.
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Das Veranstaltungsprogramm der Millionenstadt Hamburg liest sich ansonsten, wenn man es sich erfolgreich zusammengeklickt hat, wie das einer mittleren Kreisstadt. Es gibt Flohmärkte, eine Hüpfburg in einem Park, einen Lagerverkauf in einem Industriegebiet am Rand der Welt und dergleichen, sowie abendliche Naturführungen mit Fledermäusen und Vogelsang. Hm.
Vielleicht bin ich zu größenwahnsinnig anspruchsvoll für diese Angebote. Was gut sein kann, denn was stelle ich mir eigentlich vor. Wir sind hier nicht in Seattle, Dirk.
Oder aber, diesen logischen Schluss darf ich nicht vergessen, Kreisstädte sind unterschätzt und im Grunde auf der Höhe der Zeit, welche durch Hüpfburgen hinreichend symbolisiert werden kann.
Immer positiv enden, wenn es geht. Ja, ja.
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Das eingangs erwähnte Problem mit der freien Zeit löste ich dann ebenso routiniert wie konstruktiv durch Gulasch. Mit der Zubereitung von Gulasch kann man nämlich ein paar Stunden in der Küche verbringen. Man ist weg von der Straße, die Familie wird satt und der Tag geht vorbei.
Immerhin.
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