Ein wenig Pferd und Wagen, ein wenig Dampf

Ich las im Bett und legte wieder weg: Die Kurzgeschichten von Miranda July, „Zehn Wahrheiten“ (Perlentaucherlink). Ich bin allerdings unsicher, ob sie mir tatsächlich nicht gefielen oder ob sie nur in denkbar ungünstigster Weise nicht zum gerade erst gehörten Thomas Mann passten. Wofür die Autorin dann überhaupt nichts könnte.

Aber egal, das Buch war aus dem öffentlichen Bücherschrank. Ich stelle es also dorthin zurück und wenn es noch einmal dort für mich erscheint, nachdem es einige weitere Runden durch fremde Hände gedreht hat, gibt es vielleicht einen weiteren Versuch. Was weiß ich denn, welche Bücher mir in ein paar Wochen oder Monaten gefallen werden. Meine abendlichen Urteile sind eher unverbindlich.

Ersatzweise habe ich etwas anderes angefangen, und es wird viel eher etwas: Terézia Mora, „Alle Tage“. Unterm Link wieder die Perlentaucherseite dazu. Lauter Bejubelungen gab es damals in den Feuilletons. Aber das war bei Miranda July auch der Fall und beweist oft wenig für die eigene Leselust.

In der „Königlichen Hoheit“ von Thomas Mann, ein Buch, das 1909 erschien, fragt man sich übrigens, ob es womöglich dem Klima schaden könnte, wenn man zu viel Wald rodet. Aber das nur am Rande.

Blick über das abendliche Alsterfleet zum Turm der Alten Post

Ich fange beim Wochenendspaziergang, während ich am ersten richtigen Hitzetag des Sommers durch den schmalen Schatten an den Hauwänden im kleinen Bahnhofsviertel schleiche, den „Tristan“ von Thomas Mann an. Eine Erzählung aus dem Jahr 1901, gelesen von Gert Westphal. Ich kann mich erstaunlich gut an den Text erinnern, den ich vermutlich zu Oberstufenzeiten gelesen habe. Was daran liegen mag, wie mir dann wieder einfällt, dass meine Mutter und ich etliche Wendungen daraus in die damalige Alltagssprache übernommen haben. Etwa wenn jemand aussah „wie ein verwester Säugling“ oder wenn jemand blass und apathisch aussah: „Sie hatte beim Husten ein wenig Blut aufgebracht.“ Oder beim Anblick der beleibteren Rentnter am Strand: „Reichtum und sitzende Lebeweise!

Die Herzdame, die gerade eine Woche auf Föhr war, reist währenddessen zurück zu uns. Sie braucht wegen des Generalversagens aller beteiligten Dienstleister länger, viel länger als eine wirklich große Menge Hörbuch dauert. Fast romanlang ist sie unterwegs. Sie braucht genau genommen so dermaßen lange für diese nicht eben weite Reise, dass die Wegzeit vermutlich in etwa der entspricht, die man auch zu Zeiten der Tristangeschichte gebraucht hätte. Ein wenig Pferd und Wagen, ein wenig Dampf – vielleicht war man damals auch schneller als heute. Ich wäre nicht überrascht.

Insofern ist es auch wieder alles stimmig, wenn ich nur lange genug nachdenke.

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Gesehen: Eine leider anlassbezogene Weiterbildung, „Die Beach Boys – Genie und Wahnsinn“ bei arte.

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Gehört: Eine Folge Radiowissen über Bruce Springsteen – Die Vermessung des amerikanischen Traums.

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