The same procedure

Zunächst möchte ich wieder Mascha Kaléko auf die Bühne bitten, was man ohnehin nicht oft genug machen kann. Sollten Sie Ihr schmales lyrisches Gesamtwerk nicht bei sich herumliegen haben – ich empfehle es für jeden Haushalt, es ist eine Labsal.

Ihr Abgesang auf ein Jahr, aus welchem man nicht eben freudejauchzend und hoffnungstrunken hinausrutscht, er sei auch diesmal wieder zitiert, weil er nach wie vor passt.

„Nekrolog auf ein Jahr“ heißt das Gedicht, ich zitiere es nicht ganz vollständig:

Nun starb das Jahr. Auch dieses ging daneben

Längst trat es seinen Lebensabend an.

– Es lohnt sich kaum, der Trauer hinzugeben,

Weil man sich ja ein neues leisten kann.

 

Man sah so manches Jahr vorüberfliegen,

Und der Kalender wurde langsam alt,

– Das Glück gleicht eleganten Luxuszügen

Und wir der Kleinbahn ohne Aufenthalt …

 

Im Wintersportgebiet hat’s Schnee gegeben.

Wer Hunger hat, schwärmt selten für Natur.

Silvester kam. Und manches Innenleben

Bedarf jetzt fristgemäß der Inventur.

[…]

Nun starb ein Jahr. Man lästre nicht am Grabe!

Doch: Wenn das Leben einer Schule gleicht,

Dann war dies Jahr ein schwachbegabter Knabe

Und hat das Ziel der Klasse nicht erreicht …

***

Dies also einerseits, und es ist auch richtig und wird erneut von mir tief empfunden, geteilt und unterschrieben. Von den Jahren, die Ihr kennt, war es für mich aus Gründen, die hier allerdings nicht standen und auch nicht stehen werden, mit Abstand das schlechteste Exemplar. So schlecht sogar, dass es mich auf den letzten Metern noch zu für mich eher ungewohnten Handlungen, neu versuchten Gesprächen und dann schließlich auch zu gewandelten Einstellungen trieb.

So dass das Jahr am Ende sogar Erfolg hatte. Also wenn diese Änderungen bei mir denn der Zweck dieses zwölfmonatigen Projektes waren, was ein etwas egozentrisches Weltbild voraussetzt. Okay, okay. Ich stelle jedenfalls mit allerdings vorläufig noch bleibender Skepsis fest, dass ich erstaunlich gut gelaunt aus diesem Jahr gehe, was mit großer Sicherheit mein unerwartetes Immerhin des Jahres ist.

***

Sowieso aber sind alle persönlichen Probleme stets und jederzeit streng zu relativieren, wie wir alle gut wissen. Und da ist nun dringend eine zweite Dichterin zu zitieren. Eine mit einem anders gearteten Werk, es geht auch nur um eine einzige Zeile von ihr. Dies ist eine Zeile, die ich gerade oft sehe. Sie wurde mir groß entgegenplakatiert und prangt am benachbarten Ohnsorg-Theater, an dem ich täglich und meist auch mehrfach vorbeigehe: „Huul man nich, Du leevst ja noch.“

Hier der Link zum so beworbenen Stück.

Ja, danke, es geht schon wieder, murmele ich dann im Vorbeigehen nach kurzem Bedenken. Vielen Dank, es geht schon wieder. Eine Weile oder ein paar Meter lang.

Was noch? Amüsiert stelle ich fest, dass unser Traditionssong von „Burning Hell“ an diesem Tag, „Fuck the government, I love you“, seit diesem Jahr bei YouTube eine Altersbeschränkung hat und damit nicht mehr in Blogs oder anderswo eingebunden werden kann.

Verlinken auf YouTube kann man aber nach wie vor, und wenn Sie alt genug sind, dann dürfen Sie das Video auch sehen, bitte hier entlang. Besonders dann, wenn Sie das Lied noch nicht kennen. Für mich gehört der Song verbindlich zu diesem Tag, ein kleines Meisterwerk in Text, Musik und Bild.

Ansonsten, und ab hier ist es nun Brauchtumspflege:

Wir folgen wiederum der in diesem Blog hinlänglich etablierten Tradition: Kein Silvester ohne diese Bilder. Es handelt sich beim Folgenden daher noch einmal um die verdämmernde Erinnerung an eine norddeutsch-ausgelassene Silvesterparty in einem kleinen Ort bei Hamburg. Der Abend ist mittlerweile bereits über zwei Jahrzehnte her und also längst nicht mehr wahr.

Deutlich erkennt man jedenfalls die sogenannte Hanseaten-Ekstase in meinem Blick.

Denn man muss gelegentlich daran erinnern: Wir hier oben im Norden, wir sind gar nicht so. Wir können auch anders.

Maximilian Buddenbohm an Silvester, mit Partyhut

Der gleiche Abend, nur einen Meter weiter: Die Herzdame. Liebreizend wie stets und dabei auf nordostwestfälische Weise in strahlender Herzlichkeit bestens gestimmt und dem Leben mit all seinen Abenteuern jederzeit offen und positiv zugewandt:

Die Herzdame an Silvester, mit Partyhut

***

Mir bleibt noch, mich noch einmal für die Trinkgelder der letzten Wochen, die sicher wieder teils weihnachtlich oder jahresbilanzierend gemeint waren, herzlich zu bedanken. Es waren zwei Summen für die Söhne dabei, diese wurden ausgezahlt, die beiden Empfänger winken dankend und gechillt wie immer.

Es war mir ein Fest, jeder einzelne Euro, allerbestes Publikum.

Passen Sie auf sich auf, kommen Sie gut rüber und bewahren Sie bitte unbedingt Haltung.

Wir sehen uns drüben, wenn Sie mögen.

Kreideschrift auf dem Pflaster: NeuJA

***

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2 Kommentare

  1. Ich bin ja derartig unbeleckt, was Musik angeht …
    Aber was ich weiß: Ich mag es, wenn Popmusik als Walzer daher kommt.
    Danke deswegen für dieses wundervolle Video, das mir auf allen Ebenen sehr gefallen hat.
    [Altersbeschränkung weges eines Wortes, das Menschen unter 18 ca. 17einhalb Mal am Tag hören? Sehr sinnvoll. ]

  2. Lieber Herr Buddenbohm,
    wie jedes Jahr habe ich mich auch in diesem auf die beiden Bilder von Ihnen und Ihrer Gattin gefreut, voller innerer Fröhlichkeit, die ich als gebürtiger Ostwestfale sehr wohl darin sehe.
    Vielen Dank für den nahezu täglichen Text, der nicht nur stets meinen Tag bereichert, sondern oft auch Inspiration für mein eigenes Geblögge liefert.
    Ihnen und Ihrer Familie alles Gute und möglichst viele Immerhins für das kommende Jahr!
    Herzliche Grüße aus Bonn
    Carsten Kubicki

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