Zwei Meldungen erschienen in den letzten Tagen in etlichen Medien, die in merkwürdiger Verbindung zu stehen schienen. Zum einen die mittlerweile jährlich abgefeierte Erkenntnis, dass man nicht jeden Tag 10.000 Schritte gehen muss, um etwas Entscheidendes für seine Gesundheit zu tun, sondern, und diese Zahl variiert dann in jeder Saison, es sind lediglich 7.000. Also sind es jedenfalls in diesem Jahr, 2026 wird sicher eine andere Zahl verschlagzeilt werden.
Zum anderen erklärt man, und auch das scheint ein allgemeines Medienritual zu werden, zum xten Male, wie sehr uns das Sitzen schadet, uns krank macht, uns immer früher und vor allem immer verlässlicher ins Grab bringt. Sitzkrebs, Stuhlplage, sesselinduzierte Auszehrung.
Unabhängig von irgendwelchen Meldungen, einfach nur aus Lust, Neigung und innerer Unruhe, der nachzugeben ich für gesund hielt, bin ich mittlerweile bei einem Schnitt von 15.000 Schritten pro Tag. Ich habe lange gedacht, dass ich das aus zeitlichen Gründen gar nicht erreichen könnte, aber es geht, wie sich in diesem Jahr zeigte, doch.
Ich habe außerdem seit Monaten keinen Alkohol mehr getrunken. Nicht aus einem heroischen Beschluss heraus, ganz und gar nicht, er hat mich einfach nur zu müde gemacht. Ich fand es irgendwann wirklich lästig. Viel Bewegung und kein Alkohol also, und was glauben Sie, wie es sich anfühlt?
Genau wie vorher fühlt es sich an. Ich kann all diese Ratgeberseiten etc. nicht bestätigen, auf denen dauernd behauptet wird, dass man sich nach vier Wochen mit oder ohne dieses und jenes Verhalten, Laster, Nahrungs- oder Suchtmittel wie ein neuer Mensch fühlen wird. Wie mit Superkräften ausgestattet, endlich kerngesund, ungeahnt leistungsfähig etc., frisch durchstartend und was nicht noch alles.
Ich habe vor vielen Jahren schon aufgehört zu rauchen. Zwischendurch habe ich einmal eine längere Zeit ohne Zucker gelebt, eine Phase ohne jedes Fleisch gab es ebenfalls. Ich habe nicht ferngesehen, nicht getwittert (damals), ich habe etliche Varianten der freiwilligen Selbstbeschränkung einmal versucht. Aus Neugier oder auch eher aus Zufall. Ich habe mehrfach festgestellt, dass mir manch Verzicht erstaunlich leichtfällt, was mir dann jeweils beruhigend vorkam. Ich könnte also jederzeit, wenn ich wollte, und das ist doch immerhin gut zu wissen. Eine spartataugliche Bereitschaft zur Reduktion.
Aber dieser Wahnsinns-Effekt im Positiven jedenfalls – nie habe ich das so erlebt. Bei gar nichts. Was im Umkehrschluss wohl heißt, dass man den positivsten Effekt womöglich davon hat, dass man nicht auf irgendetwas Greifbares, sondern eher konsequent auf sämtliche Ratschläge und Hinweise zu angeblich lebensändernden Maßnahmen aller Art verzichtet.
Aber das wäre dann, wie leider sofort auffällt, auch wieder ein Ratschlag. Es ist doch kompliziert.
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Währenddessen sollten wir, wenn ich das bei der morgendlichen Lektüre richtig überblicke, nicht mehr von deutschsprachigen Blogs reden, sondern eher von Wasserstandsmeldungen. Es passt schon.
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