Katharina Seiser, die hier auch schon als Herausgeberin von “Deutschland vegetarisch” und “Österreich vegetarisch” und “Einer für alles” vorkam und überhaupt in geradezu sportlicher Taktung mit Neuigkeiten in meinem Buchregal vertreten ist, hat vor einiger Zeit ein Experiment gemacht. Für eine Zeitschrift. Das werden einige mitbekommen haben, das ging ganz munter durch die sozialen Medien – es ging um die vegane Ernährung. Da hat sie sich eine Zeit lang vegan ernährt und ihre Erfahrungen dokumentiert, und zu diesen Erfahrungen gehörte auch das Erstaunen über die vielen künstlichen Ersatzprodukte.
Im Laufe des Experiments entstand die Idee zu dem jetzt vorliegenden Kochbuch „Immer schon vegan“ (Fotos von Vanessa Maas, Brandstätter Verlag), es geht darin um vegane Küche ohne Ersatzprodukte, um Rezepte, die einfach immer schon vegan waren. Sei es aus religiösen Gründen, weil keine tierischen Zutaten da waren, oder weil sie einfach niemand vermisst hat – egal. Die Gerichte wurden nach nur zwei Kriterien ausgewählt, sie mussten vegan einwandfrei und traditionell funktionieren, und, genau so wichtig, sie mussten schmecken. Das ergab eine spannende Sammlung von Rezepten aus aller Welt, sortiert nach Jahreszeiten. Und das kommt übrigens ganz ohne die idelogoische Dröhntüte aus, die man sonst oft mit veganer Ernährung verbindet. Es ist einfach eine Sammlung von Rezepten ohne tierische Zutaten. Fertig.
Nach einer lesenswerten Einführung zur Frage, wie der Geschmack ins Essen kommt und welche Zutaten eigentlich was machen, geht es mit dem Frühling los. Den haben wir da draußen gerade und ich habe das gemacht, was ich auch schon bei Eschi Fiege neulich gemacht habe, ich habe einfach vorne angefangen. Deswegen gab es Ananas-Avocado-Salat, das ist ein Rezept aus Kuba. Habe ich schon jemals kubanisch gekocht? Vermutlich nicht.
Bei dem Wort Salat sind die Söhne natürlich sofort und gründlich aus dem Spiel. Salat in egal welcher Ausprägung fällt für sie einfach nicht in die Kategorie Lebensmittel, vielleicht abgesehen von dem unsalatigsten aller Salate, dem norddeutschen Kartoffelsalat, also dem mit viel Mayonnaise. Über den kann man mit ihnen reden. Manchmal. Ansonsten ist Salat aber komplett abwegig.
Dieser Salat hier ist ein etwas ungewöhnliches Geschmackserlebnis, wie man sich denken kann, wenn man die Zutatenliste sieht:
1 reife Ananas
2 Handvoll Brunnenkresse (ich hatte nur gewöhnliche Kresse)
1 rote Zwiebel
2 reife Hass-Avocados
2 EL ungesalzene geröstete Erdnüsse ohne Häutchen
2 Knoblauchzehen
Sat von 1 – 2 Limetten
Saft von einer Orange
¼ TL gemahlener Kreuzkümmel
1 geh. TL Salz
Viel schwarzer Pfeffer
8 EL fruchtiges, nicht zu scharfes Olivenöl
Ja, das klingt erstaunlich, aber lesen Sie ruhig weiter, das ist nämlich großartig. Wie Katharina Seiser schreibt, schmeckt es “schillernd fruchtig und reichhaltig”, und das stimmt auch genau so.
Die Ananas korrekt zerteilen, das sieht man sich am besten mal auf Youtube an. Oder man kauft sie gleich zerteilt, wenn man es nicht so mit dem Heimwerken hat. Brunnenkresse waschen, schleudern. Zwiebel schälen, halbieren, in Streifen schneiden.
Für das Dressing Knoblauch schälen, halbieren und sehr fein hacken. Limetten und Orange auspressen. Alle Zutaten ohne Öl gut verrühren, dann erst Öl zugeben. Salzig-kräftig abschmecken.
Ananas, Brunnenkresse und Zwiebel mit dem Dressing mischen, dabei noch etwas Dressing zurückbehalten.
Die Avocados längs halbieren, Kern entfernen, schälen. Fruchtfleisch grob zerteilen, auf dem Salat verteilen. Erdnüsse hacken, den Salat mit dem restlichen Dressing beträufeln und mit den Erdnüssen, die ich übrigens gar nicht hatte, bestreuen.
Das habe ich alles so zusammengebastelt und dabei schon gemerkt, dass es faszinierend anders und ziemlich toll schmeckt. Ich habe das nett drapiert und auf dem Wohnzimmertisch bereit gestellt, um die Herzdame damit zu überraschen, es soll der Stimmung in Beziehungen ja gelegentlich helfen, wenn man sich mit hervorragendem Essen verwöhnt.
Das allerdings hat nicht funktioniert. Die Herzdame hat sich nämlich, ohne sich groß mit der Begrüßung und den Erklärungen des Kochs aufzuhalten, sofort an den Tisch gesetzt und losgelöffelt, wobei sie allerdings nach einem flüchtigen Blick aufs Essen davon ausging, es handele sich um Kartoffelsalat ohne Mayonnaise. Doch, die Optik gibt das her, jedenfalls wenn man nur ganz kurz hinsieht. Ihr Gesichtsausdruck war dann recht interessant, denn wenn man Kartoffel erwartet, aber Ananas im Mund hat, dann ist der Mensch etwas irritiert, und der Geschmacksnerv erst recht. Ich hatte dann in der Folge sehr viel Salat fast ganz für mich alleine – und das war gar kein Problem. Sehr guter Salat, ich kann es wirklich beurteilen. Ich habe Unmengen davon gegessen und ich werde es wieder tun, ich fand ihn super.
Wer übrigens tierfreie Rezepte sucht, der wird bei der Sammlung zum Tierfreitag immer wieder fündig, die Seite ist ein weiterer Ableger des Seiser-Experiments. Auch dort geht es um Rezepte ohne Ersatzprodukte.
Aus „Immer schon vegan“ demnächst hier noch mehr.
Einfach wunderbar! Das Rezept klingt total lecker und wird schnellstmöglich nach“gekocht“. Dankeschön 🙂
Gebürtig in der Ursprungsstadt des Brunnenkresseanbaus muss ich kritisch anmerken, dass ich auf den Bildern nur gewöhnliche Gartenkresse entdecken kann, keine Brunnenkresse. Das ist leicht nachvollziehbar, da Brunnenkresse schwer zu kultivieren und folglich schwer zu bekommen ist, während Gartenkresse in jedem Supermarkt zu finden ist, soll aber hier nicht unerwähnt bleiben.
Ein großartiges Buch. Und er Tierfreitag ein großartiges Projekt. Und speziell diesen Salat hier hab ich auch schon gemacht – und außer mir fand‘ ihn hier auch niemand fantastisch, aber das reicht ja auch! [Bruder im Geiste!]
Klingt lecker! Aber fast noch besser ist die Herzdame-Kartoffelsalat-Geschichte, ich habe sehr gelacht!! Danke!
Ich hatte neulich einen Salat aus Rote Beete, Avocado und Mango. Das war auch fantastisch und vielleicht ähnlich ausgefallen. Avocado-Ananas wird ausprobiert!
Direkt getestet – köstlich, wird weiterempfohlen! Und danke für den Buchtipp!
Der wird probiert!
Camilla: Steht doch auch da, dass in Ermangelung von Brunnenkresse „nur“ gewöhnliche verwendet wurde.
Tolles Rezept, wird morgen ausprobiert!
Danke für den wunderbaren Tipp, hab ich für meine KollegInnen gleich nachgekocht. Das schwierigste daran war, nicht selbst gleich zu viel davon aufzuessen, mmmh! Interessant fand ich, dass der Salat eine interessant polarisierende Wirkung zeigte: die Hälfte konnte -trotz Schild- damit nicht soo viel damit anfangen (gut, ist jetzt vielleicht auch nicht das klassische Frühstücksrezept), die andere Hälfte war hingegen verzaubert. : ) danke, werde ich sicherlich öfters kochen!!!