Gelesen, vorgelesen, gesehen, gehört im Juli

Mascha Kaléko: In meinen Träumen läutet es Sturm. Gedichte und Epigramme aus dem Nachlass. Das Gesamtwerk von Mascha Kaléko hat man leider geradezu bestürzend schnell durchgelesen. Und wäre es doppelt so umfangreich, man würde das immer noch denken. Und auch wenn es dreifach, vierfach wäre. Man legt die schmalen Bände nicht gerne weg.

Mascha Kaléko

Alex Capus: Mein Studium ferner Welten – ein Roman in 14 Geschichten. Geschichten aus einer Kleinstadt in der Schweiz. Die Hauptfiguren tauchen immer wieder in neuen Zusammenhängen auf, werden älter und ändern sich, die Stadt bleibt immer die kleine Stadt, eng und begrenzt. Da kommt nicht jeder raus, und wer rauskommt, der kommt womöglich zurück und weiß nicht recht, wie das zuging. Die kleine und namenlose Stadt bindet die Erzählungen und die Menschen. Ganz leichte Geschichten sind das, der Erzählstil wirkt angenehm mühelos, die inhaltliche Schwere trifft einen etwas unerwartet und ganz ohne dramatische Momente, es sind die Kleinigkeiten und Selbstverständlichkeiten des Älterwerdens, der Liebe, der Sinnfindung. Sehr gerne gelesen. Und gleich mehr von Alex Capus bestellt.

Alex Capus

Wolfgang Büscher: Berlin – Moskau. Eine Reise zu Fuß. Das Buch hat etliche Preise gewonnen, was ich auch vollkommen richtig finde. Und statt weiterer Anmerkungen bietet es sich bei diesem Buch an, den ersten Absatz zu zitieren, der Autor geht los, er macht sich zu Fuß auf den Weg nach Moskau.

“Eines Nachts, als der Sommer am tiefsten war, zog ich die Tür hinter mir zu und ging los, so geradeaus wie möglich nach Osten. Berlin war ganz still an diesem frühen Morgen. Alles, was ich hörte, war das Pochen der Schritte auf den Dielen, dann Granit. Eine Süße lag in der Luft, das waren die Linden, und Berlin lag wach, aber es hörte mich nicht. Es lag wach wie immer und wartete wie immer und hing wirren, gewaltigen Träumen nach, die aufblitzten wie das Wetterleuchten dort über dem Häusermassiv. Es hatte geregnet die Nacht, ein Bus fuhr vorüber, seine Rücklichter zogen rote Spuren über den nassen Asphalt. Verkehr kam auf, in den Alleen schrieen die Vögel, zitternd sprang die Stadt an, bald würden die Angestellten in breiter Formation in ihre Büros fahren. Damit hatte ich nichts mehr zu tun.”

Da möchte man doch weiterlesen, möchte man nicht? Ab und zu hat das Buch einen unüberlesbaren Stich ins Esoterische, das wurde von Kritikern teils bemängelt. Aber wer weiß, wenn man zu Fuß nach Moskau gehen würde – ob man selbst ohne Stich ins Esoterische dort ankommen würde?

Auch in diesem Fall gleich das nächste Buch bestellt: Wolfgang Büscher: Deutschland, eine Reise, mein nächstes Buch auf dem Handy. Er ist für dieses Buch einmal um Deutschland herumgegangen. Ich bin noch auf den ersten Seiten, da schwimmt er erst einmal quer durch den Rhein. Das würde ich eher nicht tun, aber ich würde, ich rede davon schon gebetsmühlenhaft, wirklich gerne einmal die ganze deutsche Küste ablaufen. Abwandern. Abbloggen. Sie wissen schon. Egal.

Vea Kaiser: Blasmusikpop oder wie die Wissenschaft in die Alpen kam. Meine Urlaubslektüre in Südtirol. Ich hatte einen ganzen Stapel Bücher dabei, aber mehr habe ich gar nicht geschafft, es gab da so viel Gegend zu gucken, das war mir tatsächlich wichtiger. Das Buch habe ich als E-Book auf dem Handy gelesen, ein schickes Foto gibt es davon also nicht. Das ist ihr Debütroman, eine Coming-of-age-Geschichte aus einem abgelegenen Bergdorf, mit ordentlich Comedy und Drama dabei, mit liebevoll ausgestalteten Nebenfiguren, mit sehr viel Schwung und irvinghaften Schlenkern – ein großer Spaß für den Urlaub, besonders natürlich in den Bergen. Auch von Vea Kaiser gleich das nächste Buch besorgt.

Vorgelesen

Die Herzdame liest gerade aus der Jim-Knopf-Reihe von Michael Ende vor, das wird jeder kennen, das kann man beim Zuhören quasi mitsprechen.

Michael Ende, Jim Knopf

Ein ähnlicher Effekt auch bei Mark Twains Tom Sawyer, das wir allerdings in der Ausgabe “Kinderbuchklassiker zum Vorlesen” von Arena lesen, nacherzählt von Elke Leger, mit Bildern von Markus Zöller. In dieser Ausgabe kann Sohn I leichter auch mal alleine lesen.

Tom Sawyer

Weiter gelesen wurde außerdem in Kirsten Boies Seeräuber Moses, das kam hier schon vor. Es ist ein Buch von ordentlicher Dicke, das dauert eine Weile.

Kirsten Boie, Seeräuber Moses

Und zum ich weiß nicht wievielten Male las ich die Riesenbirne von Jakob Martin Strid, die hatten wir hier auch schon öfter. Das absolute Lieblingsbuch von Sohn II, und zwar mit weitem, weitem Abstand vor allen anderen Büchern. Das Buch bricht alle Vorlesewiederholungsrekorde in diesem Haushalt.

Gesehen

Nichts. Macht nichts.

Gehört

In diesem Monat ist nur ein einziger Ohrwurm hängengeblieben, er ist von Ernest Ranglin. Das Stück fällt beim ersten Hören gar nicht so auf, schleift sich aber nach einer Weile schön ein. Netter Sommersound. Infos zu Ernest Ranglin hier.

4 Kommentare

  1. Wie schön hier über Mascha Kaléko zu stolpern – mit die schönsten und klügstens Gedicht und so schade, dass sie kaum jemand kennt. Und ja, es sind zu wenige, auch wenn es mehr wären!

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