Kinderbuchsession auf dem Barcamp Hamburg 2017

Gemäß uralter Tradition waren wir wieder mit den Söhnen auf dem Barcamp Hamburg. Und mittlerweile finden es auch die Kinder logisch, vor dem Besuch dort zu überlegen, ob wir eine Session anbieten können. Was übrigens auch eine gute Gelegenheit ist, sich zu fragen, was man eigentlich so macht. Kann man darüber was erzählen? Interessiert das jemanden, gibt es da Lernstoff, Anregungen? Wir haben natürlich neuerdings Gartenthemen, die sind aber alle noch theoretisch, die Schrebergartensession machen wir also lieber erst nächstes Jahr. Man will ja etwas vorweisen können, und seien es nur ein paar Möhrchen.

Sohn I hat in einer Session die mir bis heute vollkommen rätselhaften Spielregeln des Pokémon-Offline-Spiels erklärt, und als Familie gemeinsam haben wir die Kinderbücher vorgestellt, die in den letzten Jahren hier am besten ankamen. Beim Vorlesen, beim Lesen, beim, Immerwiederdurchblättern. Ein paar Klassiker, die wirklich jede und jeder kennt, haben wir gleich weggelassen, Lindgren muss man niemandem empfehlen. Lindgren war bei uns allerdings auch kein wirklicher Knaller.

Da auf Twitter nach den vorgestellten Büchern gefragt wurde, kommen die jetzt im Schnelldurchlauf hier im Blog. Ausführliche Rezensionen findet man natürlich an jeder Ecke im Internet, dazu reicht die Zeit im Moment auch nicht. Aber Weihnachten naht, vielleicht sucht die eine oder der andere doch noch praxiserprobte Anregungen? Es handelt sich wirklich um die beliebtesten Bücher, das müssen also nicht die pädagogisch wertvollsten sein.

Los geht’s:

Neil Gaiman: Die verrückte Ballonfahrt mit Professor Stegos Total-locker-in-der-Zeit-Herumreisemaschine. Wie eine Session-Teilnehmerin auf dem Barcamp sagte: “Eine hervorragende Heranführung an das Werk von Neil Gaiman.” Zeichnungen von Chris Riddell, Übersetzung von Ursula Höfker. Etwa ab fünf Jahren.

Tjibbe Veldkamp und Kees de Boer (Illustrationen): Bert und Bart retten die Welt. Übersetzung von Rolf Erdorf. Mit einer Mutter, die die Jungs zwingen will, Bäume zu umarmen und sie nicht mit Waffen spielen lässt. Schlimm! Und besonders schlimm, wenn man gerade Waffen gegen Außerirdische braucht. Dringend. Etwa ab fünf Jahren.

 

Haimo Kinzler und Leo Leowald: Gustav und Albo vom Aldebaran und der andere Band: Gustav und der Professor. Schon wieder ein Außerirdischer. Und Waffen spielen auch wieder eine Rolle, heißen hier aber Weltraumwummen. Außerdem mit einer ziemlich coolen Lehrerin: “ Ich bin natürlich in allen asiatischen Kampfkünsten ausgebildet!”, erklärt Frau Meier-Greulich, “Als Lehrerin muss man schließlich wissen, wie man seine Klasse verteidigt!” Die Bände enthalten Elemente aus Horror- und Science-Fictionfilmen, wunderbar aufbereitet für etwa Sechsjährige. Großer Spaß.

Jakob Martin Strid, Die unglaubliche Geschichte der Riesenbirne – oder wie Hieronymus Bergström Severin Olsen wieder in sein Amt als rechtmäßiger Bürgermeister von Glückshafen eingesetzt wurde – zur Freude aller Einwohner der Stadt, bis auf einen. Deutsch von Sigrid C. Engler. Unser zerlesenstes Buch, von Sohn II in Grund und Boden geliebt. Ein Buch, in das Kinder ab vier Jahren hineinwachsen können, mit jedem Jahr verstehen sie ein wenig mehr von der komplexen Geschichte und sehen noch mehr Details in den Bildern. Und im ersten Schuljahr lesen sie es dann endlich selbst. Und lesen und lesen. Das Buch kam hier im Blog schon öfter vor als meine eigenen Bücher, glaube ich.

Christian Berg: Kleines Monster Monstantin, mit Illustrationen von Jan Radermacher. Die Familie des Monsters Monstantin wird von einem Geisterbahnbesitzer entführt – es gibt aber auch Probleme!  Schöne Geschichte über das Anderssein. Etwa ab vier Jahren.

Jan Jutte: Wach doch auf! Deutsch von Andrea Kluitmann. Sehr schön gezeichnete Geschichte von einem Jungen, der mit einem Elefanten befreundet ist, der morgens einfach nicht wach werden will. Dabei könnte man so schön spielen gehen! Aber das Tier schläft und schläft. Bis … Für die ganz Kleinen.

Timo Parvela: Ella in der Schule, aus dem Finnischen von Anu und Nina Stohner. Bilder von Sabine Wilharm. Es gibt mehrere Ella-Bände, alle perfekt passend für die ersten Grundschulklassen. Auch für Erwachsene unterhaltsam!

Dave Shelton: Bär im Boot. Übersetzt – und zwar saugut übersetzt – von Ingo Herzke. Die Sprache eine reine Freude, die Handlung irgendwie Kafka goes Disney, mein allerliebstes Vorlesebuch, das recht dick ist und in dem so gut wie gar nix passiert. Aber wie! Sehr große Empfehlung. Ab etwa fünf Jahren. Keine Grenze nach oben.

Christian Tielmann und Zapf (Bilder): Mein Leben mit Zombies und Kürbisbomben. Ebenfalls für Grundschüler. Das war nach Greg’s gefühlt hundertbändigem Tagebuch so ziemlich der einzige Comicroman, der hier richtig gut ankam. Eher zum Selberlesen.

Aino Havukainen und Sami Toivonen; Tatu und Patu und ihre verrückten Maschinen. Aus dem Finnischen von Elina Kritzokat. Läuft bei uns als Seite-1-Buch, weil wir so gut wie nie über das erste Maschinenbeispiel hinausgekommen sind. Das ist die Guten-Morgen-Maschine, die einen weckt, wäscht, frisiert, füttert usw., auf dem Bild ist so viel zu entdecken, danach ist die halbe Stunde an der Bettkante schon um. Das Buch enthält viele Maschinen, ich kenne wirklich nur die ganz vorne. Sehr gut so, auch wenn es wie ein Nachteil klingt. Das passt schon. Ab etwa vier Jahren.

Pierre Bailly und Céline Fraipont: Kleiner Strubbel. Übersetzung von Volker Zimmermann. Es gibt eine ganze Strubbel-Reihe, das sind Comics ohne jeden Text. Einzusetzen als Erstcomics oder als Comics zum Entdecken und Nacherzählen, sie machen aber auch dem begleitenden Elternteil oder dem großen Bruder noch Spaß, denn ganz harmlos sind sie nicht. Auf der letzten Seite gibt es für völlig einfallslose Eltern die in Bildern erzählte Geschichte noch einmal als Text.

Brandon Robshaw: Der 999.823ste Wunsch, Deutsch von Britt Somann. Das Buch kam hier im Blog gerade vor, im Moment das Lieblingsbuch von Sohn II. Ein Junge hat eine Million Wünsche frei und muss herausfinden, ob das gut ist oder nicht.

Ferdinand Lutz: Q-R-T – Der neue Nachbar. Ein Comic zum Selbstlesen ab dem ersten Grundschuljahr, das Buch diente auch als Beispiel für den Reprodukt-Verlag überhaupt. Immer mal ins Programm da sehen! Sehr feine Bücher.

Walter Moers: Die 13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär. Die sinnige Heranführung an große Literatur, funktioniert ab etwa sieben Jahren, ist auch für die Vorleserin garantiert nicht langweilig. Bei uns nur echt mit einem sehr norddeutsch gesprochenen Käpt’n, ich habe viel Spaß.

Claudia Frieser: Leo und die Mumie. Ab etwa neun Jahren. Ein Kinderkrimi, der 1933 spielt, das mit den neun Jahren klappt also nur, wenn das Kind wenigstens minimale Geschichtskenntnisse hat. Größer müssen sie nicht sein, und dann ist das ein feiner Start in etwas komplexere Romanhandlungen und historische Themen.

Karin Lindeskov: Hamburg-ABC. Für die norddeutschen Kleinkinder. Enthält wichtige Vokabeln wie Zampelbüdel, Tüdelband und Peterwagen. In Hamburg eigentlich unentbehrlich.

 

Keri Smith: Mach dieses Buch fertig. Deutsch von Heike Bräutigam und Julia Stolz. Kein Vorlesebuch, überhaupt kein normales Buch. Eines, das man vollkritzeln muss, nass machen, anzünden (!), knicken, verkleben – “Erschaffen ist Zerstören”. Steht da drin. Schlimm! Und toll, versteht sich.

Isabel Kreitz: Der Laden. “Kinderbedarfsartikel” steht über dem Laden – und was es da alles gibt! Etwa die Brüllbonbons, nach deren Genuss man so laut reden kann, dass einen alle Erwachsenen hören. Etwa ab vier Jahren, wenn nicht sogar früher.

Sebastian Lybeck: Latte Igel, das ist eine ganze Reihe. Bilder von Daniel Napp. Lange Abenteuergeschichten in sehr kurzen Kapiteln, für diese Mischung ist man manchmal dankbar.

Thomas Müller: Apfelsaft holen. Für die ganz Kleinen, eine Geschichte über die Angst, die wir alle kennen, also über die Angst, alleine in den Keller zu gehen.

Craig Thompson: Weltraumkrümel. Deutsch von Matthias Wieland. Für kleine Comicleser, das Ding hat über 300 Seiten und ist schon einmal großartig dick, endlich ein Comic, der nicht gleich wieder aufhört. Sohn I war sehr begeistert.

Jean Marzollo und Walter Wick: Ich sehe was … Das ist auch eine Reihe. Bilderrätsel, die teils wirklich sehr, sehr schwer sind, ein willkommener Effekt, wenn man mit den Kindern gemeinsam sucht und sucht und sucht – und sie dann doch mal etwas vor einem finden. Und ja, wir haben auch schon weitergesucht, nachdem die Söhne eingeschlafen waren.

Julie Campbell: Trixie Belden auf der richtigen Spur. Eine Buchreihe aus der Kindheit der Herzdame, die kommt auch bei den Söhnen an. Denn – deswegen hatten wir das Buch auch mit – wichtig ist ja nicht, dass man nur die großartigsten Bücher überhaupt vorliest. Wichtig ist, dass man vorliest.

16 Kommentare

  1. @Markus Merz: Ich empfehle die Sumpfloch-Sage von Halo Summer! Von der Grundidee ähnlich wie Harry Potter, allerdings etwas weniger Kampfhandlung und noch realitätsferner. Sehr tolle Bücher.

  2. @Markus Merz: Mit 15 las ich Lucy Maud Montgomery immer gern wieder. Jane Austen (durch gute Verfilmung angefixt) las ich auch schon, ebenso Charlotte Bronte (erstmal nur Jane Eyre).
    Fantasy schadet in dem Alter auch nicht, zum Beispiel „His Dark Materials“ (Der goldene Kompass wohl auf Deutsch?). Der oben erwähnte Neil Gaiman hat meines Wissens ein anständiges Inventar an Frauenfiguren.

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