Gerechtigkeit für Keely Smith

Da wurde in den Kommentaren also gerade gefragt, wer denn da im vorletzten Video die stocksteif herumstehende Frau neben Louis Prima sei – das war Keely Smith, seine Ehefrau zur Zeit der Aufnahme, und es ist nur fair, ihr ein paar Zeilen zu widmen. Es war fester Bestandteil ihrer Auftritte, dass er auf der Bühne völlig ausflippte und mit der Musik und der Band wild eskalierte, während sie stets vollkommen beherrscht daneben stand und abfällig oder versteinert guckte. Manchmal verleitete er sie auch zu Tanzschritten, die ihr dann regelmäßig und geradezu hanseatisch misslangen, das war Programm und kam beim Publikum bestens an, wie auch ihre Neigung zu undamenhaften Gesten, sie kratzte sich etwa bei sentimentalen Nummern ungeniert an der Nase und dergleichen – und zwar auch dann, wenn sie selbst sang. Denn das konnte sie, wie man hier gleich sieht. Keely Smith, sie ist erst im letzten Jahr, fast genau zu dieser Zeit, gestorben.

Wenn Sie Streamingdienste wie Spotify nutzen, gucken Sie doch mal nach dem Album “The intimate Keely Smith”. Das ist gut für einen Sonntagabend mit Regen und Kälte, versprochen.

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Ein Artikel zur Psychologie und zur Geschichte des Trinkgelds. Der Text ist nicht oder kaum auf Trinkgelder in Blogs via Paypal zu übertragen, aber doch interessant. Bei dieser Gelegenheit aber auch zwischendurch einen herzlichen Dank für die Einwürfe in den Hut in den letzten drei Tagen, es sind mir nach wie vor die herzallerliebsten Euros, die da herangeflogen kommen.

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12 Bilder des Jahres.

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Ich war der Ansicht, ich würde bis zur 7. Klasse locker mit dem Gymnasialstoff mithalten können, andere Mütter und Väter nannten auch mutig höhere Zahlen, mir kamen da schon Zweifel wegen Chemie und Physik. Das mit der 7 war aber, wie sich herausstellt, nicht falsche Bescheidenheit von mir, das war schon Größenwahn. Denn wenn ich auch in Deutsch, Mathe und Englisch noch lustig winkend im Sattel sitze, gestern kam der Sohn mit Musik – und ich bin raus. Ich bin so etwas von raus, ich weiß überhaupt nichts, was nicht als Scherz oder heitere Übertreibung gemeint ist, sondern bitter wörtlich. Zwar kann ich sicher sein, in der Schule auch einmal Noten gelernt zu haben, aber das wurde im Hirn längst gelöscht und überschrieben, da ist keine Datenrettung mehr möglich. Ich erkenne keine Note, kein anderes Zeichen, ich weiß rein gar nichts über Musik, mein musikalisches Wissen erschöpft sich im Grunde mit: “Klingt ganz gut” und “Drück mal repeat”, es ist wirklich schlimm.

Aber wie auch in den anderen Fächern, es gibt für Musik eine App, man kann damit lernen und den Wissensstand online testen. Wir, also der Sohn und ich, haben uns gemeinsam durch einen Test geraten und ohne alle Kenntnisse eine glatte Drei geschrieben, das war dann auch die einzige Note im Spiel, die uns dabei bekannt vorkam. Geht doch! So haben wir eben etwas über Glücksspiel und Wahrscheinlichkeitsrechnung gelernt, das ist ja auch nicht unwichtig fürs weitere Leben.

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Den Keyserling habe ich wieder weggelegt, ähnlich wie bei Huxley ist das Frühwerk zwar interessant, man weiß aber eben auch, es wird noch besser. Und dann will man es auch besser. Nach meinen aktuellen Maßstäben kann das Buch jetzt weg, seine späteren Romane werden aber sicher weiter im Regal bleiben.

Ich habe mir jetzt Heinrich Heine gegriffen, sämtliche Reisebilder, beginnend mit der Harzreise. Drei Bemerknisse gleich auf den ersten Seiten: Ich muss das Buch schon mehrmals angefangen haben, so sehr kommt mir alles dort bekannt vor, aber ich bin nicht sicher, ob ich es auch einmal wirklich durchgelesen habe. Die Bedeutung von Heine für den Humor in deutscher Sprache kann gar nicht überschätzt werden, es lassen sich sofort Sätze finden, nach deren Muster heute noch Bespaßung per Text hergestellt wird, auch in diesem Blog, womit ich mich jetzt selbstverständlich nicht mit Heine vergleichen möchte. Drittens schreibt er im Jahr 1824 schon über den verfallenden Wert von Kleidungsstücken, die einfach nicht mehr geschätzt werden, so viele haben die Leute davon, so beliebig sind sie. Während früher (!) ein Überrock noch dreimal vererbt wurde und entsprechend mit den Geschichte der Generationen betankt war, wissen die Menschen heute, also 1824, so schreibt er, kaum noch, wieviel Knöpfe sie an der Weste haben, so wenig beachten sie, was sie haben und anhaben. Guck an. So weit reicht das also zurück.

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Musik!

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Und damit gute Nacht. Wie wir hier mit Storm  früher an der Bettkante der Söhne gesungen haben:

Över de stillen Straten

Geit klar de Klockenslag;

God Nacht! Din Hart will slapen,

Un morgen is ok en Dag.

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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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2 Kommentare

  1. Danke für Keely Smith! Ich ahnte, dass da was dahinter ist, dass die Frau sich so demonstrativ unberührt zeigt von Musik, die doch eher Spaß macht.

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