Trinkgeld Oktober, Ergebnisbericht

Es gab Geld zur ausdrücklichen Verwendung zu zweit, die Herzdame und ich gingen ins Kino. Das haben wir seit dem Kartoffelkrieg nicht mehr gemacht, so treiben einen diese Betreffzeilen in ungewohnte Erfahrungen, das war also sehr gut. Es gab “Gut gegen Nordwind”, das kann man unter “ganz nett” ablegen. Etwas irritierend war der Beginn des Ganzen, denn es standen in der Schlange an der Kasse und im Foyer des Kinos enorm viele fortgeschritten alte Menschen herum, noch viel älter als ich, seniorenheimalt also, steinalt. Da es eine Nachmittagsvorstellung war, wussten wir erst nicht, ob das mittlerweile so üblich ist, gehen Rentnerinnen am Nachmittag in Scharen ins Kino? Nach einer Weile kamen wir erst darauf, dass der andere Film, der, in den wir nicht gingen, diese Generation in Scharen anzog: “Die Deutschstunde”. In diesem Kinosaal wären wir mit Abstand die jüngsten Besucher gewesen.

Vor dem Kino aß ich in einem Caé ein hervorragendes Stück Caramel Cheesecake, das wäre des Nachbackens wert gewesen, aber wir haben kein recht passendes Rezept gefunden und die Herzdame müsste auch erst wieder ein Kleid kaufen, um formvollendet backen zu können. Wir kamen dann davon ab, Aufwand, wohin man sieht.

Die Söhne und ich erwarben außerdem einige Kalligraphiestifte sowie vier Miniaturleinwände für Acrylmalerei, die werden hier aber für Schriftkunstwerke gebraucht.

Bei einem Bummel durch die Stadt, den ich mit den Söhnen einzig zu dem Zweck unternahm, hinter ihnen mit dem Notizbuch in der Hand herzudackeln und weihnachtsbezogen Wünsche mitzuschreiben, die sich bei ihnen in Geschäften noch ganz zwanglos ergeben, bekamen sie Hunger und Durst. Da ich mich mittlerweile weigere, überall Proviant mitzuführen und es aber auch nicht einsehe, irgendwo Irrsinnspreise zu bezahlen, wenn ich in zehn Minuten am eigenen Kühlschrank sein kann, verfielen die Söhne auf die Idee, hoffnungsvoll nach restlichem Leserinnengeld zu fragen. Es gab da tatsächlich noch etwas für sie und so wurde das kindgerecht in enorm ungesunde Wegzehrung umgesetzt, mit koffeinhaltigen Limonaden und allem. Das erzeugte große Dankbarkeit und ich wurde von ihnen fürs Bloggen gelobt, das war auch einmal schön. Dezent schoben sie mich, als wir wieder zuhause waren, gleich an den Schreibtisch.

Das Buch des Monats war “Zeit als Lebenskunst” von Olaf Georg Klein, von wo aus ich eine unerwartete Denkbrücke zu Brigitte Reimann geschlagen fand. Der Herr Klein formuliert da nämlich wie folgt: “Bei der deutschen Wiedervereinigung war der unterschiedliche Umgang mit der Zeit in West und Ost eines der am massivsten auftretenden Konfliktfelder.” Etwas unglücklich formuliert vielleicht, diese massiv auftretenden Felder, aber inhaltlich kann man ja mal drüber nachdenken. Frau Reimann, so nehme ich an, wäre nie auf diesen Gedanken verfallen.

Ich war außerdem im Theater, Weißer Raum im Ernst-Deutsch-Theater. Im Publikum war sicherlich niemand, dem das Stück eine irgendwie neue Drehung beigebogen hätte, man wusste das, man ahnte das, man fürchtete das alles ohnehin. Was es aber bringt, sich in seinen schlimmsten Erwartungen ausführlich bestätigt zu sehen, ich weiß es auch nicht. Zehnte Klassen müssten das Stück sehen, deutschlandweit vermutlich.

Aber! Grandios waren die beiden Gebärdendolmetscher, das Stück wurde live übersetzt und ich sah mit großer Faszination, wie da etwa jemand ein längeres Percussionstück in Gebärden übersetzte, das war beeindruckend und auch schön. Und schön auch, dass beim Schlussapplaus die Schauspielerinnen und Schauspieler wie gewohnt gesamt und einzeln beklatscht wurden, die beiden Dolmetscher aber vom ganzen Saal mit der Applausgeste bedacht wurden, das habe ich noch nie vorher gesehen.

Auf jeden Fall war es ein interessanter Einstieg in die Theatersaison, nächste Woche geht es gleich damit weiter.

Wie immer, ganz herzlichen Dank für jeden eingeworfenen Euro und jeden Cent! In der dunkleren Jahreszeit wird die Verwendung wieder etwas kulturlastiger. Wobei ich immer noch etwas Geld für “Unsinn” über habe, das ist auch noch zu bedenken. Was ist Unsinn im Herbst? Das restliche Gartengeld wartet bis zum März auf seinen Einsatz und zum gentrifizierten Eis bin ich immer noch nicht gekommen, vielleicht kombiniere ich das einfach mit dem Unsinn und esse Mengen davon im November?

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Und außerdem bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank!

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