Die gute Größe

Die Söhne haben zu Weihnachten auch eine Klimmzugstange bekommen, so ein Ding, das man einfach in einen Türrahmen klemmen kann, und da hängt es dann und fordert einen durch die reine Existenz bei jedem Vorbeigehen so passiv-aggressiv heraus.

Exkurs – habe ich eigentlich erzählt, wie mir neulich einmal auffiel, dass die Söhne nur noch “passiv-aggressiv” und nicht mehr einfach “agressiv” sagten? Und wie ich das natürlich neugierig hinterfragt habe und dabei erfuhr, dass sie dachten, das sei einfach eine besonders coole Steigerungsform des Begriffs? Und wie ich es ihnen dann selbstverständlich ganz genau erklärt habe, weil Bildungsauftrag? Wie sie danach dann auf einmal vom Thema genug hatten und fragten, was ich denn eigentlich kochen wolle und ich ohne groß nachzudenken sagte, wieso, ihr esst es doch sowieso nicht, und wie die Söhne sich dann so anstießen und leise zueinander sagten, also das sei doch jetzt echt … Egal. Eigentore kommen vor. Exkursende.

Ich musste dann jedenfalls eine ganze Weile warten, bis endlich die gesamte Bande einmal außer Haus war, ich hänge mich da ja nicht experimentell vor Zeugen dran, man hat doch seine Restwürde und will sie noch ein wenig bewahren. Oder man meint zumindest, eine solche noch zu haben. Sohn I kam, ich habe das im Vorwege genau und aus der Deckung beobachtet, auf zwölf Klimmzüge, Sohn II auf einundzwanzig und ein Besuchskind, bei dem wir alle künftig nicht mehr zusehen wollen, kam auf eine quasi unendliche Anzahl von Klimmzügen. Der ist aber auch Supersportler und darf als Vergleich daher gar nicht herangezogen werden, habe ich beschlossen.

Da stand ich dann also alleine vor dieser Stange. Es wäre mir wirklich unangenehm gewesen, gar keinen Klimmzug zu schaffen, das wäre dem betont kletterbaumaffinen inneren Zehnjährigen doch sehr gegen den Strich gegangen, der hatte nämlich eine Turnerfigur wie Sohn II, vielleicht noch etwas dünner. Irgendwas im Sinne von “mehrere” schien mir andererseits einigermaßen unwahrscheinlich, also so etwas wie fünf, sechs oder acht – wo sollte denn die Kraft dafür herkommen? Das gibt der Schreibtisch als Trainingsgerät einfach nicht her, glaube ich.

Es waren dann drei. Also drei echte, nicht so hochgewürgte auf der letzten Rille, so dahergezappelte Restposten, nein, drei ganz korrekte Klimmzüge. Und ich finde, drei ist eine gute Größe bei so etwas. Drei, das klingt so, als könnte ich im Laufe der Wochen fast zwanglos so etwas wie, na, sagen wir zehn daraus machen. Es ist aber auch nicht besonders angeberisch, so eine Drei, denn recht klein ist sie am Ende doch. Andererseits kenne ich viele, viele Menschen, die nicht einmal einen einzigen schaffen würden. Insofern – doch, ich bin geradezu hochzufrieden mit einer Drei. Ungefähr so zufrieden, wie ich als Gymnasiast mit einer Drei in Mathe gewesen wäre, und das will wirklich etwas heißen.

Das Jahr beginnt sozusagen voll befriedigend, wenn auch bisher nur in dieser Hinsicht. Aber ein Anfang ist doch gemacht.

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Musik! Jamie Cullum. Die Interpretation ist eher eine Zwei, wenn nicht besser.

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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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