Die Hunde meines Geistes

Merkwürdigkeiten

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Gehen als Ausdruck von Zeitreichtum. Genau mein Ding.

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Ich könnte jetzt erwähnen, dass ich gerade den gewohnten jährlichen Tiefpunkt haben, Energie und Stimmung ganz weit unten, drittes UG hintendurch oder so, und ich könnte ob dieses Zustandes auch noch ein wenig herumnölen, das machen andere immerhin auch und gerne. Dann würden Sie aber kraft Ihrer umfassenden küchenpsychologischen Bildung sicher einen Zeigefinger oder gar einen Zaunpfahl erheben und besserwissend etwas murmeln oder gar kommentieren, etwas von “self-fulfilling prophecies” würden Sie nämlich murmeln oder schreiben, mit Anglizismus natürlich, und wissen Sie, was ich Ihnen dann spontan antworten würde? “Na und!” Das würde ich Ihnen antworten, wörtlich und aus tiefster Überzeugung würde ich das antworten, denn es ist ja so – irgendwo muss der Energietiefpunkt des Jahres nun einmal hin, es gibt kein gleichmäßiges Hoch, nicht beim Wetter, nicht an der Börse und schon gar nicht in mir, nicht beim Dax und nicht beim Max, haha, und wo würde dieser regelmäßig zu erwartende Tiefpunkt denn bitte besser hinpassen als in den in jeder Beziehung ohnehin grottenelenden Februar, der da schon seit Tagen vor der Tür herumlungert? Bitte sehr, haben wir das geklärt. Ich lege mich wieder hin, stöhne etwas herum und strecke mich gemächlich und energiesparend, das gehört so, es ist alles gut und eigentlich ganz in der Ordnung.

Wobei, ich erinnere noch kurz und aus Gründen an die kürzlich gelesenen und sehr empfehlenswerten Tagebücher von Sandor Márai, es gibt darin eine Stelle, da sinniert er absatzlang über die Sprache der Zulu, wie auch immer er darauf kam, das habe ich schon wieder vergessen. Depressive Stimmungen, so schreibt er dort, nennt man in dieser Sprache: “Die Hunde meines Geistes hetzen umher”, ist das nicht schön? Die Dämmerung nennt man “die Zeit, in der man die Hörner der Kühe kaum noch erkennen kann”, und wenn man das kombiniert, hier mal kurz mitdenken bitte, in dieser Zeit des allgemeinen grauen Dauerdämmerns: “In der Zeit, in der man die Hörner der Kühe kaum noch erkennen kann, hetzen die Hunde meines Geistes umher.” Wenn man das so denkt und eventuell auch mal leise mitspricht, dann ist man zwar immer noch verstimmt und seltsam todmüde, aber irgendwie doch viel schöner als vorher. Literatur hilft, ich sage es ja.

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Musik! Heute den Blues.

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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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2 Kommentare

  1. Meinen verehrtesten Dank! Mit Verneigung!

    Im erwähntem, neu zusammen gefügten Zitat liegt für mich persönlich ja die wahre Ruhe des Januars, Februars, meinetwegen auch des frühen März. Aber dann kommen die Tage an denen die Hörner der Kühe wieder erkennbarer sind, und der Tiefpunkt des Jahres findet – zumindest bei mir – genau dann seinen zu erwartenden Platz. Denn dann hetzen die Hunde meines Geistes im Licht der länger werdenden, überall so sehnsuchtsvoll erwarteten Tage umher und ich fühle mich seltsam falsch in der Welt.

  2. „Energie und Stimmung ganz weit unten, drittes UG hintendurch oder so“ ….“Nicht beim Dax und nix beim Max“ …hihi, großartig! Der Humor zumindest ist trotz allem nicht verloren gegangen.

    Der Frühling kommt wieder, ganz bestimmt!

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