Währenddessen in den Blogs, Ausgabe 26.6.2022

Früher hat man vorgeschlafen, heute wird vorgelebt. Ich dagegen mühe mich noch mit Corona ab, ich schwächele herum, wobei ich aber irgendwelche allfälligen Symptome gar nicht recht von den Folgen des Wetters unterscheiden kann. Diese elende Großstadthitze, bei der geht es mir ohnehin nicht gut, das ist nicht mein Wetter. Dabei fühle ich mich ohnehin elend und krankenhausreif, in jedem Sommer. Herumsitzen und herumfühlen, was haben wir denn da so, im Körper? Keine Ahnung, denke ich, aber fit geht vermutlich anders. Wie ging fit denn noch einmal? Fit war damals, vor Corona irgendwann, fit ist mittlerweile eh lange her. Ich habe jedenfalls keine Lust, irgendwelche Bäume auszureißen, ich habe ja nicht einmal Lust, die längst geschossenen Radieschen auszureißen.

Ich darf wieder raus. Der Test ist negativ, der Sicherheitskontrolltest auch. Ich gehe zum Einkaufen, die übliche Runde, mir fehlt auf halbem Wege eine Bank. So eine Rentnerbank, um mich dort etwas auszuruhen, gerne mit ein paar Enten davor und attraktivem Teichblick. Aber nichts ist, es gibt keine Bank. Ich gehe also weiter, ich kaufe ein. Ich kaufe irgendwas, es ist egal, ich schmecke eh nach wie vor nichts. Mozzarella ist auf diese Art am lustigsten, ein eher surreales Gefühl im Mund. Aber das nur am Rande (hier noch mehr zum Phänomen) Ich gehe zurück, ich lege mich hin und schlafe zwei Stunden wie ein Stein. Es stimmt schon, es ist besser, alles langsam anzugehen. Es wird etwas dran sein.

Ansonsten: Vier Personen im Haushalt, vier vollkommen verschiedene Krankheitsverläufe. So verschieden, als seien es vier Krankheiten. Bei der Herzdame zwischendurch auch diese Blödigkeit, von der viele berichten. Sie steht eine Stunde unter der Dusche, weil sie vergessen hat, wie das geht, das mit dem Duschen.

Ein Sohn schläft freiwillig tagsüber. Doch so schlimm, denke ich, doch so schlimm. In der Klasse des einen Sohnes hat Corona die Beschulung erledigt, da geht nichts mehr, in der Klasse des anderen Sohnes ist er der einzige Fall. Noch.

Ich sehe Lady Chatterley auf arte, die Neuverfilmung. Schöne Interieurs, anziehende Landschaftsbilder, zwischendurch nervt der Sex. Ist es das Alter, ist es Corona, ich denke immer, Moment, zeig nochmal die Vase da, wie sieht die Tapete aus und was ist das für ein Sessel, nein, jetzt zieht sie sich schon wieder aus, meine Güte. Ein hübscher Film, also von der Gegend und der Kulisse her.

Ich lese Fabian von Kästner. Das geht natürlich nicht als Stimmungsaufheller durch, aber das wusste ich vorher und es passt gerade gut, denn auch die jetzigen Zwanziger Jahre scheinen kein gutes Ende zu finden, wenn man es einmal komplett durchdenkt. Ich sehe die Nachrichten, ich finde alles niederschmetternd, ekelhaft, dystopisch. Optimismus ist für Trottel, die Weltlage ist fubar. Ist das ein Symptom, ist das mein Symptom, sind die Symptome da draußen?

Meiner Stimmung schadet das übrigens nicht so sehr, wie es vielleicht klingt, ich komme zurecht, es wird anderen viel schlechter gehen. Mich stört nur, dass ich auf so wenige Handlungen komme, die aus all dem korrekt abzuleiten sind. Aber wie es aussieht – es geht Ihnen und Euch genauso. Man wählt eine vermeintlich richtige Partei, man schränkt sich hier und da schon einmal etwas ein, man macht dies und das nicht, man nimmt doch einmal das Fahrrad, man vertritt hier und da seine Meinung, ansonsten wartet man ab, macht man weiter, macht man mit. Ich weiß auch keine Antworten. Ich wäre gerne weniger an all dem Unfug beteiligt, der geschieht, da ist der Kästner schon wieder – aber ich weiß nicht recht, wie das geht.

Am Meisenball hängt währenddessen ein turnender Buntspecht, das immerhin. Am Himmel sehe ich Schwalben und Mauersegler, jetzt kreisen dort tatsächlich beide Arten, das auch. Und die Stachelbeeren sind in aller Üppigkeit reif, die Erbsen, die Sauerkirschen ebenfalls. Ich schmecke sie nur nicht. Irgendwas ist bei allem in dieser Zeit, ein bitterer Beigeschmack oder gar kein Geschmack, was auch immer.

Noch zwei Wochen bis zu den Ferien, zum Urlaub. Auch darauf warten.

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Die USA und der deutsche Mann. Die Schlussfolgerung teile ich.

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3 Kommentare

  1. Schon mal D.H.Lawrence gelesen ?
    für mich war -vor über vierzig jahren- das ein einstieg in die bücher von D.H.L.
    damals fand ich, rückwirkend betrachtet (gelesen) er war ein sehr kritischer betrachter seiner zeit.
    für mich sind das, auf GB bezogen, die härtesten sozialkritischen Bücher., nach Charles Dickens.
    ok., ich bin (da) nicht sehr belesen . . .
    aber D.H.Lawrence lohnt sich eigentlich alles zu lesen was es gibt.

    der ( von ihnen betrachtete) film war sehr abwegig vom buch). soweit meine erinnerung.

    gute besserung.

  2. Hoffentlich zieht die Familie bald nach in Richtung Genesung und bitte auch vollständiger Wiederherstellung!

    Das Lesen des Buches von Lawrence liegt auch bei mir Jahrzehnte zurück, ich erinnere mich, dass es damals von der Kritik ein wenig skandalisiert wurde wegen Hierarchiebruch und Sex. Das machte zwar neugierig, aber konnte unsere im Aufbruch befindliche Gesellschaft nun wirklich nicht mehr sonderlich erschüttern.
    Die Neuverfilmung auf Arte hat mir jedenfalls sehr gefallen, besonders auch wegen der beiden wunderbaren Darsteller.

    Dem Gedankengang von jawl über die USA und den deutschen Mann kann ich mich nur anschließen.

    Ich finde es sowohl hier als auch in manchen anderen Blogs sehr bereichernd, den empfohlenen Links folgen zu können. Viele der interessanten Texte wären mir sonst entgangen. Deshalb möchte ich hier einmal ein Dankeschön loswerden.

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