Mit dem gegenwärtigen Moment war er immer gut fertig geworden

Ich habe noch keinen Urlaub, die Söhne haben noch keine Ferien, aber ich lese schon einmal davon und ich erhöhe auch schon einmal den Bücherstapel. Christine Avel: Nur hier sind wir einzigartig, Deutsch von Christine Amann. Da haben Sie etwas zur Einstimmung, das kann ich empfehlen. Leicht, dünn, sommerlich, assoziativ einladend und freizeitorientiert. Sommerkindheitserinnerungen haben alle, da kann man anlegen.

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Oder hier, der Meeresroman von Petri Tamminen, Deutsch von Stefan Moster, nur zufällig aus dem selben Verlag wie das erste Buch. „Seekapitän Vilhelm Huurna schämte sich für gestern und fürchtete sich vor morgen, aber mit dem gegenwärtigen Moment war er immer gut fertig geworden.“ Wer kennt es nicht.

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Der Herr Giardino empfahl neulich auf Twitter eine App zum Erkennen von Vogelstimmen, auch die kann ich empfehlen: Merlin – all about birds. Zilpzalp und Grünfink und Hausrotschwanz kann ich hier nicht sehen, hartnäckig nicht, aber immerhin zuverlässig hören.

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Ich schmecke und rieche nach der Corona-Infektion weiterhin nichts, kann jetzt aber Lebensmittel ganz neu klassifizieren, nämlich ausschließlich nach Gefühl. Die Lustigkeit von Mozzarella erwähnte ich bereits, Schokolade ist ohne Aromen überaus merkwürdig und Erdbeeren sind definitiv gruselig, wirklich schrecklich, das möchte man nicht im Mund haben. Spaghetti Bolognese bleibt seltsam dumpf befriedigend, Geschmack hin oder her und Kaffee schmeckt ganz schwach bitter, das immerhin. Kaffee ist jetzt also dreifach interessant. Macht wach, ist heiß und schmeckt nach irgendwas, gleich drei Wünsche auf einmal.

Ich koche etwas für die hungrige Familie, ich reiße mich erheblich zusammen. Das Kochen nervt allerdings sehr, wenn man nichts davon hat und dabei nichts riecht, nicht einmal das ansonsten zuverlässig beglückende Anbraten der Zwiebel.

Der erste Home-Office-Arbeitstag nach der Woche mit der Krankschreibung. Nach sechs Stunden könnte ich vom Stuhl rutschen, mich auf dem Teppich einrollen und dort den Rest des Tages einfach verdämmern, ich finde die Vorstellung ausgesprochen attraktiv. Ich müsste an einem Text arbeiten, ich kann nicht. Ich denke über den Text nach, ich schlafe ein.

Aus der Schule erreichen mich Mails mit organisatorischen Anmerkungen zu den letzten Schultagen und Hinweisen auf das nächste Schuljahr. Es sind zu viele Mails für meinen Zustand, nach der dritten weiß ich schon nicht mehr, was in der ersten stand, ich schlafe schon wieder ein. Ich wache auf und weiß weder den Wochentag noch die Tageszeit, dann fällt mir alles wieder ein und verstimmt mich nachhaltig.

In den Foodblogs jetzt überall die Kirschen- und Beerenrezepte, das Jahr schreitet voran, wir sind schon kurz vor Pflaume. Ich kann mich an den Geschmack von Kirschen erinnern, aber wenn ich zu lange darüber nachdenke, ist die Erinnerung auf einmal nicht mehr greifbar. Besser nicht nachdenken, das gilt ja öfter. Davon abgesehen finde ich das Wort Kirschenplotzer sensationell abstoßend. Das ist etwas, das würde ich nicht machen, nur weil es so schlimm heißt.

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5 Kommentare

  1. Kirschenplotzer muss ich erst einmal googeln – Euch beiden (oder gar schon allen vieren?) weiterhin zügige Genesung und auf, dass der Geschmackssinn bald wiederkommt! Es ist wirklich ärgerlich, dass der in der besten Obst- und Gemüsesaison weg ist. Falls/wenn es mich irgendwann erwischt, hoffe ich, dass es in der Zimt-, Bratwurst- und Glühweinsaison passiert, die ich olfaktorisch und geschmackllich nicht nur auf dem Weihnachtsmarkt äußerst anstrengend finde.

  2. Das mit der Haptik im Mund ist mir auch aufgefallen, als ich nichts geschmeckt bzw. gerochen habe. Ich fand das aber ganz hilfreich. So ein Magnum-Eis zum Beispiel: außen knackig, innen soft. Allein das Gefühl hat mich an den Geschmack erinnert. Und große Müdigkeit auch hier. 1 Stunde mit dem Hund spazieren -> 1/2 Stunde schlafen, um diese Anstrengung zu verarbeiten …

  3. Es hört sich stark danach an, als sollten Sie noch nicht wieder arbeiten. Aber das beobachte ich rund um mich herum, es ist als wäre es allen peinlich Corona zu haben, man fühlt sich schuldig und arbeitet wieder zu früh. Aus dem Home-Office ist das ja so gut möglich, da fällt immerhin der anstrengende Weg zur Arbeit weg. Aber richtig und der Gesundung zuträglich sein kann das nicht…

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