Froh und munter muss man sein

Vorweg und außer der Reihe ein besonderer und herzlicher Dank an diejenigen, die in vermutlich dezembriger Motivation so etwas wie Jahrestrinkgelder an Bloggerinnen, Autorinnen und andere Klein- und Scheinkunsttreibende wie mich vergeben, das hat mich in dieser Woche doch enorm gefreut.

Wo sind wir, wir sind schon beim Mittwoch, was war? Ich war beim Elternrat in der Schule der Söhne. Ich weiß, dass man in den sozialen Medien routinemäßig nur Hohn und Spott für so etwas übrighat, ich habe das nie recht verstanden. Man kann in Schulen gar nicht so wenig mitbestimmen, es können sinnvolle Veranstaltungen sein, und irgendwo fängt Demokratie eben an – unter anderem dort. Ich bin Schulthemen keineswegs begeistert zugewandt, mir steht das alles bis sonst wo und ich bin gottfroh, wenn wir damit endlich, endlich durch sind, aber richtig ist die Teilnahme doch.

Die anstehende Operation meiner Mutter wurde gestern verschoben, sie schaffen es im Krankenhaus gerade nicht. Vielleicht klappt es morgen, vielleicht auch nicht, sie hangeln sich so durch. Die Schule der Söhne ist weiterhin rekordmäßig entvölkert, und ein Medikament eines Sohnes ist in der Apotheke gerade nicht lieferbar. Ich bekomme am Rande auf Mastodon und Twitter mit, dass andere Eltern gerade das Gleiche erfahren, auch in ganz anderen Gegenden Deutschlands, es gibt schon Fragen über Bundeslandgrenzen hinweg, quer durch die Republik, habt ihr das, bekommt ihr das, gibt es Geheimtipps. Man muss also weiter froh sein, wenn es alles nicht zu wild ist, die diversen Gebrechen, Bedarfe und Operationsanlässe. Froh und munter man sein, saisonal passend sozusagen, und sich recht von Herzen freuen, oder wie das dort heißt. Schon lange habe ich keine deutschen Weihnachtslieder mehr gehört, fällt mir gerade auf.

Ich gehe herum und fülle Kühlschränke, unseren und den meiner Mutter, ich habe wieder reichlich Hörbuchzeit auf den Wegen von Station zu Station. Im Edeka sind die billigeren Weihnachtssüßwaren unterhalb der Edelmarken restlos ausverkauft, sehe ich, und es wird nichts mehr nachgelegt. Phase durch, aus, vorbei. Wo gestern noch Spekulatius und Herzensternebrezeln in hohen Stapeln standen, ist heute schon ein Papp-Aufsteller mit Knallbonbons und Silvesterzubehör zu finden. Zwei Verkäuferinnen laufen ohne jeden Sinn für korrektes Timing schon jetzt mit Partyhütchen durch die Regale und verräumen Bleigießzeug und Luftschlangen. So zerfällt jede Ordnung, die wir so lange gewohnt waren. Ich bin heute sehr wertkonservativ drauf, und warum auch nicht, das steht mit altersmäßig längst zu.

Im Felix Krull bin ich bei der Szene, in der er sich zum ersten Mal mit einer Dame in dem Hotel einlässt, in dem er zu Beginn seiner Karriere als Liftboy arbeitet. Oder sie lässt sich eher mit ihm ein, wenn man es genau nimmt. Sie lockt ihn ins Zimmer, sie bittet ihn, ihr den Mantel abzunehmen, wobei sich beide dann deutlich näherkommen, weit über das höfliche Maß hinaus, und sie bemerkt schließlich lasziv: „Du entkleidest mich, kühner Knecht!“ Vielleicht die amüsanteste Stelle im Buch, das kann sein. Kühner Knecht ist schon sehr, sehr schön, wobei man aber nicht mehr ganz nachfühlen kann, ob wir das heute noch auf der gleichen Ebene witzig finden, wie es Thomas Mann beim Schreiben vielleicht fand, der immerhin zu einer Zeit lebte, in der das Wort Knecht vollkommen gebräuchlich und vermutlich mit einem etwas anderen Bildinhalt verbunden war.

Wie auch immer, kühner Knecht – wer möchte nicht von attraktiven Damen so genannt werden. Ich würde vermutlich vor Lachen sterben, aber schön wäre es doch. Na, die Herzdame liest hier ja gelegentlich mit, wenn auch meist mit erheblichem Rückstand. Vielleicht ist sie im März hier angekommen, vielleicht erst im Frühjahr, es hat alles Zeit.

Welche deutschen Weihnachtslieder mochte ich denn überhaupt? Da mal drüber nachdenken.

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