Alles mit so Tanne und Schnee und Stern

In den Foodblogs sehe ich Rezepte für vegane Berliner und Karpfen blau, es geht auf Silvester zu. In den Läden wird Weihnachten verramscht, zumindest der Teil, der aus Zucker war. 50% auf alles mit der entsprechenden Optik, einer Kassiererin wird gerade eingeschärft, dass es allerdings auch andere Süßigkeiten gibt, ganz gewöhnliche Süßigkeiten, auch aus Marzipan, und die sind eben nicht billiger geworden. Nur das andere! Da mal aufpassen! „Alles mit so Tanne und Schnee und Stern und Weihnachtsmann drauf, nur das ist billiger. Das ganze Zeug.“ Viel ist davon allerdings nicht mehr da, sehe ich.

Bei meinem Großeinkauf stehen mir noch deutlich mehr Menschen als sonst sinnlos im Weg herum, das sind wieder die Amateure, die Supermärkte sonst nicht betreten und jetzt beim Urlaubseinkauf ratlos feststellen, dass es mehrere Sorten Milch gibt und dann grübelnd vor der Vielfalt verharren, in der Psychologie spricht man von einer Freeze-Reaktion. Schlimm.

Vor dem Fachgeschäft für Deko- und Geschenkartikel steht der Chef selbst auf einer Leiter und malt mit einem Pinsel große Prozentzeichen in roter Farbe auf die Schaufenster, hinter denen noch der prächtige Weihnachtsbaum leuchtet. Nicht mehr lange. Der Chef malt den Querstrich des Prozentzeichens für die Rabattaktion mustergültig exakt, vermutlich hat er langjährige Übung. Und weil er einen Pinsel nimmt und nichts aus Plastik klebt, hat die Szene etwas anrührend Ali-Mitgutsch-haftes, es ist ein altmodisch anmutendes Detail dieser Straße, das von Kindern und Eltern zu entdecken ist.

Es kommt letzte Weihnachtspost, freundliche Karten, es kommen auch einige administrative Zumutungen, und es kommt die Nebenkostenerhöhung, mit wenig Abstand nach der Mieterhöhung neulich. „Das ist ja …“, sage ich, und „Oh!“, sagt die Herzdame, denn wir sind beide eloquent und von schneller Auffassungsgabe. Ich höre auf meinen Einkaufswegen gerade Märchen von Andersen, dort würde es wohl heißen: So zahlten sie denn fortan jeden Monat einen ganzen Scheffel Taler mehr.

Man hat es gewusst und auch kommen sehen, natürlich, aber dennoch. Die Zahlen etwas länger ansehen, auf Jahreswerte multiplizieren, staunen. Aber es ist nun so, wie es ist, und es geht einem ja noch gold, wenn man es bezahlen kann. Und am Ende wird wieder jemand fragen, warum man denn für dies und das nicht gespart habe? Hm?

Manchmal bin ich als Hellseher gar nicht so schlecht, denke ich.

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Sie können hier Geld in den allerdings nur virtuell vorhandenen Hut werfen, herzlichen Dank! Sollten Sie den konventionellen Weg bevorzugen und lieber klassisch etwas überweisen wollen, das geht auch, die Daten dazu finden Sie hier. Wer mehr für Dinge ist, es gibt auch einen Wunschzettel. Merci!

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